Die deutsche Nationalmannschaft befindet sich im Umbruch. Und Marcel Halstenberg ist mittendrin.
Halstenberg: Mit RB Titel holen
Gegen Serbien lief der Linksverteidiger zum zweiten Mal in seiner Karriere mit dem Adler auf der Brust auf. Während das nächste Länderspiel erst im Juni ansteht, geht die Bundesliga schon jetzt in die heiße Phase.
Für Halstenberg und seinen Klub RB Leipzig geht es jetzt mit der Partie gegen Hertha BSC (Bundesliga: RB Leipzig - Hertha BSC ab 18:30 Uhr im LIVETICKER) in die Schlussphase der diesjährigen Bundesliga-Saison.
Im SPORT1-Interview spricht er über seine Erfahrungen bei der Nationalmannschaft, seine Verletzung und über seine Ziele mit RB.
SPORT1: Sie sind von der Nationalmannschaft zurück, wieder im Trainingsalltag. Gegen Serbien durften Sie 90 Minuten ran gegen die Niederlande saßen Sie auf der Bank. Wie fällt das persönliches Fazit der Länderspielreise aus?
Marcel Halstenberg: Ich denke, beim ersten Spiel war es natürlich schön wieder auf dem Platz stehen zu dürfen. Und dann noch 90 Minuten. Es hat auf jeden Fall Spaß gemacht: Klar mit dem 1:1 waren wir nicht zufrieden, wir wollten natürlich gewinnen, auch wenn es nur ein Freundschaftsspiel war. Aber wir haben die Woche mit einem Sieg gegen die Niederlande beendet, da kann man dann schon stolz drauf sein.
SPORT1: Es scheint ja auch so, dass der Bundestrainer Sie nicht vergessen hat nach ihrem Debüt 2017 gegen England. Die Linksverteidiger-Position in der Nationalmannschaft ist bekanntlich seit längerem vakant. Wie sehen Sie ihre Chancen?
Halstenberg: Ich denke, dass auch Nico Schulz ein guter Spieler für diese Position ist. Er hat ein Tor gemacht und eine Vorlage gegeben, war eigentlich der Mann des Spiels. Von daher sehe ich in ihm einen sehr guten Konkurrenten. Jetzt nach der Verletzung wieder eingeladen zu werden, war auf jeden Fall ein sehr schönes Zeichen und ich will in den nächsten Wochen und Monaten zeigen, dass ich auch der Richtige für diese Position sein kann.
SPORT1: Was spricht denn für Sie?
Halstenberg: Ich bringe vieles mit: Schnelligkeit, einen sehr guten linken Fuß, der Rechte ist auch nicht so schlecht. Dazu ein gutes Kopfball- sowie Aufbauspiel und ein gutes Auge.
SPORT1: Leipzig hat derzeit die beste Defensive der Liga. Was ist der Schlüssel?
Halstenberg: Ich denke, dass man da nicht nur die Abwehr in den Vordergrund stellen sollte, sondern das ganze Team. Wenn die Stürmer nicht so gut anlaufen, haben wir und das Mittelfeld natürlich auch mehr Probleme. Im Moment machen sie das ganz gut vorne und von daher ist es für uns in der Abwehr auch einfacher. Auch bei den Standards hauen wir uns als ganze Mannschaft gut rein, um das Tor sauber zu halten. Mit einem Torwart, der auch mal ein oder zwei unmögliche Bälle hält, stehen wir da ganz gut.
SPORT1: Dementsprechend kann das Ziel nur Champions League lauten, oder?
Halstenberg: Ja natürlich. Gerade in so einem Wettbewerb, wo die besten Mannschaften Europas spielen, will man natürlich wieder dabei sein, Vollgas geben und sich mit den Besten vergleichen. Von daher wollen wir die restlichen Spiele gut angehen und punkten und nächstes Jahr in der Königsklasse spielen.
SPORT1: Wenn man noch ein bisschen weiter in die Zukunft schaut, was ist mit RB noch möglich?
Halstenberg: Ich würde schon gerne mal einen Titel gewinnen, dafür spielt man Fußball. Wir sind noch im DFB-Pokal, da ist es auch möglich, etwas zu holen. Klar wäre ein Meistertitel auch was Schönes. Aber um mit Bayern und Dortmund mithalten zu können, müssen wir noch einiges leisten.
SPORT1: Zur neuen Saison bekommen Sie mit Julian Nagelsmann einen neuen Trainer. Was erwarten Sie sich von der Zusammenarbeit mit ihm?
Halstenberg: Ich habe mir noch nicht viele Gedanken darüber gemacht, weil im Moment Ralf Rangnick unser Trainer ist. Wir haben noch das Ziel, uns für die Champions League zu qualifizieren und dann wird man nächstes Jahr sehen, was mit Julian Nagelsmann möglich ist. Ich denke, dass er ein sehr guter Trainer ist und einen neuen Input in die Mannschaft und den Verein bringen wird. Gerade was das Spielerische angeht. Da bin ich gespannt, was mich erwartet.
SPORT1: Sie haben sich im Januar 2018 einen Kreuzbandris zugezogen. Wie haben Sie es geschafft, nach diesem herben Rückschlag, in relativ kurzer Zeit wieder auf dieses Niveau zu kommen?
Halstenberg: Ich habe vom Verein große Rückendeckung bekommen, habe meinen Vertrag dann verlängert und dann lässt sich das ein bisschen einfacher angehen. Der Verein hat mir Zeit gegeben und ich habe mit meinem Reha-Therapeuten in Ruhe gearbeitet. Das es dann natürlich so gut läuft nach acht Monaten mit den Jungs wieder 90 Minuten auf dem Platz zu stehen, war sehr schön für mich. Jetzt habe ich wieder viele Spiele hinter mir und das Knie hält und fühlt sich gut an.
SPORT1: Einige hatten Sie auch für die WM auf dem Zettel. Wie bitter war es zu wissen, dass man keine Option mehr ist?
Halstenberg: Nach der Diagnose "Kreuzbandriss" geht einem einiges durch den Kopf. Klar denkt man auch darüber nach, dass man vielleicht eine Option gewesen wäre. Das war dann mit der Verletzung natürlich gegessen. Aber noch schlimmer war die Gewissheit, dass man für mindestens sechs Monate raus ist. Dass es keine leichte Zeit wird, war mir auch klar. Aber ich habe mich bei meiner Frau, meinen Freunden, meinem Team und meiner Familie gut geborgen gefühlt. Die haben mich aus meinem kleinen Loch geholt und ich habe schnell wieder nach vorne geguckt.
SPORT1: Sie kannten die Nationalmannschaft noch mit den drei Identifikationsfiguren Müller, Boateng & Hummels. War jetzt ein Unterschied zu spüren?
Halstenberg: Schwer zu sagen. Als ich 2017 das erste Mal für die Nationalmannschaft nominiert wurde, waren Thomas Müller und Jerome Boateng gar nicht dabei, weil sie angeschlagen waren. Mats kenn ich aus Dortmunder Zeiten. Klar ist er eine Persönlichkeit ein Ruhepol und bringt die Mannschaft auch mit seiner Erfahrung nach vorne. Aber dass jetzt irgendetwas anders war, würde ich nicht sagen.
SPORT1: Sie sprechen das Thema Erfahrung an. Mit 27 gehören Sie zu den älteren Spielern im Team. In welcher Rolle sehen Sie sich?
Halstenberg: Ich sehe mich schon noch als Frischling, ich war jetzt erst das zweite Mal dabei. Ich versuche mich ins Team zu integrieren und die Sache einfach ganz entspannt anzugehen.