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Borussia Mönchengladbach: Max Eberl über Corona, Transfers und Uli Hoeneß

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Borussia Mönchengladbach: Max Eberl über Corona, Transfers und Uli Hoeneß

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Eberl: Pitbulls und Heiligabend-Fax

Gladbach-Manager Max Eberl spricht bei SPORT1 über die Folgen der Coronakrise und kuriose Transfergeschichten - mit Pitbulls und einem Fax an Heiligabend.
Max Eberl berichtet im Skype-Interview mit SPORT1, wie er die Zeit unter Uli Hoeneß beim FC Bayern erlebt hat. Außerdem erzählt Gladbachs Sportdirektor von seiner kuriosesten Transfergeschichte.
Laura Papendick
Gladbach-Manager Max Eberl spricht bei SPORT1 über die Folgen der Coronakrise und kuriose Transfergeschichten - mit Pitbulls und einem Fax an Heiligabend.

Die Coronakrise trifft viele Bundesligisten hart - auch Borussia Mönchengladbach. Im Gegensatz zu vielen anderen Klubs haben die Fohlen in den vergangenen Jahren aber Rücklagen gebildet und dürften jetzt einigermaßen unbeschadet durch die fußballlose Zeit kommen.

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Einer der Hauptgaranten für den Gladbacher Erfolgsweg ist Max Eberl. Der Sportdirektor, der bereits seit 2008 im Amt ist, ebnete mit vielen klugen Entscheidungen den Aufstieg der Borussia zu einem Team, das regelmäßig um die europäischen Wettbewerbe kämpft.

Im Interview mit SPORT1 erzählt Eberl von den Auswirkungen der Coronakrise, kuriosen Transfergeschichten und Ratschlägen von Uli Hoeneß.

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Max Eberl über:

... die Folgen der Coronakrise:

"Wir sind so stark davon betroffen wie alle anderen Vereine auch. Wir sind ein Verein, der hanseatisch nüchtern und sehr stabil geführt wird. Da sind wir sehr froh drum und davon profitieren wir. Natürlich ist es für uns alle sehr kompliziert: Mitarbeiter in Kurzarbeit, Menschen, die wir momentan nicht weiterbeschäftigen können - nicht entlassen, aber erst mal in Ruhe stellen. Das ist in dieser Dynamik unfassbar und unberechenbar gewesen. Wir versuchen jeden Tag, das Bestmögliche zu tun und alles vorzubereiten, Maßnahmen zu ergreifen, dass dieser Verein auch in Zukunft weiterbestehen wird. Das wird auch so sein. Wir haben keine Gefahr der Insolvenz oder dergleichen. Wir müssen natürlich auch versuchen, Millionendefizite aufzufangen. Wir hoffen in der Bundesliga alle, dass wir wieder spielen dürfen. Wir beantragen im Fußball auch überhaupt keine Sonderstellung. Oft wird gesagt, der Fußball wolle etwas anderes als andere haben. Wir wollen einfach unsere Zukunft sichern, so wie es Mitarbeiter in anderen Betrieben, der kleine Frisörladen oder Geschäfte in der Stadt, machen wollen. So wollen wir für unseren Fußball, unseren Verein und unsere Mitarbeiter da sein. Wir wollen nur versuchen, unseren Betrieb für die Zukunft wieder aufzurichten. Das ist das Einzige, was wir momentan tun. Das mit sehr viel Herzblut und nicht wissend, wann, wie und wo es wieder weitergeht. Mit dieser Aufgabe haben wir einiges zu tun."

... kuriose Transfergeschichten:

"Die Geschichte mit Dante ist ja hinreichend bekannt. Bei diesem Transfer habe ich bis Heiligabend auf ein Fax gewartet. Bei uns in der Familie ist es Tradition, dass wir mit dem Sohn in die Kirche gehen. Das Fax war aber noch nicht da. Dann habe ich meine Frau gebeten, zu Hause zu bleiben und auf das Fax zu warten, damit ich mit meinem Sohn zumindest in die Kirche gehen kann, nachdem ich die Tage vor Weihnachten kaum zu Hause war. Als ich in der Kirchenbank saß und der Gottesdienst begann, schrieb mir meine Frau, dass das Fax angekommen sei. Damit war dieser Transfer in trockenen Tüchern. An diese Geschichte erinnert man sich immer gerne, weil sie auch funktioniert hat. In einer anderen Geschichte bin ich mit Stefan Schippers (Gladbachs Geschäftsführer, Anm. d. Red) nach Lüttich gefahren, um Torhüter Logan Bailly zu verpflichten. Als wir bei ihm ins Haus kamen, streichten zwei Pitbulls um unsere Füße herum. Stefan hat ums Geld verhandelt, ich habe mich eher zurückgehalten, da ich Angst gehabt habe, dass vielleicht die Hunde reagieren. Es gibt schon ein paar besondere Geschichten, an die man sich mehr oder weniger gerne erinnert."

