Als Felix Magath noch 55 Jahre alt war, verzückte er mit Ausnahme des FC Bayern die ganze Bundesliga mit seinem vielleicht größten Erfolg. Zumindest war es der spektakulärste.
Greift Magath mit 66 nochmal an?
Mit Wolfsburg gewann Magath vor zehn Jahren als Trainer und Manager den deutschen Meistertitel, unter anderem durch ein 5:1 gegen seinen vorherigen Verein aus München, den der damalige VfL-Stürmer Grafite mit seinem Solo samt Hackentor größtmöglich düpierte. Das Titeljubiläum haben sie in Wolfsburg im Mai gefeiert, und wie Grafite war natürlich auch Magath gekommen, um mit seiner früheren Mannschaft an den Überraschungscoup zu erinnern.
Auch an diesem Freitag werden sie beim VfL an ihren ehemaligen Meistertrainer erinnern, wenn Magath 66 Jahre alt wird. Genau genommen erinnern sie sich in Wolfsburg ohnehin ständig an ihn, völlig unabhängig von Geburtstagen oder Jubiläen. Den sogenannten "Mount Magath", jenen "Hügel der Leiden", den der Trainer in seiner Amtszeit von 2007 bis 2009 fürs Konditionstraining aufschütten ließ, gibt es ja noch immer auf dem Trainingsgelände.
Mount Magath? Nicht mit Glasner
So langsam ergeht es der Hinterlassenschaft und Kultstätte vom größten Erfolg der Vereinsgeschichte allerdings wie ihrem Urheber. Für manche wirken beide inzwischen ein bisschen aus der Zeit gefallen. Der neue Fußballlehrer der Wölfe, Oliver Glasner, 44, will jedenfalls davon absehen, seine Spieler auf die Anhöhe zu scheuchen.
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"Ich sehe die Notwendigkeit nicht. Ich glaube nicht, dass wir dann erfolgreicher sind", sagte der Österreicher zuletzt. "Wir machen so gut wie alles mit dem Ball", ließ Glasner zudem wissen, ehe er witzelnd hinterherschob, benötigen könne er den "Mount Magath" aber "vielleicht schon: für mich selbst".
Doch Magaths Methoden, die ihm schon auf seiner ersten Station als Spielertrainer beim damaligen Verbandsligisten FC Bremerhaven 1992 seinen prägenden Spitznamen "Quälix" einbrachten, hält Glasner offenbar nicht für zielführend. Selbstredend im Gegensatz zu Magath, der auch Medizinbälle gerne in seine Einheiten einbaute.
"Dass ich immer nur auf Konditionsarbeit und das Quälix-Image reduziert werde, ist natürlich Unsinn", sagte er zuletzt. Es sei nie darum gegangen, die Spieler nur fit zu machen, sondern besser und weniger verletzungsanfällig. Doch den Ruf des Schleifers wird Magath nicht mehr los, auch wegen eines legendären Spruchs des früheren Frankfurter Stürmers Jan Aage Fjörtoft, der im Jahr 2000 nach dem gemeinsamen Klassenerhalt befand: "Ob Felix Magath die Titanic gerettet hätte, weiß ich nicht. Aber die Überlebenden wären topfit gewesen."
Zweimal Double-Sieger in München
Der in Aschaffenburg geborene Magath setzte auch wegen seiner Erfahrungen aus seiner Zeit als Profifußballer auf hartes Training. Als Spieler unter Branko Zebec und Ernst Happel hatte sich das für ihn ausgezahlt. Unter anderem wurde er mit dem Hamburger SV dreimal deutscher Meister, zudem Europapokalsieger der Landesmeister 1983 und mit der deutschen Nationalmannschaft Europameister 1980.
Erfolg hatte auch der Trainer Magath, nicht nur in Wolfsburg, sondern allen voran auch beim FC Bayern, mit dem er 2005 und 2006 jeweils die Titel in Meisterschaft und Pokal gewann. Das Double zwei Mal hintereinander mit demselben Klub zu holen, ist bis heute ein Alleinstellungsmerkmal von Magath geblieben.
Hinterhergerufen hatte ihm der damalige Manager Uli Hoeneß allerdings auch: "Er muss sich schon mal die Frage stellen, wenn er irgendwo ist, obwohl da Erfolg ist, warum anschließend eine Party unter den Spielern gefeiert wird, wenn er weg ist." Magath hielt dagegen: "Ich habe gezeigt, dass ich mit meinen Werten und meiner Arbeitsweise überall in der Bundesliga zu Hause und sehr erfolgreich bin."
Wehklagen gab es vielerorts. Wie schon bei Eintracht Frankfurt, als Angreifer Bachirou Salou 2000 als Leihspieler zu Hansa Rostock flüchtete, weil er sich durch die vielen Laufeinheiten von Magath "gedemütigt" fühlte und diesen als "letzten Diktator Europas" bezeichnete.
Farfán: Magaths Methoden "fragwürdig"
Oder wie beim FC Schalke, zu dem Magath nach seiner Wolfsburger Zeit überlief. Offensivspieler Jefferson Farfán sagte damals: "Seine militärischen Methoden sind unschön. Sie sind menschlich fragwürdig." Die Zeitungen bezeichneten Magath zudem als "Ramschkönig", weil er auf dem Transfermarkt sehr umtriebig agierte. Wie auch in seiner zweiten Wolfsburger Amtszeit (2011 bis 2012), in der er in anderthalb Jahren 27 Profis für 67 Millionen Euro verpflichtete.
Zu seinem 60. Geburtstag liebäugelte Magath schon mit einem Abschied aus dem Fußballgeschäft, doch seine bisher letzte seiner insgesamt 13 Trainerstationen, Shandong Luneng Taishan in China, verließ er erst im Dezember 2017. Und zuletzt brachte er sich wieder verstärkt ins Gespräch.
"Ich gehöre zwar zu den alten Modellen der Liga, sehe mich aber jederzeit in der Lage, einem Verein in Not zu helfen", sagte er unter anderem. Oder an anderer Stelle: "Wenn sich ein Verein sportlich weiterentwickeln will, auch ehrgeizige Ziele definiert, sehe ich mich in der Lage, in vielen Bereichen zu helfen."
Allerdings wolle er "das, was ich verantworten soll und muss, auch entscheiden dürfen". Also anders als viele Trainer der aktuellen Generation, die keinen Einfluss auf die Kadergestaltung nehmen dürften, aber bei Misserfolg als Erste verantwortlich gemacht würden.
Auch nach seinem besonderen Geburtstag, das hat Magath deutlich gemacht, will er noch nicht an einen endgültigen Abschied aus dem Fußballgeschäft denken. Vielleicht fängt er das Trainer- oder Managerleben mit 66 Jahren ja nochmal an.