Einen Tag nach dem angeblichen Rassismus-Skandal beim Spiel zwischen Union Berlin und Bayer Leverkusen (1:0) haben sich die Gemüter wieder etwas beruhigt.
Rassismus-Vorwurf gegen Union
Die Werkself teilte via Twitter mit, dass der betreffende Union-Spieler noch im Stadion bei Amiri um Entschuldigung gebeten habe.
"Er ist zu mir in die Kabine gekommen. Es sind aus den Emotionen heraus unschöne Worte gefallen, die ihm sehr leid tun. Er hat mir das glaubwürdig versichert, deswegen ist die Sache für mich erledigt", wurde Nadien Amiri zitiert.
Ruhnert weist Vorwürfe zurück
Amiri war am Freitagabend im Mittelpunkt des Eklats gestanden. Oder war es gar kein Eklat?
Unions Geschäftsführer Oliver Ruhnert weist Vorwürfe zurück, wonach ein Spieler der Köpenicker Amiri rassistisch beleidigt haben soll. Ruhnert betonte, das die Aussage eines Spielers wohl etwas "überinterpretiert" worden sei und man "nicht wirklich von einer Thematik, die ich heute gelesen habe, von irgend einem Skandal rassistischer Art" ausgehen könne.
Was aber war geschehen? Die Partie war gerade abgepfiffen, da kam es zwischen den Spielern auf dem Platz zu Rangeleien.
"Was ich sehr bitter finde, ist die Situation, die mit Nadiem Amiri vorgekommen ist, wo seine Herkunft, dort wo seine Eltern herkommen, beleidigt wurde. Das finde ich sehr, sehr schade, das gehört nicht auf den Fußballplatz", sagte Bayer-Innenverteidiger Jonathan Tah nach der Partie bei DAZN.
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Auf Nachfrage des Reporter wurde der deutsche Nationalspieler konkreter: "Es gab irgendwie Diskussionen und dann ist der Begriff 'scheiß Afghane' gefallen." Tah verurteilte die Aktion und forderte Konsequenzen. "Da ist es auch egal, wie das Spiel ausgeht. So etwas gehört hier nicht hin. Das war das Bitterste des Abends", fügte er hinzu.
Union-Trainer Fischer: "In Ruhe klären"
In der Übertragung der Szenen nach dem Spiel ist zu sehen, wie Amiri erbost mit einigen Union-Spielern diskutiert. Am heftigsten gestikulierte der deutsche Nationalspieler, dessen Eltern in den 80er-Jahren aus Afghanistan nach Deutschland geflohen waren, in Richtung Florian Hübner.
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Unions Trainer Urs Fischer versuchte daraufhin seinerseits, auf Amiri einzuwirken. Wer die von Tah genannten Worte jedoch fallen ließ, war zunächst nicht klar. "Ich habe nichts mitbekommen", sagte Fischer später. Er habe vom Hörensagen mitbekommen, "dass da Worte gefallen sind, die auf dem Fußballplatz nichts zu suchen haben. Es soll auf beiden Seiten was gesagt worden sein. Ich möchte das in Ruhe klären."
Sein Leverkusener Pendant Peter Bosz sagte auf der Pressekonferenz nach der Partie: "Ich habe nachher noch mit Nadiem Amiri gesprochen. Ich wusste es am Anfang nicht, was da alles passiert ist. Ich dachte, es hätte mit dem Schiedsrichter zu tun, aber er hat mir erklärt, dass das nicht der Fall war. So etwas darf nie auf einem Fußballplatz passieren."
Amiris Teamkollege Kerem Demirbay, der in die Tumulte involviert war, sagte anschließend: "Ich habe es mitbekommen. Ich habe Respekt vor beiden Spielern, aber mehr will ich dazu nicht sagen. Was auf dem Fußballplatz passiert, bleibt auf dem Platz. Wenn sie sich dazu äußern wollen, dann ist das ihre Entscheidung."
"Rassismus hat nichts zu suchen auf dem Fußballplatz und in der Gesellschaft. Wir entschuldigen uns dafür, wenn das so gefallen ist", äußerte Unions Pressesprecher Christian Arbeit.
Bruder Nauwid Amiri klagt Florian Hübner an: "Das Allerletzte!"
Nauwid Amiri, Nadiem Amiris Bruder und Berater, beschuldigte via Social Media jedoch konkret Hübner der fremdenfeindlichen Äußerung. "Respekt Florian Hübner!!! Zu meinem Bruder in einem Bundesliga-Spiel 'Scheiß Afghane' zu sagen und damit unsere Herkunft anzugreifen, ist das Allerletzte!", wütete Nauwid Amiri in einer Instagram-Story, die Nadiem Amiri am späten Freitagabend teilte, später wieder entfernte.
"Ihr Profis seid Vorbilder für die Jugend und dann bringst du meinen Bruder nach dem Spiel zum Weinen. Denkst du, in die Kabine zu gehen und sich entschuldigen zu wollen, reicht und damit ist alles vergessen?!!", fügte er hinzu.
Unter ein Foto, das einen Eindruck von Afghanistan vermitteln soll, schrieb Amiri: "So geht es unserem Land seit Jahrzehnten! Danke, Florian Hübner, dass du dies mit Füßen trittst. Ich mache keine große Sache draus, aber wann soll dieser Rassismus aufhören? Wann?"
An seinen Bruder gerichtet schrieb der Amateurfußballer: "Ich weiß, dass dein Kindheitstraum war, für die deutsche Nationalmannschaft auflaufen zu dürfen und du voller Stolz das Trikot trägst. Lass dich nicht von einem Alibi-Typ, der bei Union Berlin spielt, runterkriegen."
Tah berichtet von Tränen in der Kabine
Wenige Minuten vor Spielende hatte sich Amiri bei Schiedsrichter Florian Badstübner über ein vermeintliches Foul von Hübner an Leverkusens Leon Bailey in der Entstehung des Siegtreffers durch Cedric Teuchert beschwert.
Für sein Reklamieren sah Amiri die Gelbe Karte. Anschließend kam es zum Wortgefecht zwischen dem Mittelfeldspieler und Hübner.
Nachdem er den Platz verlassen hatte, soll Amiri in der Leverkusener Kabine geweint haben, wie Tah der ARD in einem Interview berichtete.