Hört man den Namen Uli Hoeneß, denkt man vor allem an den FC Bayern, Erfolge und vielleicht an einen seiner legendären Ausraster. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Hoeneß: So war meine Zeit im Knast
Sein wohl dunkelstes Kapitel, ein Gefängnisaufenthalt in der Justizvollzugsanstalt Landsberg am Lech, gerät dabei leicht in Vergessenheit. Im März 2014 zu ursprünglich dreieinhalb Jahren verurteilt, musste der gebürtige Ulmer am Ende nur neun Monate davon im geschlossenen Vollzug verbringen.
Wer meint, der damalige Aufsichtsratvorsitzende des FC Bayern hätte dort eine Sonderbehandlung erhalten, der irrt. „Die große Überraschung für alle war, dass ich total normal war“, verriet der Ex-Bayern-Manager, der am 5. Januar seinen 70. Geburtstag feiert, nun in einem ausführlichen Gespräch mit der Zeit.
- “Doppelpass on Tour”: Deutschlands beliebtester Fußballtalk geht auf große Deutschlandtour! Tourtermine und Tickets unter www.printyourticket.de/doppelpass oder unter der Ticket-Hotline (Tel. 06073 722740; Mo.-Fr., 10-15 Uhr)
Die anfänglichen Bedenken, seine Leidensgenossen würden dem prominenten Zugang nachstellen, zerstreuten sich derweil rasch: „Ich habe nie ein Problem gehabt“, so Hoeneß und ergänzte: „Zuerst kursierten ja diese Märchen, ‚für den kommt abends immer der Feinkost Käfer‘ und so, aber dann haben sie gemerkt, das ist alles Blödsinn.“
So erlebte Uli Hoeneß den Alltag im Gefängnis
Dabei erlebte der langjährige Funktionär des Rekordmeisters so manch kuriose Geschichte hinter schwedischen Gardinen, beispielsweise während seiner Funktion als Angestellter in der Kleiderkammer.
Als er dort nämlich für die Vergabe der Häftlingsuniform an neue Insassen zuständig war, stand plötzlich ein bedrohlich anmutender junger Mann vor ihm: „Die Beamten in der Kammer waren schon alarmiert, und er rief ganz aufgeregt: ‚Herr Hoeneß, eine Frage: Holt ihr jetzt den Reus oder nicht?‘ Ich habe gesagt: ‚Ich kann Ihnen versichern, wir holen ihn nicht.‘ Darauf er: ‚Gut, dann kann ich jetzt in Ruhe meine Strafe antreten.‘“
Doch nicht nur durch sein Insiderwissen machte sich Uli Hoeneß bei seinen Mitinsassen beliebt. Neben einem Kameraden, den er vom Schafkopfen kannte und dem er Olivenöl für seinen Tomatensalat besorgte, weil dieser sich das kostbare Gut nicht leisten konnte, blieb ihm eine Geschichte ganz besonders im Gedächtnis.
Hoeneß half seinen Mithäftlingen
Hoeneß, regelmäßiger Kirchgänger, kam in der gefängniseigenen Basilika auch in Kontakt mit Insassen aus dem Hochsicherheitstrakt. Dort machte er eines Tages Bekanntschaft mit dem „Capo von den Russen“, der, von zwei Beamten begleitet, ebenfalls in der Basilika verweilte.
Als Uli Hoeneß mitbekam, dass diesem verweigert wurde, die Kommunion zu empfangen, entschloss sich der prominente Häftling zu einem besonderen Schritt: „Ich habe dann vom Priester die Hostie bekommen, und statt sie in den Mund zu stecken, habe ich sie in der Hand behalten. Ich bin die 50 Stufen wieder hoch, in die vorletzte Reihe zu dem Russen, habe meine Hostie gebrochen und ihm die Hälfte gegeben.“
Eine Tat, die sich für den damals 62-Jährigen auszahlen sollte: „Am nächsten Tag hat mir der Kollege, der im Haupttrakt seine Zelle hatte, eine Nachricht überbracht: ‚Einen schönen Gruß von den Russen: Ab sofort bist du hier geschützt.‘“
Die Menschenkenntnis funktionierte bei Hoeneß nicht mehr
Doch nicht immer bewahrte Hoeneß sein offener Charakter vor der Missgunst anderer Häftlinge. „Mich hat verwirrt, dass im Gefängnis meine Menschenkenntnis nicht mehr richtig funktionierte. Ich würde sagen, draußen habe ich eine 98-prozentige Sicherheit. Drinnen war das anders“, gab der Ehrenpräsident des FC Bayern zu.
Beihnahe wäre Hoeneß sogar einem Betrüger zum Opfer gefallen. Ausgerechnet ein Mitglied seiner Schafkopfrunde schoss von ihm heimlich Fotos unter der Dusche und wollte die Aufnahmen später für horrende Summen verkaufen, was noch rechtzeitig verhindert werden konnte.
Dabei erschlich sich der vermeintliche Vertraute von Uli Hoeneß sogar ein Trikot von Thomas Müller für seinen Filius, das ihm der prominente Mithäftling nach seiner Entlassung bereitwillig organisierte. Der ahnte derweil nichts von dessen bösen Absichten - oder der Lüge, einen Sohn zu besitzen.
Geschichten, wie sie der Fußball nie schreiben würde. Am Ende ging alles gut und Hoeneß zurück ins Geschäft Profifußball. Auf dessen Wahnsinn kann sich die Vereinslegende der Münchner nun wieder verlassen - ebenso wie auf seine Menschenkenntnis.