Das gab es noch nie: Nach einer hitzigen Jahreshauptversammlung des FC Bayern rief ein Großteil der Mitglieder - es war bereits nach Mitternacht - „Hainer raus! Hainer raus!“
Wie beschädigt sind Hainer und Kahn?
Bayern-Präsident Herbert Hainer stand im Mittelpunkt des Geschehens und wurde von den eigenen Mitgliedern beschimpft, nachdem er die Versammlung zu später Stunde für den Geschmack der meisten Besucher etwas abrupt beendete hatte, obwohl noch weitere Wortmeldungen angemeldet waren.
Anhänger buhten, brüllten wütend und traten gegen Sitzschalen. „Wir sind Bayern - und ihr nicht! Wir sind die Fans, die ihr nicht wollt“, sangen zahlreiche Mitglieder. Es war ein denkwürdiger Abend im Audi Dome - mal wieder. (BERICHT: Heftige Reaktionen nach Bayern-JHV)
Kahn hält sich bedeckt
Diese Jahreshauptversammlung wird in die Geschichte des FC Bayern gehen - und den deutschen Giganten möglicherweise verändern?
In einer anfangs harmonischen Versammlung hielt auch Oliver Kahn seine erste Rede als Vorstandschef der FC Bayern AG. Kahn plädierte unter anderem für einen „Salary Cap“ - eine Gehaltsobergrenze - und betonte, dass das Projekt „Super League“ vollkommen zu Recht kollabierte. Dafür erhielt er langen Applaus der Mitglieder. Doch danach eskalierte die Stimmung zunehmend. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
Denn Katar, das eigentliche Thema des Abends, erhitzte die Gemüter der Mitglieder. Und genau da hielt sich Kahn zurück, überließ Hainer und Vizepräsident Prof. Dr. Dieter Mayer das Reden.
Aber warum? Lehrte der „Titan“ während seiner aktiven Karriere auf dem Fußballplatz den Gegnern noch das Fürchten, muss er sich wohl in seiner neuen, tragenden Rolle als Verantwortlicher erst einmal zurechtfinden. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Denn eines ist wohl sicher: Ein Karl-Heinz Rummenigge hätte sich im hitzigen Gefecht mit den Mitgliedern sicherlich nicht zurückgehalten und sich hinter dem damaligen Präsidenten Uli Hoeneß versteckt.
Hainer-Botschaft: Kritik ja - aber richtig
Hainer dagegen war schon in seiner Eröffnungsrede konkret auf das Thema Katar-Sponsoring eingegangen: „Wir als Verein stellen uns jedem Diskurs.“ Natürlich dürfe auch Kritik sein.
„Aber die Kritik soll immer sachlich und auf nüchterner Basis erfolgen“, sagte er. Er meinte damit den eingefleischten Fan und das Mitglied des Rekordmeisters Michael Ott, der den Verein in den vergangenen Wochen heftig kritisiert hatte. (REPORT: Bayern feige? Verhalten „ein Unding“)
Vertrag mit Katar läuft 2023 aus
Als es schon nach Mitternacht war, beantworte Hainer eine ganz entscheidende Frage von Gregor Weinreich, lange Jahre Vorsitzender des Fanklubdachverbandes „Club Nr. 12″, warum man nicht als Ärmelsponsor das zweitbeste Angebot nach Qatar Airways nehme - Kahn lobte schließlich zuvor noch das Financial Fairplay. (KOMMENTAR: Ein Ausdruck größter Peinlichkeit)
Bevor Hainer antwortete, erhob sich die Halle, klatschte minutenlang - es war der längste Applaus des Abends. Dann sagte Hainer: „Wir haben bei Weitem noch nicht entschieden, mit Katar weiterzumachen.“ Der Vertrag mit der katarischen Fluglinie läuft noch bis 2023.
Doch als er wenig später die Sitzung beendete, obwohl Antragsteller Ott und andere Mitglieder noch nicht gesprochen hatten, schwappte auf den Rängen der Halle die Wut über. Von Kahn kam nichts. Stattdessen verfolgte er das Desaster und ließ seinen Präsidenten alleine.
Bayern-Deal mit Katar ist vielen Fans Dorn im Auge
Doch wieso stehen die Bayern-Bosse beim Katar-Sponsoring bei den Fans des FCB so in der Kritik?
Der Werbedeal der Bayern mit Qatar Airways ist vielen Anhängern des Rekordmeisters schon lange ein Dorn im Auge. Ott hatte aus diesem Grund eine einstweilige Verfügung beim Amtsgericht München beantragt, die aber abgelehnt wurde. (SPORT1-INTERVIEW: Michael Ott attackiert Bayern-Bosse)
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Mit diesem Vorgehen wollte das Bayern-Mitglied eine Zulassung des Antrags bei der Jahreshauptversammlung erwirken. Zuvor hatte er es direkt beim FC Bayern versucht, doch der Rekordmeister reagierte trotz Fristsetzung nicht.
Im Antrag ging es um die Frage, ob der FC Bayern kritischer mit seinem Sponsor Qatar Airways umgehen und sogar auf die Millionen aus Katar verzichten sollte. Zu häufig ignoriert Katar nämlich Menschenrechte.
Wenige Stunden vor der JHV wurde aber bekannt, dass die Mitglieder des FC Bayern nicht über den Sponsoring-Deal mit Qatar Airlines abstimmen dürfen. Einen entsprechenden Antrag auf Ergänzung der Tagesordnung hat die 13. Zivilkammer des Landgerichts München abgewiesen.
Komplett vom Tisch war der Punkt damit aber bekanntlich nicht.
Hoeneß kritisiert Kahn und Hainer indirekt
Neben Hainer schimpften die meisten Zuschauer auch auf Vizepräsident Mayer, der bislang nicht gerade zu den berühmten Figuren des Vereins zählte. Das dürfte sich seit Donnerstagabend aber geändert haben. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
„Es geht hier doch nicht um Demokratie“, sagte Mayer. Es gehe doch nur um einen juristisch nicht zulässigen Antrag, erklärte er. Es waren jene zweifelhaften, mitunter überheblichen und besserwisserischen Aussagen, die die Stimmung im Audi Dome anheizten.
Hoeneß: „Schlimmste Veranstaltung, die ich je bei Bayern erlebt habe“
All das musste Ehrenpräsident Uli Hoeneß, der als Gast in der ersten Reihe saß, miterleben. Sichtlich geschockt sagte er dem kicker nach der historischen JHV: „Darüber muss ich erst einmal schlafen. Das war die schlimmste Veranstaltung, die ich je beim FC Bayern erlebt habe.“ Er schäme sich.
Rumms!
Es waren klare Worte, die sicherlich auch nicht an Kahn und Hainer spurlos vorbeigehen werden.