Julian Nagelsmann wurde in den letzten Wochen verdammt oft danach gefragt, was man denn eigentlich dafür tue, dass ein solcher Lauf wie der des FC Bayern anhält.
„Nix mit Super-Bayern“
Die Antworten des Bayern-Trainers waren zumeist ähnlich. Vom klassischen „von Spiel zu Spiel denken“ und von Hunger und Gier war die Rede. Die Message: Bloß nicht nachlassen! Doch genau das ist jetzt passiert. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Beim 1:2 gegen Eintracht Frankfurt kassierte Nagelsmann seine erste Niederlage mit dem deutschen Rekordmeister. Ein Spiel, „das wir nicht zwingend verlieren müssen“, wie der 34-Jährige, der geknickt wirkte und nüchtern sprach, bei der Pressekonferenz nach der Partie zusammenfasste.
Allerdings betonte er auch: „Ich fand das Spiel nicht sehr anders als die in den letzten Wochen, wir haben aber nur ein Tor aus vielen Chancen gemacht. Ansonsten war das Spiel ähnlich. Ob es verdient ist oder nicht, ist aber scheißegal. Am Ende haben wir verloren.“
Nagelsmann: „Schlafe nach Spielen nicht gut“
„Niederlagen schmerzen immer“, hatte Nagelsmann wenige Minuten zuvor bei DAZN gesagt. Für Niederlagen mit dem FC Bayern gilt das im Besonderen, das wird der gebürtige Landsberger nun wissen. „Normalerweise schlafe ich nach Spielen nicht gut, das ist aber auch nach Siegen so. Ich würde morgen gerne Analysen machen, wir haben aber drei Spieler, die hierbleiben. Ich bewege mich gerne aktiv nach Niederlagen. Da komme ich auf ganz gute Ideen, die das wieder in die richtige Richtung lenken“, verriet er auf der PK. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
In der Länderspielpause wird Nagelsmann nun viel Zeit zum Nachdenken haben. Seine Gedanken werden sich wohl um die Frage kreisen: Wie kam es mit der Top-Startelf, die Nagelsmann aufbot, zu der Pleite? Mit der Elf, die in den letzten Wochen eine Gala-Vorstellung nach der anderen feierte.
„Wir haben ähnliche Dinge nicht ganz richtig gemacht, wie schon in den vergangenen Wochen. Heute wurden wir bestraft, wir hatten eigentlich genügend Chancen, um Tore zu machen. Sonst haben wir immer viel getroffen, heute nicht. Deswegen haben wir verloren“, lautete die erste Analyse des Coaches unmittelbar nach dem Schlusspfiff.
Waren es also tatsächlich „nur“ das Problem mit der Chancenverwertung und ein überragender Kevin Trapp im Frankfurter Tor?
Müller: „Nix mit Super-Bayern“
„Wir sind natürlich enttäuscht, sauer, verärgert. Ich weiß nicht, was man am besten verwenden kann“, gab Thomas Müller bei DAZN einen Einblick in seine Gefühlswelt. Der Urbayer sieht es ähnlich wie sein zwei Jahre älterer Trainer: „Es ist ein Spiel, das wir auf keinen Fall verlieren müssen, aber es hat an der Effektivität gemangelt. Die wenigen Situationen, die Frankfurt hatte, haben zu zwei Toren gereicht. Dementsprechend stehen wir hier jetzt bedient.“
Müller sprach den schmalen Grat an, der die Menschen beim Fußball so fasziniert: „Wenn wir unsere Chancen nutzen und das 2:1 machen vor oder nach der Pause, kann es am Ende auch 3:1, vielleicht 4:1 ausgehen. Dann singen wir wieder ‚Super-Bayern‘ und so ist es jetzt nix mit ‚Super-Bayern‘. Das ist eine ungewohnte Situation, damit müssen wir jetzt umgehen.“
Durch die Pleite verspielten die Bayern den Vorsprung vor Verfolger Borussia Dortmund fast gänzlich, der jetzt nur noch einen Punkt beträgt. Bayer Leverkusen zog durch den 4:0-Erfolg bei Arminia Bielefeld sogar gleich. (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)
„Wir haben Dinge zu analysieren, haben es nicht immer perfekt gemacht“, sagte Müller. Und diese Analyse ist nicht nur im Abschluss zu suchen.
Problemzone Defensive: Upamecano wackelt - Neuer unglücklich
Denn auch in der Defensive lag einiges im Argen - immerhin haben die Münchner in der heimischen Allianz Arena zwei Gegentore bekommen. Neuzugang Dayot Upamecano wirkte ein ums andere Mal unsicher - und da war er nicht der einzige im roten Dress.
„Ins Detail, da geht es dann Richtung Einzelspieler, das müssen wir hier nicht machen, das machen wir dann intern“, sagte Nagelsmann auf die Defensive angesprochen: „Der Gegner hatte vor seiner Kette extrem viel Umschaltraum. Wie hingen oft zu tief, mit viel zu vielen Spielern im Aufbau. Und wir machen die letzten Schritte nicht. Auch von Spielern, die frisch drin waren, fehlte der defensive Anschluss.“
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Das klingt dann doch nach einer Menge Arbeit. Zumal Kapitän Manuel Neuer noch eine Baustelle aufmachte, wo bei den Bayern nun eigentlich wirklich keine zu finden ist.
Der Schlussmann des FCB sah beim 1:2 durch Filip Kostic alles andere als gut aus. Der Serbe traf von der Sechzehner-Kante aus spitzem Winkel. Ein guter und scharfer Schuss, den Neuer im Normalfall allerdings nicht passieren lässt.
Mit einer schwachen Chancenverwertung ist die Geschichte von Nagelsmanns erster Bayern-Pleite also nicht erzählt. Es scheint, als wären mehrere Faktoren und Entwicklungen in ein Spiel gefallen. Die Länderspielpause kommt daher zu einem unglücklichen Zeitpunkt. Die Analyse fällt flach und eine Reaktion kann ebenfalls erstmal nicht gezeigt werden.
Dafür hat Nagelsmann mehr Zeit sich zu bewegen - und um dabei auf gute Ideen zu kommen.