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Lothar Matthäus über den FC Bayern, Corentin Tolisso und Florian Wirtz

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Lothar Matthäus über den FC Bayern, Corentin Tolisso und Florian Wirtz

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Matthäus: „Bayern fehlt Abwehrchef“

Im SPORT1-Interview spricht Lothar Matthäus über den Bayern-Blackout in Bochum, die Abwehrprobleme des Rekordmeisters, die Zukunft von Corentin Tolisso und Leverkusens Super-Talent Florian Wirtz.
Lothar Matthäus hat Bayern-Verteidiger Dayot Upamecano nach dem 2:4 des Rekordmeisters beim VfL Bochum scharf kritisiert.
Kerry Hau
Im SPORT1-Interview spricht Lothar Matthäus über den Bayern-Blackout in Bochum, die Abwehrprobleme des Rekordmeisters, die Zukunft von Corentin Tolisso und Leverkusens Super-Talent Florian Wirtz.

Klartext von Lothar Matthäus!

Am Rande einer Medienveranstaltung von Wettanbieter Interwetten im Münchner Nobelhotel Bayerischer Hof traf SPORT1 den Weltfußballer von 1991 am Montag zum Exklusiv-Interview.

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Der 60-Jährige übte nach der überraschenden 2:4-Pleite des FC Bayern in Bochum deutliche Kritik an der Defensive der Münchner, sprach von einer 45-minütigen „Scheiß-Performance“ und nahm zwei Verteidiger in der Pflicht. Weitere Gesprächsthemen: den Abschied von Niklas Süle, die weiter ungeklärte Zukunft von Corentin Tolisso und Leverkusens Super-Talent Florian Wirtz.

SPORT1: Herr Matthäus, Ihre Bayern sind am Samstag in Bochum mächtig unter die Räder geraten. Nur ein Ausrutscher?

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Lothar Matthäus: Mittlerweile war es ja schon der vierte Ausrutscher in dieser Bundesliga-Saison – und wieder gegen eine Mannschaft aus der unteren Tabellenhälfte. Man hat gegen Frankfurt, Augsburg, Gladbach und jetzt auch Bochum verloren, also nicht gegen die ganz große Qualität der Bundesliga. Diese Niederlagen wären definitiv vermeidbar gewesen. Ich erwarte jetzt eine klare Antwort in der Champions League gegen Salzburg. (Nagelsmann schimpft nach historischer Klatsche)

SPORT1: Warum lassen die Bayern in solchen Spielen immer wieder Federn?

Matthäus: Es ist eine Konzentrations- und Einstellungssache. Vielleicht wäre die Mannschaft fokussierter gewesen, wenn es ein richtiges Meisterschaftsrennen gäbe oder kein Champions-League-Spiel anstehen würde. Das soll aber alles keine Ausrede sein. Es war eine Scheiß-Performance in den ersten 45 Minuten des FC Bayern, speziell von der Defensive. (Kimmich stellt die Mentalitätsfrage)

„Wenn die Leipziger das besser zu Ende gespielt hätten...“

SPORT1: Joshua Kimmich hat nach dem Spiel die Mentalitätsfrage gestellt. Auch Sie sprechen von einem Einstellungsproblem. Aber ist es wirklich nur das? Fehlt es nach den Abgängen von Führungsspielern wie David Alaba nicht auch schlichtweg an Qualität im Defensivverbund?

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Matthäus: Es fehlt ein Abwehrchef, dem stimme ich zu. Niklas Süle hat jetzt natürlich auch mit seinem Wechsel zum BVB die Schlagzeilen bestimmt. Ich glaube, dass vor allem Alphonso Davies der Mannschaft fehlt. Er ist ein sehr wichtiger Spieler, weil er auch nach vorne viel macht. Julian Nagelsmann hat deshalb ja auch zuletzt sein System umgestellt und erst gegen Bochum wieder von der Dreier- zur Viererkette gewechselt.

SPORT1: Die Dreierkette hat gegen Hertha und Leipzig allerdings gut funktioniert…

Matthäus: Ja, aber auch in diesen Spielen hat die Mannschaft schon viel zugelassen. Vor allem gegen Leipzig. Wenn die Leipziger das besser zu Ende gespielt hätten, hätten sie auch vier oder fünf Tore erzielen können. Julian Nagelsmann wird die nächsten Trainingseinheiten sicher nutzen, um mit seiner Mannschaft an ihrem Defensivverhalten zu arbeiten. Klar ist aber auch, dass einige Spieler jetzt einfach ihre Form finden müssen.

SPORT1: Wen meinen Sie da konkret?

Matthäus: Upamecano leistet sich viele Fehler – auch in Berlin mit seinem Rückpass kurz nach seiner Einwechslung auf Neuer, der zum Gegentor geführt hat. Er macht keinen sicheren Eindruck. Auch Hernández, ein harter Zweikämpfer, der aber wenig im Spielaufbau zeigt und auch hinten im Laufduell häufig mal einen Schritt zu langsam ist. Klar, das kann passieren und ist auch mal einem Alaba oder Boateng passiert. Aber Alaba und Boateng kennen den FC Bayern, sie haben diese Erfolge mit dem Verein gefeiert und ein besonderes Standing in der Mannschaft gehabt. Wenn dir so Spieler wegbrechen und dann auch noch ein Davies außer Gefecht ist, hast du ja praktisch eine völlig neu formierte Defensive. In Bochum hat der FC Bayern mit vier gelernten Innenverteidigern gespielt. Das hat nicht funktioniert – auch, weil eine gewisse Konzentration gefehlt hat.

