„Ich kann die Rastlosigkeit nicht stoppen, ich kann nur mich stoppen.“
Gladbachs strategisches Problem
Es war ein Schlüsselsatz der denkwürdigen PK, mit der der langjährige Sportchef Max Eberl am Freitag seinen vorzeitigen Abschied bei Borussia Mönchengladbach vollzog. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Der Einschnitt ist tief für beide Seiten - und während Eberl nun eine verdiente und gesundheitlich nötige Auszeit vom Betrieb bekommt, kann Gladbach sich keine nehmen.
Ohne den Mann, der sie 13 Jahre durch die Rastlosigkeit gesteuert hat, muss der kriselnde Traditionsverein sich nun neu sortieren und viele offene Fragen klären. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
SPORT1 blickt auf die größten Fragen, vor denen Gladbach am Ende der Ära nun steht.
- Die Nachfolge von Max Eberl:
Präsident Rolf Königs hat in der PK umgehend klar gemacht: Es wird einen von „extern“ geholten Erben geben - wobei den Fohlen auch kaum eine andere Wahl bleibt.
Im Klub drängt sich niemand auf, in die erste Reihe zu treten als Manager des sportlichen Bereichs und öffentliches Gesicht des Klubs, es schien bis soeben ja auch nicht nötig in Anbetracht dessen, wie Eberl diese Rolle ausgefüllt hat.
Interims-Sportdirektor Steffen Korell - langjähriger Weggefährte Eberls als Spieler und im Management - genießt als Nothelfer das Vertrauen von Königs und Vizepräsident Rainer Bonhof. Als Dauerlösung soll der Chefscout von sich aus abgewunken haben.
Auch der von vielen als naheliegende Idee betrachtete Rouven Schröder scheint es nicht von seinem aktuellen Job auf Schalke wegzuziehen. Welchen der übrigen Kandidaten - häufig fällt der Name des früheren Frankfurt-Profis Christoph Spycher von den Young Boys Bern - Gladbachs Führung überzeugen kann, sich auf das schwere Erbe und die hohe Erwartungslast einzulassen, muss sich zeigen.
- Die ungeklärten Transfer-Fragen:
Die Fülle der offenen Personalien war schon ein Thema, das Eberl begleitet hatte - nun stellt sich die Frage, ob noch vor dem „Deadline Day“ am Montag Bewegung hineinkommt.
Denis Zakaria und Matthias Ginter, deren Verträge am Saisonende auslaufen, könnten ebenso noch verkauft werden wie Marcus Thuram, Alassane Plea oder Ramy Bensebaini (Vertragsende 2023).
Auch nach dem Transferschluss gibt es für Eberls kurz- oder langfristigen Nachfolger viel zu tun: Im kommenden Jahr laufen insgesamt 12 Verträge aus. Die aktuelle sportliche Krise des Tabellen-Zwölften, in der auch Trainer Adi Hütter längst unter Druck geraten ist, erschwert die Kaderplanung ebenso wie die generelle Ungewissheit, wie sich Gladbach in den kommenden Jahren strategisch ausrichtet. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
- Das strategische Dilemma:
Das Ende der 15-jährigen Abwesenheit von der internationalen Bühne war die große Erfolgsgeschichte der Ära Max Eberl - und vor allem die Kontinuität, mit der sich der UEFA-Pokalsieger von 1975 und 1979 wieder als Stammgast in Champions und Europa League etabliert hat.
Die Erschütterungen der Coronakrise hatten zuletzt aber deutliche Spuren im Selbstverständnis des Vereins hinterlassen.
Wie geht der Klub, der seine Risiken seit langem immer sorgsam abgewogen hat, mit der wachsenden Diskrepanz zu finanziell sorglosen internationalen Playern um? Diese Frage hat schon Eberl merklich beschäftigt.
Bleibt der Kampf um die Champions League das Ziel? Oder sieht sich der Klub gezwungen, seine Ambitionen herunterzuschrauben, weil die Mittel und der Wille zu teuren Risiken fehlen?
Eine Frage, die alle kommenden Transfer-Fragen beeinflusst - und auch unmittelbar mit der Eberl-Nachfolge zusammenhängt.