Fußball-Deutschland schüttelt sich. Der Abschied von Max Eberl als Sportdirektor von Borussia Mönchengladbach hatte am Freitag für Aufsehen gesorgt.
Rau: Eberl? Nur darum geht‘s im Fußball
„Ich will raus, will wieder Spaß haben, will einfach Max Eberl sein“, hatte der 48-Jährige auf einer emotionalen Pressekonferenz unter Tränen seinen Rücktritt aus gesundheitlichen Gründen erklärt. Hintergrund ist ein Erschöpfungssyndrom. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Tobias Rau kann gut nachempfinden, wie sich Eberl fühlt. Der 40 Jahre alte frühere Nationalspieler, der in der Bundesliga für den VfL Wolfsburg, den FC Bayern und Arminia Bielefeld spielte, machte 2009 Schuss mit Profifußball. Er begann ein Studium und ist heute Lehrer an einer Gesamtschule im westfälischen Werther bei Bielefeld.
„Seine Worte und die Entscheidung haben mich sehr berührt. Es ist ein Thema, dass jetzt aufgepoppt ist, welches schon lange allgegenwärtig im Geschäft Profifußball ist, das aber immer unter dem Radar brodelt“, sagt Rau im Gespräch mit SPORT1 über Eberl. (Gladbachs strategisches Problem)
„Solche Themen werden immer von großen Teilen der Gesellschaft mit Schwäche oder einer Niederlage verbunden. Die meisten Menschen haben nicht genug Mut, diesen Schritt wirklich zu gehen und das so deutlich zu kommunizieren.“ (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Rau: „Etwas ganz Emotionales“
Für Rau war die PK „etwas ganz Emotionales“, weil Eberl Worte gewählt habe, „die andere in dem Business genauso fühlen“. Doch für den ehemaligen Bayern-Profi bleibt es „kompliziert“ und es werde „nie so sein, dass das immer offen ausgesprochen wird“.
Rau glaubt, dass es viel mehr Spielern und Sportdirektoren im Fußball so gehe wie ihm, Eberl, Robert Enke oder auch Sebastian Deisler, nur sei es nach wie vor nicht en vogue, so etwas zuzugeben und öffentlich zu machen:
“Man muss sich doch nur das Umfeld anschauen. Im Fußball wird alles immer mehr.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Soziale Medien eine Gefahr
Rau führt weiter aus: „Was in den sozialen Medien für eine Mentalität herrscht, ist gefährlich. Da genießen es Menschen auf Fehlersuche zu gehen und andere zu verurteilen, obwohl sie gar keinen Einblick in deren Situation haben. Bis hin zu den Hass-Kommentaren, egal, wie gut man arbeitet. Das belastet jeden.“ Für Rau war das bisherige Lebenswerk von Eberl „richtig gut“.
Die Schattenseiten, die Eberl angedeutet hat, kennt Rau aus eigener Erfahrung. „Die habe ich auch gefühlt. Aber ich habe ganz früh diese Entscheidung getroffen und darüber bin ich sehr froh. Ich hatte noch nicht das Gefühl, dass mich der Fußball kaputt macht.“
Und weiter: „Ich habe damals nur gemerkt, dass mich eine andere Sache glücklicher macht. Wer weiß, wie es gekommen wäre, hätte ich diese Entscheidung nicht so frühzeitig getroffen.“
Dies sei ein großes Risiko. Man müsse ganz früh einen Zeitpunkt für einen solchen Entschluss treffen. „Ich musste für mich auch erstmal feststellen, dass der Sinn des Lebens nicht darin besteht erfolgreich zu sein, sondern glücklich zu sein. Doch im Milieu Profifußball geht es immer nur um Geld und Erfolg“, findet Rau.
Last von Eberl abgefallen
Eberl wirkte am Freitag so, als wenn ihm eine Last abgefallen sei. „Man merkte, dass es an ihm schon sehr genagt hat. Ich wünsche ihm, dass er es frühzeitig gemerkt hat.“
Ob Eberl vielleicht nie mehr auf die Fußball-Bühne zurückkehrt, will Rau nicht beurteilen. „Das weiß ich nicht. Ich glaube, das wird er selbst nicht wissen. Man sollte in dem Moment nicht alle Türen schließen, obwohl man noch gar nicht weiß, was in einigen Jahren passiert. Aber aktuell ist es sicher kein Thema.“
Rau: Entwicklung im Fußball wird sich nicht ändern
Durch den Fall Eberl gehe „jetzt erstmal ein Ruck durch die Gesellschaft und trotzdem wird sich die Entwicklung im Profifußball nicht ändern“, glaubt Rau. „Die Faktoren, die diese Entwicklung bestimmen, sind einfach andere. Es geht nur noch um ‚Höher, schneller, weiter‘.“
Er wünsche Eberl, „dass er sein Glück findet. Seine Entscheidung scheint in diese Richtung zu gehen. Er kann mich gerne anrufen. Aber er hat seine Vertrauten und das ist wichtig. Diese Gespräche machen am meisten Sinn“.