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... die Suche nach Talenten:

"Es hat mit dem Weg vor zehn Jahren begonnen, mit jungen Spielern wie Marko Marin, Alexander Baumjohann, dann Marco Reus, Roman Neustädter, Marc-André ter Stegen. Es gibt eine Reihe von Spielern, die bei uns groß geworden sind, die wir aus zweiten Mannschaften oder aus der zweiten Liga geholt haben, und die sehr erfolgreich wurden. Das spricht sich natürlich herum. Junge Spieler merken, dass sie bei einem Verein wie Borussia Mönchengladbach wirklich die Chance haben, sich zu entwickeln. Nachdem wir den Spieler sportlich verfolgt und ausgescoutet haben - also alle Stärken und Schwächen und das Potenzial erkannt haben - treffen wir uns mit dem Spieler und versuchen, ihn von unserem Klub zu überzeugen. Viele andere erkennen ja auch die Qualitäten von solchen Spielern. Ich glaube, dass die Schritte, diese Erfolge mit Spielern, aber auch als Verein ein großes Argument waren, dass sich die Jungs für uns entschieden haben. Neben der sportlichen Bewertung gilt eben auch die Geschichte eines Vereins, um Spieler für uns zu gewinnen. Und das ist uns in den letzten Jahren gut gelungen."

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... die Frage nach einem Titel mit der Borussia:

"Eine Frage, die Gott sei Dank mit uns in Verbindung gebracht wird. Als ich als Sportdirektor begann, war immer die Frage: Bleibt ihr in der Liga? Oder: Schafft ihr es direkt oder über die Relegation? Wenn die Realität Einzug hält, ist die Meisterschaft mit Bayern München, Borussia Dortmund und in der Neuzeit RB Leipzig eigentlich vergeben. Wir sind sehr stolz, in Tabellenregionen dabei zu sein, die spannend sind. Dass wir in der Hinrunde acht Mal Tabellenführer waren, war schon ein Ausdruck von Nachhaltigkeit. Wenn denn so ein außergewöhnliches Jahr mal passieren könnte in Deutschland, wären wir sehr gerne dabei. Aber die Realität bedeutet, dass Bayern München, Borussia Dortmund und Leipzig sehr wahrscheinlich die Mannschaften sind, die sich den Titel teilen - eher als Borussia Mönchengladbach."

... die Überzeugungsarbeit, mit der er seine Kritiker umstimmte:

"Ich wurde 2008 Sportdirektor, als wir nach dem Aufstieg wieder eine kritische Phase hatten. Nach acht Spielen hatten wir sieben verloren und nur einmal gewonnen und waren Tabellenletzter. Und Christian Ziege wollte nicht mehr Sportdirektor sein. Da hat man mich gefragt. Natürlich wurde ich beäugt, weil ich sehr jung und ein Greenhorn war in den Augen der Menschen um mich herum. Aber ich habe mich vier Jahre vorher bewusst entschieden, meine Karriere zu beenden bei einem Klub wie Borussia Mönchengladbach. Ich habe viereinhalb Jahre die Jugendakademie von Borussia Mönchengladbach leiten dürfen. Ich habe das mit viel Freude, Enthusiasmus und Spaß gemacht und durfte dort unglaublich viel Erfahrung sammeln. Dieses, ich nenne es Praktikum, hat mich besser vorbereitet auf diesen Job des Sportdirektors als einen, der vielleicht 100 Länderspiele hat, aber nie administrativ gearbeitet hat. Für mich sind das zwei Paar Schuhe, zwei unterschiedliche Jobs. Natürlich ist diese Erfahrung im Fußball unglaublich wichtig, die durfte ich zehn Jahre im Profifußball machen - nicht sonderlich erfolgreich, ich habe weder ein Länderspiel erreicht, noch eine Meisterschaft gewonnen. Aber dennoch durfte ich mich in diesem Gebiet bewegen und habe dort praktisch sehr viel gelernt, dazu dann auch die Praxis in der Administration vier Jahre lang lernen dürfen. Dementsprechend habe ich gesagt: Lass die anderen dich unterschätzen. Es ist etwas leichter, als Underdog zu arbeiten, als wenn die Erwartungen an dich zu groß sind. Ich habe diese Aufgabe aus dieser Underdog-Rolle mit sehr viel Herzblut angenommen."

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... die Entlassung von Dieter Hecking: 

"Es war eine Entscheidung, mit der ich mich sehr lange beschäftigt habe, mit der ich sehr lang schwanger war. Zu dem Zeitpunkt, als wir diese Entscheidung getroffen haben, war ich allerdings auch zu 100 Prozent von ihr überzeugt. Sonst hätte ich diesen markanten und eklatanten Schritt nicht gewählt. Trotzdem war es in dieser ganzen Geschichte für mich wichtig, offen, ehrlich und transparent zu bleiben, Dieter Hecking und auch der Öffentlichkeit gegenüber. Ich wollte kein Versteckspiel haben, wollte nicht lügen müssen, obwohl Marco Rose bereits als Nachfolger feststand. Deshalb haben wir uns für den offenen, geraden Weg entschieden. Es war eine Entscheidung, die an mir sehr genagt hat. Sie war emotional für mich sehr kompliziert. In der Retrospektive ist es so, dass ich zum einen mit Rose und seinem Trainerstab einen großartigen Trainer gefunden habe, der wirklich top zu Borussia Mönchengladbach passt, und mit Dieter meine Freundschaft erhalten habe. Das ist eine Sache, die mir sehr viel bedeutet. Von daher haben wir doch einiges richtig gemacht."

