Gnade für den Klub-Patron: Clemens Tönnies vom FC Schalke 04 ist trotz seiner diskriminierenden Äußerungen am vergangenen Donnerstag um einen Vereinsausschluss herumgekommen.
Kein Aus! Tönnies lässt Amt ruhen
Der fünfköpfige Ehrenrat beschloss am Dienstag nach einer mehrstündigen Sitzung, dass der "erhobene Vorwurf des Rassismus" gegen den 63 Jahre alten Aufsichtsratsvorsitzenden "unbegründet" sei.
Der Verein teilte gleichzeitig mit, dass sich Tönnies entschieden habe, sein Amt als Mitglied des Aufsichtsrats und dessen Vorsitz für einen Zeitraum von drei Monaten ruhen zu lassen.
Anschließend wolle er seine Tätigkeit im Aufsichtsrat aber wieder aufnehmen.
Ehrenrat: Diskriminierung - aber kein Rassismus
In einer mehrstündigen Sitzung hatte sich Tönnies am Dienstag vor dem Ehrenrat erklären müssen.
In einer Mitteilung, die Schalke um 23.08 Uhr verbreitete, warf der Ehrenrat Tönnies vor, "gegen das in der Vereinssatzung und im Leitbild verankerte Diskriminierungsverbot verstoßen zu haben".
Weiter heißt es: "Clemens Tönnies hat diese - insbesondere den Vorsitzenden des Aufsichtsrats treffende - Pflicht verletzt. Den Verstoß hat er in der Sitzung vom Dienstag eingeräumt und ein weiteres Mal sein Bedauern zum Ausdruck gebracht."
Rassistische Entgleisung von Tönnies
Der Unternehmer hatte sich am Donnerstag vergangener Woche bei der Festveranstaltung zum "Tag des Handwerks" in Paderborn in seiner Rede zum Thema "Unternehmertum mit Verantwortung - Wege in die Zukunft der Lebensmittelerzeugung" eine rassistische Entgleisung geleistet.
Der Klub-Chef empfahl dabei die Finanzierung von Kraftwerken in Afrika und sagte: "Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren."
Es folgte vergangenen Freitag eine öffentliche Entschuldigung von Tönnies, dennoch gab es harsche Kritik an dem milliardenschweren Konzern-Chef, der sich explizit nicht bei der von ihm beleidigten Personengruppe entschuldigt hatte.
Der Aufschrei der Entrüstung nach der Entgleisung von Tönnies, der in seiner westfälischen Heimat Rheda-Wiedenbrück ein Imperium mit 16.500 Mitarbeitern leitet und dessen Privatvermögen von Forbes auf rund 2,2 Milliarden Euro taxiert wird, war riesengroß.
Kritik vom DFB-Integrationsbeauftragten Cacau
Auch beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) herrschte Fassungslosigkeit. "Mich haben die verächtlichen Worte schockiert, und je länger ich darüber nachdenke, desto unvorstellbarer wird es, dass ein Mann seiner Position und Erfahrung so generalisierend und abfällig über die Bevölkerung eines ganzen Kontinents spricht", hatte der DFB-Integrationsbeauftragte Cacau mitgeteilt.
Aufgrund der "besonderen Verantwortung" sollten sich Fußballer und Funktionäre nach Ansicht des Ex-Nationalspielers vielmehr "gegen Rassismus authentisch und mit aller Kraft einsetzen und nicht an einer Spaltung mitwirken, die ohnehin in unserer Gesellschaft spürbar ist".
Tönnies hatte dem am 3. Juni 2012 verabschiedeten Schalker Leitbild widersprochen, in dem es bei Punkt 8 heißt: "Von uns Schalkern geht keine Diskriminierung oder Gewalt aus. Wir zeigen Rassismus die Rote Karte und setzen uns aktiv für Toleranz und Fairness ein."
Asamoah bestürzt
Auch deshalb hatte der ehemalige Schalker Bundesliga-Profi Gerald Asamoah, noch immer in verschiedenen Funktionen für den Verein tätig, mit großer Bestürzung reagiert.
Er sei "etwas sprachlos", schrieb der 43-malige Nationalspieler bei Instagram: "Ich arbeite schon lange mit Clemens Tönnies zusammen, und wir sind auch schon lange eng befreundet. Mir gegenüber hat er sich nie rassistisch verhalten. Seine Äußerung hat mich sehr überrascht, geschockt und auch verletzt."
Deal mit Putin, Nachtreten gegen Heidel
Der Fleisch-Großfabrikant war seit Jahren der Big Boss auf Schalke, er war es, der mit seinen persönlichen Kontakten zum russischen Präsidenten Wladimir Putin den Trikotsponsorvertrag mit Gazprom einfädelte.
Und auch ansonsten steht er dem Traditionsverein mit Rat und Tat vor. Hartnäckig hält sich das Gerücht, dass Tönnies auch schon mal Geld aus der Privatschatulle seinem nicht immer finanziell auf Rosen gebetteten Leib- und Magenklub zur Verfügung gestellt haben soll.
Tönnies gilt als knallharter Geschäftsmann, der allerdings im Business Fußball-Bundesliga - so der Vorwurf - häufig zu spät eingegriffen hat.
Ex-Sportvorstand Christian Heidel wurde vom allmächtigen Schalke-Chef nachträglich heftig gescholten. "Zuallererst hat der Hauptverantwortliche den Kittel an den Nagel gehängt und gesagt: Er will uns nicht länger im Weg stehen. Das habe ich in der Situation nicht verstanden. Ich würde Schalke nie im Stich lassen", donnerte Tönnies mit dem ihm eigenen Selbstverständnis.
Am Dienstag kam er mit einem blauen Auge davon.