Michael Ott hatte sich am Freitag immer noch nicht beruhigt.
Bayern feige? Verhalten „ein Unding“
Es war eine kurze Nacht für den eingefleischten Fan des FC Bayern, der sich als aktives Vereinsmitglied gegen das Katar-Engagement seines Klubs stellt. Die Jahreshauptversammlung des Rekordmeisters endete am Donnerstag mit Tumulten.
Gerade Präsident Herbert Hainer wird von Ott deutlich kritisiert, weil der Antrag, über das Katar-Sponsoring des Vereins abzustimmen, abgebügelt wurde. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
„Für mich war die JHV ein Muster-Beispiel, um zu zeigen, wie sich der Fußball weiter von seinen Fans entfremden kann. Die Beziehung zwischen dem FC Bayern und vielen seiner Fans bröckelt immer weiter“, sagte Ott im Gespräch mit SPORT1. „Das Auftreten der Bosse war ein ziemlicher Offenbarungseid.“
Ott hatte dem FC Bayern den Sponsoring-Deal mit Qatar Airways vorgeworfen.
Vor dem Amtsgericht München musste er allerdings eine Niederlage einstecken, nachdem er eine einstweilige Verfügung gegen den Klub beantragt hatte. (SPORT1-KOMMENTAR: Ein Ausdruck höchster Peinlichkeit)
Ott vermisst souveränen Umgang
Ott bekam nach der Ablehnung seines Katar-Antrags auf der JHV keine Möglichkeit mehr zur Diskussion - und prangert dies nun an.
„Selbst wenn man meinen Antrag nicht zur Abstimmung zulässt, was ich auch schon fragwürdig gefunden habe, dann hätte man doch mindestens einen souveräneren Umgang damit finden können“, stellt er klar: „Man hätte mich meinen Antrag einfach so vorstellen und ein Stimmungsbild machen oder mir am Ende wenigstens meinen Wortbeitrag von drei Minuten lassen können.“
Doch die Bayern-Bosse ließen am Ende der Veranstaltung nur fünf Redebeiträge zu, dann schloss Präsident Hainer unter lauten Protesten der anwesenden Fans die Veranstaltung um 0:15 Uhr. Ott wurde einfach von der Liste gestrichen, „obwohl ich mich schon lange vor Versammlungsbeginn darauf habe eintragen lassen“, wie er betont.
Mit dem entsprechenden Ärger der Mitglieder müsse der Verein dann leben. „Das war alles extrem unsouverän, auch gegenüber anderen Mitgliedern mit Wortbeiträgen“, findet Ott.
Ott: „Das ist ein Unding“
“Herr Hainer hat sich beschwert, dass ich den Verein feige genannt habe. Aber wie anders soll man das Verhalten denn bezeichnen, das auch gestern an den Tag gelegt wurde? Die Herren sind der Debatte einfach erfolgreich, vollständig aus dem Weg gegangen. Das ist ein Unding.“
Dies sei auch von einem anderen Mitglied, das einen Wortbeitrag bekam, vorgehalten worden. „Aber es gibt keine Einsicht“, kritisierte Ott. „Die Versammlung wird sicherlich einen längeren Nachhall finden. Ein klares Zeichen wurde auch ohne Abstimmung über Katar gesetzt. Vielleicht führt das ja zum Umdenken.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Hainer selbst reagierte einen Tag nach der JHV in der Münchner tz. „Sie können davon ausgehen, dass wir alle eine unruhige Nacht hatten. Prinzipiell hält unser Verein einen Diskurs aus, er gehört zum Vereinsleben. Kritik ist immer möglich“, sagte der Bayern-Boss.
Am Donnerstag riefen einige Mitglieder schon „Hainer raus“. Wäre es mit Uli Hoeneß anders gelaufen? Seit Ende 2019 ist der 69-Jährige nicht mehr Bayern-Präsident, ist aber weiter Mitglied im Aufsichtsrat. Sein Wort hat weiter Gewicht.
Besser mit Uli Hoeneß?
“Ich kann nicht beurteilen, ob es besser gewesen wäre, wenn Uli Hoeneß noch an vorderster Front stehen würde. Aber dass der Umgang, der aktuell gepflegt wird, nicht gut ist, ist ja klar“, sagte Ott.
Die Frage, die sich viele Mitglieder am Donnerstagabend auch stellten: Wo war bei der JHV eigentlich Vorstandsboss Oliver Kahn? Er war zwar in der Halle, doch äußerte sich nicht zum Katar-Thema.
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Ott zeigt aber Verständnis für den Titan. „Oliver Kahn ist kein Vereinsfunktionär und muss auf der JHV daher nicht zwangsläufig die federführende Rolle spielen, aber er hat als einziger immerhin noch eingestanden, dass man sich von Vereinsseite besser verhalten kann, was solche Podiums-Diskussionen angeht.“
Kahn habe damit „zumindest ein bisschen Kritikfähigkeit durchblicken lassen“.