Hammer in Berlin: Jürgen Klinsmann beendet nach nur 76 Tagen seine Trainertätigkeit bei Hertha BSC.
Klinsmann-Aus: Hertha im "Chaos"
Nach "langer Überlegung" sei der 55-Jährige zu der Überzeugung gekommen, von seinem Amt beim Bundesligisten zurückzutreten. Dies verkündete er auf seinem Facebook-Account.
Der Coach begründete seine Entscheidung mit fehlender Rückendeckung. "Als Cheftrainer benötige ich allerdings für diese Aufgabe, die noch nicht erledigt ist, auch das Vertrauen der handelnden Personen. Gerade im Abstiegskampf sind Einheit, Zusammenhalt und Konzentration auf das Wesentliche die wichtigsten Elemente. Sind die nicht garantiert, kann ich mein Potenzial als Trainer nicht ausschöpfen und kann meiner Verantwortung somit auch nicht gerecht werden", schrieb Klinsmann.
"Deshalb bin ich nach langer Überlegung zum Schluss gekommen, mein Amt als Cheftrainer der Hertha zur Verfügung zu stellen und mich wieder auf meine ursprüngliche langfristig angelegte Aufgabe als Aufsichtsratsmitglied zurückzuziehen."
Preetz: "Es gab keinerlei Anzeichen"
Der Verein wurde von Klinsmanns Entschluss offenbar kalt erwischt. "Wir sind von dieser Entwicklung am Morgen überrascht worden", sagte Sportgeschäftsführer Michael Preetz. "Insbesondere nach der vertrauensvollen Zusammenarbeit hinsichtlich der Personalentscheidungen in der für Hertha BSC intensiven Wintertransferperiode gab es dafür keinerlei Anzeichen. Über die weiteren Entwicklungen werden wir zu gegebener Zeit informieren."
Investor Lars Windhorst war von Klinsmann offenbar deutlich früher ins Bild gesetzt worden: "Ich habe gestern von der Entscheidung erfahren", zitierte die Bild Herthas Geldgeber. "Ich bedauere diesen Schritt von Jürgen Klinsmann sehr.“
Erst am Montag hatte sich der ehemalige Bundestrainer beim vom Club organisierten Facebook Livechat mit Berliner Fans noch entspannt gegeben.
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"Am Dienstag kommen die Jungs frisch zurück aufs Gelände, und dann legen wir den vollen Fokus auf den SC Paderborn", sagte Klinsmann da. "Die nächsten Spiele werden nicht einfach, aber wir sind insgesamt auf dem richtigen Weg und guter Dinge, dass wir noch mehr Punkte einfahren werden. Wir stehen sechs Zähler vor dem Relegationsplatz und wollen uns Woche für Woche mehr Luft nach unten verschaffen."
Das muss nun ohne den Welt- und Europameister in vorderster Linie geschehen. Am Dienstagvormittag leiteten Nouri und Markus Feldhoff gemeinsam mit Fitnesscoach Werner Leuthard das Training der Profis. Der Klub bestätigte in der Folge diese Interimslösung.
Grujic und Co. waren überrascht
Der Rücktritt hat auch die Mannschaft unvorbereitet getroffen. "Wir waren alle verwundert", sagte Mittelfeldspieler Marko Grujic nach dem Training am Dienstag.
Nach zwei trainingsfreien Tagen waren die Spieler am Dienstagmorgen laut Grujic in den Besprechungsraum gebeten worden. Man sei davon ausgegangen, die Niederlage gegen den FSV Mainz 05 (1:3) zu analysieren. Stattdessen informierte Klinsmann das Team über den überraschenden Schritt.
"Er sagte, dass er nicht länger der Trainer sein wird", berichtete der Serbe. Zu den Hintergründen nahm Klinsmann demnach nicht Stellung: "Er sagte, dass es für ihn eine tolle Aufgabe war und dass er diese Entscheidung treffen musste." Außenstürmer Javairo Dilrosun erklärte der Bild, jetzt herrsche "Chaos im Klub".
Klinsmann mit mäßiger Bilanz
Klinsmann hatte das Amt erst Ende November von Ante Covic übernommen, nachdem dieser mit dem Klub in den Tabellenkeller gerutscht war. In neun Bundesliga-Spielen holte er zwölf Zähler. Im DFB-Pokal unterlagen die Berliner im Achtelfinale in der vergangenen Woche bei Schalke 04 mit 2:3 nach Verlängerung.