RB Leipzig hat sich nach einem schwachen Auftritt im Freitagsspiel der Bundesliga bei Union Berlin von seinem Trainer Jesse Marsch getrennt.
Mintzlaff verrät: Marsch hatte Zweifel
Der US-Amerikaner wurde am Samstag freigestellt, Co-Trainer Achim Beierlorzer soll die Mannschaft interimsmäßig führen. Dies gab der Bundesligist am Sonntag offiziell bekannt, in einer Mitteilung sprach der Klub von einer einvernehmlichen Trennung.
Die Roten Bullen reagieren mit der Entscheidung auf die sportliche Entwicklung in einer bisher sehr wechselhaften Saison. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
„Die Trennung von Jesse Marsch ist uns nicht leichtgefallen, denn ich schätze Jesse als Mensch und Trainer sehr“, wird Geschäftsführer Oliver Mintzlaff in der Pressemitteilung von RB zitiert: „Es ist schade, dass es in dieser Konstellation nicht wie erhofft geklappt hat und dieser Schritt nun notwendig wurde, weil leider die gewünschte Entwicklung und somit auch die notwendigen Ergebnisse für unsere Saisonziele ausgeblieben sind.“
Im Stahlwerk Doppelpass auf SPORT1 zugeschaltet führte Mintzlaff weiter aus: „Wir sind nicht mit der Intention hineingegangen, nach dem 14. Spieltag unseren Cheftrainer freizustellen. Wir sind mit großer Überzeugung in diese Saison gegangen, mit einem sehr guten Gefühl, einem tollen Kader und einem richtig guten Transferfenster. Dass es jetzt zu der beidseitigen Erkenntnis gekommen ist, dass es zwischen Trainer und Mannschaft nicht der Perfect Fit ist, das ist bitter. Es gehört aber zum Profisport dazu, dass wir das erkennen und die Konsequenzen ziehen.“
Marsch hatte früher Zweifel
Marsch selbst habe schon früher Zweifel gespürt. „Jesse kam nach dem 7. und nach dem 10. Spieltag auf uns zu und sagte: ‚Ich weiß nicht, ob ich der richtige Trainer für diese Mannschaft bin und meine Spielphilosophie wirklich zu diesem fantastischen Kader passt‘“, schilderte Mintzlaff.
„Diese Entscheidung ist dann mehr und mehr gereift. Wir haben trotz toller Fußballfeste keine Konstanz gehabt, so dass wir am Ende sagen: Es ist nicht der richtige Fit. Es ist eine überragende Mannschaft, ein sehr guter Trainer, aber sie passen nicht zusammen.“
Am Freitag hatte sich Leipzig eine verdiente 1:2-Pleite bei Union Berlin eingefangen. Mintzlaff hatte danach von einer „desolaten“ und „beschissenen“ Leistung gesprochen und Konsequenzen angekündigt. Nun nahm er insbesondere die Mannschaft in die Pflicht, „dass sie konstanter als zuletzt ihr Potenzial und ihre Qualität auf dem Platz abruft.“ Bei Marsch bedankte er sich ausdrücklich. Ein neuer Cheftrainer solle zeitnah vorgestellt werden.
Marsch, der von RB Salzburg in die Bundesliga gekommen war, kam im RB-Statement ebenfalls zu Wort.
„Ich bin sehr dankbar, Teil der Red-Bull-Familie zu sein und diese Chance erhalten zu haben! Bis zuletzt hatte ich die Hoffnung, dass wir nach einem unruhigen Start in die Saison und wechselhaften Auftritten als Gruppe zu mehr Geschlossenheit und Stabilität finden und das sprichwörtliche Ruder herumreißen“, ließ der 48-Jährige wissen.
Marsch spricht von gemeinsamen Entschluss
Leider habe man das nicht geschafft: „Nach einem Gespräch mit Oliver Mintzlaff sind wir dann gemeinsam zum Entschluss gekommen, auf der Trainerposition eine Veränderung vorzunehmen.“
Marsch selbst stand bei seinem letzten Spiel gar nicht an der Seitenlinie, er war nach einer Corona-Infektion noch in Isolation.
Unter seiner Anleitung hatte Leipzig einige gute Spiele gezeigt, unter anderem Borussia Dortmund mit einer dominanten Vorstellung besiegt. Auch in der Champions League schlug sich RB teils wacker und überzeugte phasenweise gegen Topteams wie Paris Saint-Germain. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Nachfolger? „Wir tappen nicht im Dunkeln“
Dennoch schied man schon vor dem letzten Spieltag der Vorrunde aus der Königsklasse aus - und in der Bundesliga folgten auf ordentliche Auftritte immer wieder auch Niederlagen und unnötige Remis. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Marsch war im Sommer auf Julian Nagelsmann gefolgt, der zum FC Bayern gewechselt war. Leipzig hatte auch Abwehrchef Dayot Upamecano und Kapitän Marcel Sabitzer verloren.
Trotzdem hat der Vizemeister eine hochkarätige Mannschaft vorzuweisen, die laut Mintzlaff um die ersten vier Plätze mitspielen können muss. Derzeit ist Leipzig Elfter.
Kandidaten auf eine dauerhafte Nachfolge von Marsch wollte Mintzlaff im Stahlwerk Doppelpass nicht kommentieren. „Wenn wir einen Trainer verkünden wollten, hätten wir das in der Pressemitteilung getan. Wir hatten bis zuletzt das Vertrauen in Jesse. Wir waren nicht tagtäglich auf der Suche nach einem Ersatz“, erklärte er.
„Es ist aber auch nicht so, dass wir im Dunkeln tappen. Wir führen jetzt in Ruhe Gespräche. Die nächsten beiden Spiele, möglicherweise auch bis zur Winterpause, wird Achim Beierlorzer interimsweise übernehmen. Wir gehen davon aus, dass wir zur Rückrunde den neuen Cheftrainer präsentieren können. An den Spekulationen kann ich mich nicht beteiligen.“