Niko Kovacs vielleicht größtem Coup als Trainer des FC Bayern folgte der große Kater auf dem Fuß. Und dieser hat nicht nur mit dem Besuch auf der Wiesn am Sonntag zu tun.
Das Fragezeichen Kovac
Vier Tage nach dem historischen 7:2-Sieg bei Tottenham Hotspur kassierte der deutsche Rekordmeister völlig überraschend eine 1:2-Heimpleite gegen die schwächelnde TSG Hoffenheim. Es war eine Woche, die ein wenig sinnbildlich für Kovacs Amtszeit bei den Bayern steht.
Kovac überrascht mit Aussagen
Auf der einen Seite stand da ein sportlicher Meilenstein, ein Kantersieg in der Champions League, ein Signal, dass mit den Bayern international zu rechnen ist. Auf der anderen war da der nächste schwache Bundesliga-Auftritt und noch schwerwiegender: die nächsten unglücklichen Aussagen von Kovac.
Seine Mannschaft sei noch nicht so weit, "drei oder vier Spiele am Stück zu liefern", meinte der Kroate. Er sprach davon, dass sein Team nach dem Ausgleich vielleicht auch einmal mit einem Punkt zufrieden sein müsse und nicht voll auf den Sieg gehen dürfe.
Aussagen, die ehrlich gemeint waren und daher durchaus bemerkenswert sind. Die sympathisch sind. Aber eben auch Aussagen, die so gar nicht zum stolzen Rekordmeister passen, nicht zum Leitspruch "Mia san Mia".
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Den Vorwurf, dass Kovac nicht das Format eines Bayern-Trainers habe, muss er sich praktisch seit Amtsantritt anhören. Mit dem Sieg in London schienen diese kritischen Stimmen leiser zu werden.
Ärger um Müller und Martínez
Vorstands-Boss Karl-Heinz Rummenigge hatte davon gesprochen, dass der Klub "etwas Geschichte geschrieben" habe, wofür er "dem Trainerteam, mit Niko an der Spitze, einen herzlichen Glückwunsch" aussprach. In der Vorsaison hatte Rummenigge ein Bekenntnis zu Kovac immer vermieden, er gilt nicht gerade als sein größter Fan.
Wenige Tage später holte den Coach nun das größte Problem ein, das er in seinem Job hat. Es gelingt ihm derzeit nicht so richtig, seinen Kader zu moderieren, seine Spieler bei Laune zu halten. Bei der Partie gegen Hoffenheim verscherzte er es sich nun mit seinem Co-Kapitän Thomas Müller.
"Wenn Not am Mann sein sollte, wird er mit Sicherheit auch seine Minuten bekommen", hatte Kovac lapidar gesagt. Worte, deren Wirkung weitreichend sein können, was er wohl sofort ahnte. Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel bat er die Journalisten, "jetzt nicht irgendwas daraus (zu) zaubern".
"Es ist unglücklich gewesen, was Kovac gesagt hat", kommentierte Ex-Bayern-Profi Torsten Frings im CHECK24 Doppelpass auf SPORT1. "Ich glaube nicht, dass er es böse gemeint hat. Für so einen Spieler wie Müller ist es aber ganz schön bitter."
Gleiches gilt für Javi Martínez. Den Triple-Helden von 2013 hatte vor der Partie seine Enttäuschung übermannt, dass er erneut nicht in der Startformation stand. Co-Trainer Hansi Flick musste den Spanier trösten.
Beckmann sieht Gefahr bei Martínez
Der Gefühlsausbruch von Martínez sollte ein Alarmsignal sein, denn der Defensivmann ist ein anerkannter Teamplayer.
Diese Meinung vertritt auch Reinhold Beckmann: "Er ist keiner, der meckert, und hat eine große Solidarität gegenüber den Bayern", erklärte er im CHECK24 Doppelpass. "Aber man muss aufpassen, solche Spieler nicht zu verlieren. Das scheint die größte Aufgabe von Kovac zu sein, nämlich alle abzuholen."
Bei Philippe Coutinho ist es Kovac gelungen. Der Brasilianer war sofort gut ins Team integriert, für ihn baute der Coach sogar sein System um. Auch andere Spieler wie Thiago, Ivan Perisic und Benjamin Pavard hat Kovac hinter sich.
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Es ist eher sein Problem, enttäuschte Reservisten bei Laune zu halten. Genau das zeichnet große Trainer wie Jürgen Klopp aus. "Der macht den ganzen Kader heiß und gibt jedem das Gefühl, wichtig zu sein", meint Frings.
Kovac will an der Säbener Straße endlich als starker Mann wahrgenommen werden, was ihm nie richtig vergönnt war. Daher wurde ihm extra ein kleiner Kader ohne vermeintliche Störenfriede zusammengestellt.
Hat Kovac das Format für den FC Bayern?
Eine Klub-Ikone wie Müller als Notnagel abzustempeln und bei Martínez einen derartigen Gefühlsausbruch auszulösen sind allerdings Dinge, die nicht so einfach zu reparieren sind.
Martínez äußerte sich zu seinen Emotionen nicht und auch Müller hatte "nothing to say", wie es ihm entfuhr.
Für den Bayern-Trainer geht es nun darum, sein Starensemble wieder zu einer Einheit zu formen und zu zeigen, dass er nachhaltig das Format für den FC Bayern hat.