Max Kruse hat eine große Anhängerschar. Geschätzt, sicher auch bewundert, wird er vor allem dafür, dass er sich abhebt aus dem großen Pulk der Fußballer. Dinge eben auch mal anders denkt und macht. Anders handelt, als es „die Leute“ erwarten. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Warum man Kruse verstehen muss
Max Kruse ist nicht stromlinienförming oder angeglichen, er folgt seinen Überzeugungen, und, so ehrlich sollte man sein: Ihm geht es ziemlich gut damit. Wenn das Ziel ist, glücklich zu sein, dann scheint Max Kruse seinem Ziel relativ nahe. Vielleicht ist er sogar schon angekommen.
Max Kruse geht seinen eigenen Weg im Profifußball
Es ist gar keine Frage: Max Kruse ist auch nur ein Teil der Fußballwelt. Aber diese Fußballwelt ist eben auch nur ein Teil von ihm.
Es hilft Max Kruse wahnsinnig auf seinem (eigenen) Weg, dass er sich auf sich verlassen kann. Dass er Leistung bringt, liefert, und zwar eigentlich immer und beständig, aber vor allem und noch mehr dann, wenn der Fokus mal wieder besonders groß ist.
Wenn er zwei Tage vor einem Spiel auf einmal heiratet. Wenn er abends mit Kumpels Spaß hat beim Shisha rauchen oder mittags sein Nutella-Frühstück zelebriert, alles, ohne sich dabei zu verstecken. Wie es die meisten Kollegen machen würden.
Was andere denken oder schreiben, es ist Max Kruse relativ egal. Er verantwortet, was er macht. Er steht dazu. „Man kann nur Dinge bereuen“, sagt er, „die man nicht getan hat.“ Also tut er. Und liebt es.
Kruse hat seine Mission bei Union Berlin erfüllt
Der Wechsel von Union Berlin, wo Kruse in eineinhalb Jahren auf dem besten Weg war, Heldenstatus zu erlangen, jetzt zurück nach Wolfsburg, ist wieder so eine Sache. So ein Kruse-Ding. Als das Angebot da war, die Zahlen auf dem Tisch lagen, da war das Thema für ihn sehr schnell klar. Er wollte es machen.
Max Kruse ist Fußballprofi und versteht das Geschäft, das der Fußball in dem Bereich uneingeschränkt ist, ziemlich gut. Die guten und die schlechten Zeitpunkte. Jetzt war ein guter für ihn, ein sehr guter.
Er ist gesund, steht mit Union auf Platz vier der Bundesliga, dem absoluten Maximum. Er ist Topscorer seiner Mannschaft. Und auf der anderen Seite der VfL Wolfsburg, eines der deutschen Fußball-Dickschiffe. Mit richtig großem Druck im Moment. Abgestürzt auf Platz 15. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Einen Tag vor Ende des Transferfrist wollen sie ihn und sind bereit, im Grunde alle Wünsche zu erfüllen. Eine für die Spielerseite ziemlich gute Konstellation. Für den abgebenden Verein ebenso.
Fünf Millionen Euro Ablöse, das ist es zu hören, zahlt Wolfsburg an Union, ohne groß verhandelt zu haben. Für einen 33-jährigen Spieler, dessen Vertrag in fünf Monaten endet. Und den sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht wieder verkaufen können. Für Union hat Kruse, dank der Überweisung aus Wolfsburg, rückblickend zum Nulltarif gespielt.
Kruse kann dem VfL Wolfsburg noch helfen
Wolfsburg, diese Saison noch in der Champions League dabei, hat seine großen Ziele nicht aus den Augen verloren. Die Niedersachsen wollen ab Sommer wieder oben mitspielen - den Klassenerhalt vorausgesetzt. Kruse, der neue Anführer, der mit Trainer Florian Kohfeldt schon in Bremen erfolgreich zusammen arbeitete, wird ihnen dabei helfen.
Ab Juli ist dann der Neu-Start geplant. Mit anderen Möglichkeiten, das weiß auch Kruse, als bei Union. Der VfL-Campus bietet herausragende Möglichkeiten, in allen Bereichen, Training, Regeneration, Rehabilitation. Für Profisportler wichtig, gerade für ältere.
In Berlin wäre es nach aktuellem Stand im Sommer vorbei gewesen für Kruse. Es gab noch keinen neuen Vertrag, man wollte sich noch zusammensetzen, um die Vorstellungen abzugleichen. Konditionen wie in Wolfsburg wären niemals möglich gewesen.
Max Kruse wird in Berlin als spektakulärer Fußballer in Erinnerung bleiben, und, wenn sich die Emotionen gelegt haben, als Mensch, der seinen eigenen Weg geht - statt den, den so viele erwarten.
Tobias Holtkamp, der Autor dieses Textes, war in der Chefredaktion von Sport Bild und Chefredakteur von transfermarkt.de. Heute berät er Sportler und Marken in ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung. Für SPORT1 schreibt Holtkamp als Kolumnist die wöchentliche „Bundesliga-Kolumne“.