SPORT1: Sie haben den Abgang von Süle schon angesprochen. Wen würden Sie als Nachfolger verpflichten?

Matthäus: Es gibt sicher einige Spieler im In- und Ausland, die dem FC Bayern gut zu Gesicht stehen und auch gerne zum FC Bayern kommen würden. Ich weiß nicht, wie der Verein plant, aber man muss natürlich auch sehen: Sobald Süle den Verein verlässt, sind noch vier gelernte Innenverteidiger übrig. Ein Neuzugang sollte möglichst wenig kosten, weil man ja auch noch mit den drei Musketieren – Neuer, Müller, Lewandowski – verlängern muss. Dann hat man noch ein paar andere Herkulesaufgaben vor sich: Man ist in Vertragsgesprächen mit Gnabry, dann muss man die Zukunft von Tolisso klären.

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Mit Tolisso verlängern? „Nicht unbedingt...“

SPORT1: Und das in Corona-Zeiten…

Matthäus: Ja, man merkt, dass die Pandemie Spuren hinterlassen hat. Deshalb ist es aus meiner Sicht schwierig, einen Spieler wie Süle zu ersetzen – vor allem wenn er nicht viel kosten darf.

SPORT1: Sollten die Bayern mit Tolisso verlängern?

Matthäus: Nicht unbedingt, wenn ich sehe, wer alles auf seiner Position spielen kann. Sicher, Tolisso hat sich in den letzten Wochen formverbessert gezeigt, weil er auch das Vertrauen und die Einsatzzeiten bekommen hat. Aber was macht man mit Sabitzer? Was macht man mit Musiala? Goretzka kommt bald wieder zurück, Roca hat auch schon ein paar Einsätze unter Nagelsmann bekommen. Und wenn man dann aufs Geld schauen muss, weil man auch mit anderen Spielern verlängern möchte, dann sage ich: Man muss nicht unbedingt mit Tolisso verlängern. Das würde nämlich auch wieder vier, fünf Jahresgehälter kosten und dann ist man bei 40 oder 50 Millionen, die man ganz sicher braucht, um wichtigere Spieler zu binden. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)

SPORT1: Einige Vertragsverlängerungen sind in den vergangenen Jahren gescheitert. Neben Süle und Alaba auch die von Thiago. Fehlt an Kimmichs Seite ein Verbindungsspieler zwischen Defensive und Offensive wie Thiago es war?

Matthäus: Der FC Bayern hat viele wichtige und gute Spieler verloren, teilweise auch ohne Ablöse –das tut natürlich weh. Thiago hat riesig gespielt, aber wenn Goretzka fit ist, dann wüsste ich nicht, ob Thiago einen Stammplatz beim FC Bayern hätte. Das Mittelfeld ist sehr gut besetzt. Man hat Kimmich auf der 6, Goretzka auf der 8 und Müller auf der 10. Und dann gibt es ja auch noch Musiala, der sowohl die Goretzka- als auch die Müller-Position spielen kann. Das zeigt mir, dass man gut aufgestellt ist – auch im Falle eines Abgangs von Tolisso.

SPORT1: Sie haben am Wochenende den Leverkusener Überflieger Florian Wirtz in den höchsten Tönen gelobt. Ist er schon bereit für einen Top-Klub?

Matthäus: Es macht Spaß, ihm zuzusehen. Ein Straßenfußballer, dem der Ball gehorcht. Er ist gedanklich schon immer einen Schritt weiter und weiß genau, was und wie er zu tun hat, wie auch er seine Mitspieler einsetzen kann. Natürlich wird schon halb Europa bei ihm angeklopft haben. Aber ich glaube, dass er in Leverkusen mit seinen jungen Jahren sehr, sehr gut aufgehoben ist. Da wird er beschützt, da wird er akzeptiert, da darf er auch mal ein schlechteres Spiel machen und wird deshalb nicht gleich auf der Ersatzbank landen. Er hat eine große Karriere vor sich und weiß mit der Situation sicher sehr gut umzugehen.

Wäre Wirtz einer für die Bayern, Herr Matthäus?

SPORT1: Würden Sie ihn langfristig weiterhin gerne in der Bundesliga sehen?

Matthäus: Auf jeden Fall. Wir alle profitieren von Spielern, die den Unterschied machen, und er ist so ein Spieler. Ich sehe keinen Grund, dass er unbedingt ins Ausland will. Ich weiß zwar, dass Barcelona sein Lieblingsverein ist, aber da soll er noch ein paar Jahre warten. In Barcelona muss man zurzeit nicht unbedingt spielen, das ist keine große Verbesserung gegenüber Leverkusen.

SPORT1: Wäre Wirtz einer für die Bayern?

Matthäus: Er war schon ein Thema beim FC Bayern, als Hansi Flick noch Trainer war. Flick schwärmt von diesem Spieler und hat ihn immer wieder ins Spiel gebracht. Im Endeffekt hat sich der FC Bayern dann für andere Spieler entschieden. Aber ich wüsste auch gar nicht, ob Florian Wirtz schon mit 17 den richtigen Weg eingeschlagen hätte, wenn er damals nach München gekommen wäre. Aber nochmal: Wenn er sich so weiterentwickelt, werden ihm alle Türen offenstehen.

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