... die Stärken von Marco Rose:

"Er hat mich mit seiner Tätigkeit, die er über Jahre hinweg in Salzburg ausgeübt hat, überzeugt. Er trainierte zwei Jahre die U19 und gewann mit dieser auch die UEFA Youth League. Danach leitete er zwei Jahre lang die erste Mannschaft mit unglaublichem Erfolg und unglaublicher Akribie. Er war mit diesem Verein extrem erfolgreich, stand im Halbfinale der Europa League, gewann die Österreichische Meisterschaft, den Pokal. Dazu kam die Art, die ich in den Gesprächen mit ihm kennenlernen durfte: Wie er mir gegenüber gesessen hat, wie er mit mir gesprochen hat, für was er steht. Das habe ich alles nicht nur im Gespräch festgestellt, sondern das haben wir vorher auch auf dem Platz genau so gesehen. Ich bin ein Mensch, der Authentizität mag, bei mir, aber auch bei meinen Mitstreitern. Das hat mich einfach total überzeugt und in den Bann gezogen. Deswegen hatte ich das Gefühl: Das ist der richtige nächste Trainer für Borussia Mönchengladbach, das ist der nächste Trainer, mit dem wir unserer sehr erfolgreichen Zeit, die wir mit Dieter Hecking, Lucien Favre oder André Schubert hatten, einen weiteren Schritt hinzufügen können. Deswegen habe ich diese gravierende Entscheidung gefällt."

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... seine Verbindung zu Uli Hoeneß:

"Uli Hoeneß ist für mich sowohl Vorbild als auch Mentor. Ich habe 1980 angefangen, in der Jugend des FC Bayern München zu spielen. Bei den Bayern durfte ich meine ganze Jugend verbringen. Ich konnte natürlich auch verfolgen, wie Uli Hoeneß diesen Verein, der wie andere Vereine auch mit seinen Möglichkeiten arbeiten musste und heute noch tut, großgemacht hat. Mit Ideen, mit Kreativität. Er hat damals das erste Internat bauen lassen, er hat mit Hansi Pflügler, mit dem ich damals bei den Amateuren zusammengespielt habe, die Merchandising-Abteilung ins Leben gerufen. Dort musste ich damals mit Didi Hamann im Sommer auch Pakete packen, das ist auch nicht immer nur spaßig gewesen. Man hat gesehen, wie dieser Klub gewachsen ist. Ich bin dann nach Bochum gewechselt, habe mich schwerer verletzt und in München meine Reha gemacht. Uli Hoeneß kam auf den Hof gefahren, zig Fans und Journalisten haben ihn dort umkreist. Doch als erstes ist er zu mir auf den Platz gekommen und hat gefragt, wie es mir gehe und ob er mir helfen könne. Dieses Erlebnis habe ich nie vergessen. Ich werde es auch nie vergessen, weil es ein Zeichen von Größe und Menschlichkeit ist. Deshalb ist er für mich Vorbild und Mentor. Ein Mentor deshalb, weil ich, als ich meine Sportdirektor-Tätigkeit begann und Anfeindungen kamen, mir natürlich Rat von ihm geholt habe. Ich habe ihn gefragt: Wie gehe ich damit um? Soll ich reagieren oder einfach meine Arbeit machen? Da war er für mich ein sehr netter, großer Ansprechpartner, der mir auch wirklich geholfen hat. Dementsprechend kann ich von Uli Hoeneß nur in höchsten Tönen sprechen. Wenn ich Rat bräuchte, würde ich versuchen, mich an ihn zu wenden. Ich glaube auch, dass Uli den Telefonhörer abheben und mir helfen würde. Nicht bei Spielern, da konkurrieren wir miteinander, auch wenn wir in verschiedenen Regalen fischen. Wenn ich Ratschläge bräuchte, egal ob im Sport oder privat, könnte ich ihn anrufen."

... eine eventuelle Rückkehr nach München:

"Durch meine Tätigkeit habe ich es mir erlauben können, mir am Tegernsee eine Immobilie zu holen. Ich werde auf jeden Fall irgendwann in den Süden zurückkehren. Aber der FC Bayern hat sich mit Oliver Kahn, Herbert Hainer und Hasan Salihamidzic sehr gut aufgestellt. Von daher gibt es gar keinen Bedarf. Ich bin in Gladbach sehr glücklich und versuche, meine Arbeit so gut es geht zu erledigen. Die Immobilie ist da, ich werde auf jeden Fall irgendwann in den Süden gehen, aber das erst mal nur privat."