Es ist nicht die erste schlechte Nachricht, die Marco Rose in seiner noch kurzen Zeit in Dortmund hinnehmen musste.
Wie kann der BVB das Defensiv-Dilemma lösen?
Nach der schweren Verletzung von Mateu Morey im Halbfinale des DFB-Pokals war dem neuen BVB-Coach schon vor Amtsantritt klar, dass er zunächst ohne den jungen Rechtsverteidiger planen muss. Aber die ganze Saison? Das dürfte dann doch ein Schock gewesen sein.
Der 21 Jahre alte Spanier musste sich nun erneut einem operativen Eingriff unterziehen. Neben der schweren Band- und Kapselverletzung musste auch das Kreuzband geflickt werden. Die Diagnose ist bitter: Das Aus für die noch nicht einmal begonnene Saison.
Für Rose bedeutet das mehr als „nur“ Mitleid rund um einen aufstrebenden Rechtsverteidiger, der in Dortmund den nächsten Schritt gehen will. Es ist der nächste wegfallende Baustein in einer vor Saisonbeginn fast schon dramatisch dünnen Defensive.
Coulibaly und Zagadou verletzt - auch Hummels mit Problemen
Neben Morey fehlen derzeit auch die beiden Innenverteidiger Dan-Axel Zagadou (Knie-OP) und Neuzugang Soumaila Coulibaly (Kreuzbandriss). Hinzu kommt die jüngste Knie-Verletzung von Youngster Nnamdi Collins, der zum Start der Vorbereitung der einzig fitte Innenverteidiger war, den Rose zur Verfügung hatte. Vielleicht müssen die Borussen beim Lazarett bald anbauen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Coulibaly und Zagadou erholen sich nach Knie-Verletzungen, jeweils das Kreuzband. „Es ist schwer zu sagen, wann genau sie wieder einsatzfähig sind“, sagte Sportdirektor Michael Zorc bei SPORT1 über die beiden Franzosen: „Wir rechnen im Spätsommer mit ihnen.“ Die Saison ist dann im vollen Gange - und wann beide topfit sind, ist eine ganz andere Frage.
Bis dahin bleiben Rose derzeit nur zwei klassische Innenverteidiger, die sich zum Dilemma passend im EM-Urlaub befinden: Mats Hummels und Manuel Akanji. Und mit Hummels ist schon das nächste Problem am schwarz-gelben Horizont zu erkennen.
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Den Abwehrchef plagten schon bei der EM Knieprobleme, beim 32-Jährigen macht die Patellasehne Sorgen - das ist nicht neu. Eigentlich müsste Hummels die Verletzung vollends auskurieren, doch da stand das Turnier mit der Nationalmannschaft im Wege. Ob er bis zum Saisonstart wirklich fit ist - fraglich.
BVB trainiert fast ohne Defensive
Auf der Position des rechten Verteidigers ist nach der Verletzung von Morey eigentlich nur noch Thomas Meunier geblieben. Felix Passlack ist eine Alternative, der 23-Jährige blieb den Beweis für seine Bundesligatauglichkeit über einen längeren Zeitraum bislang aber schuldig. Er soll als Backup agieren.
Auch der Belgier Meunier ist unterdessen noch im Urlaub, was bedeutet, dass Rose gerade fast ohne Defensive trainiert. Bei der allgemeinen Unsicherheit rund um das Lazarett ist nur eines klar: Eine ideale Vorbereitung sieht anders aus.
Aus der Problemzone Innenverteidigung ist ein Problem Defensive geworden. Denn Rose kann wohl bis zum Saisonstart kaum Abläufe trainieren, die seine zukünftigen Stammspieler verinnerlichen sollten. Beim BVB ist das ein besonders schwerwiegender Faktor, denn in den letzten Jahren war es immer wieder die Defensive, die der offensiv in Teilen brillanten Mannschaft selbst im Weg stand.
Bei der aktuellen Situation scheint es alternativlos, dass die Dortmunder noch einmal auf dem Transfermarkt aktiv werden. Vor allem wegen des Systems Rose.
System Rose beruht auf defensiver Flexibilität
„Wir wollen flexibel zu sein“, war einer der ersten Sätze, die der neue BVB-Trainer bei seiner Vorstellung in Dortmund vor drei Wochen sagte. Flexibilität - vor allem in der Defensive - ist der Grundsatz des Systems Rose: „Wir wollen Dreierkette, Viererkette und Raute spielen können. Auch das 4 - 3 - 3 und 4 - 3 - 2 - 1, was Edin (Terzic) gespielt hat, ist sehr interessant.“ In Gladbach hat Rose teilweise während des Spiels von Vierer- auf Dreierkette umgestellt. Das will er auch in Dortmund machen.
Am wenigsten Probleme hat der 44-Jährige damit noch auf der linken Seite, auf der Raphael Guerreiro und Nico Schulz fit sind. Letzterer spielte zuletzt aber kaum mehr eine Rolle und wird den Verein womöglich noch verlassen. Dann bräuchte der BVB mehr als nur einen Neuzugang in der Defensive.
Gesucht wird definitiv noch mindestens ein Innenverteidiger, der aber auch als Sechser oder Außenverteidiger eingesetzt werden. Einer des Kalibers Emre Can, der für Rose sehr wichtig werden könnte.
Was ist dran an Gerüchten um Halstenberg und St. Juste?
Gerüchte gibt es rund um Dortmund um Marcel Halstenberg. Der neunmalige Nationalspieler spielt bei RB Leipzig zur meisten Zeit als Linksverteidiger, kann aber auch in die Mitte rücken.
Tatsächlich hat sich der BVB bei den Roten Bullen bezüglich eines solchen Deals erkundigt. Rose telefonierte nach SPORT1-Informationen auch mit dem Leipziger. Viel mehr war dann aber nicht. Das Gesamtpaket scheint zu groß zu sein - ein Angebot gab es nie.
Ähnlich sieht es beim Mainzer Jeremiah St. Juste aus, der über genau die Flexibilität verfügt, die Rose so schätzt. Der Niederländer kann als Rechtsverteidiger, Innenverteidiger und Sechser spielen. Klingt nach einem idealen Transfer in der aktuellen Situation.
Trotzdem gibt es rund um St. Juste keine Aktionen seitens der Dortmunder. SPORT1 weiß, dass bei den 05ern kein Angebot einging. Konkret ist das Interesse des BVB noch nicht.
Den Schwarz-Gelben läuft allerdings die Zeit davon. Jede weitere Trainingseinheit ohne die zukünftigen Stammkräfte in der Defensive ist für Rose verlorene Zeit. Und mit der aktuellen Situation in die Saison zu gehen - das erscheint mehr als nur gefährlich. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)