Christian Heidel starb neben ihm gleich "mehrere Tode", die Angst um ihn herum wurde immer größer - nur Domenico Tedesco blieb erstaunlich ruhig.
Schalke feiert Sieg gegen die Angst
Als nach sechs Minuten Nachspielzeit der erste Sieg endlich perfekt war, pustete der Trainer des FC Schalke 04 einmal kräftig durch. "Da fallen schon einige Steine vom Herzen", gab der 36-Jährige nach dem 1:0 (1:0) gegen den FSV Mainz 05 zu.
Über das erste Erfolgserlebnis nach der ersten Krise seiner noch jungen Karriere freute sich der Überflieger der letzten Saison eher im Stillen. Nach überschwänglichem Jubel war ihm nach dem Zittersieg nicht zumute (Alle Ergebnisse im Überblick).
Heidel: "Einige Tode gestorben"
"Am Ende musstest du leiden", sagte Tedesco bei SPORT1: "Die Angst, etwas zu verlieren, was du so ein bisschen in der Hand hattest, hat vielleicht ein bisschen Überhand gehabt."
Mit zittrigen Knien und flatternden Nerven hatten die Königsblauen ihren ersten Vorsprung der Saison nach dem frühen Kopfballtor von Alessandro Schöpf (11.) über die Zeit gerettet, ihre historische Pleitenserie zum Auftakt beendet - und dabei nicht nur ihre leidgeprüften Fans auf die Folter gespannt.
"Ich bin einige Tode gestorben, das muss ich schon zugeben", sagte Sportvorstand Heidel bei SPORT1. Er habe, ergänzte er in der Mixed Zone, "jeden Ball drin gesehen. Die letzten zehn Minuten haben sich angefühlt wie zwei Stunden. Man merkt, dass die Angst kommt."
Glücksbringer für Schalke
Nach dem schlechtesten Saisonstart in der Schalker Bundesliga-Geschichte hatte sich der langjährige Mainzer Manager gegen seinen Ex-Klub nicht allein auf die Fußballkünste seiner Spieler verlassen. Einen Mini-Schornsteinfeger hatte er als Glücksbringer mitgebracht.
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"Den hat mir gestern Morgen der Schornsteinfeger gegeben", berichtete Heidel und ergänzte schmunzelnd: "Ein bisschen abergläubisch ist man ja."
Auf die blauen Sitze am Spielfeldrand für Trainer, Manager und Ersatzspieler hatte außerdem jemand Glücks-Cents gelegt. Woher sie kamen, wusste niemand - sie lagen bereits am Morgen dort.
Schöpf schläft schlecht und trifft
Die Schalker konnten jeden Glücksbringer gut gebrauchen, denn die Nerven waren extrem angespannt. "Ich konnte die letzten Nächte nicht richtig schlafen", gab Torschütze Schöpf zu, "ich habe immer nur gedacht: Wir müssen, müssen, müssen gewinnen."
Dem Österreicher kam im entscheidenden Moment auch die tatkräftige Unterstützung der Mainzer zugute: Nach einer abgefälschten Flanke von Jewgeni Konopljanka sprang Kapitän Stefan Bell unter dem Ball durch, Schöpf konnte völlig unbedrängt einköpfen (FC Schalke 04 - 1. FSV Mainz 05 im LIVETICKER zum Nachlesen).
Doch bei allem Aberglaube – eine entscheidende Rolle in der Krisenbewältigung spielt Trainer Tedesco, für den Vorgesetzter und Mannschaft zu einem Loblieb anstimmten. "Ich hatte niemals das Gefühl in diesen fünf, sechs Wochen seit Saisonbeginn, dass er am Großen und Ganzen zweifelt. Das kommt sehr überzeugend bei der Mannschaft rüber", sagte Heidel. Der Trainer sei "sehr, sehr aufgeräumt und sehr fokussiert" und passe sehr gut zu den Spielern.
Lobeshymnen für Tedesco
"Wir gehen alle für den Trainer durchs Feuer", erklärte Guido Burgstaller bei SPORT1, der es mit seinen Teamkollegen nach Spielende sogar doch noch schaffte, besondere Emotionen bei Tedesco zu wecken.
"Ich wollte im Kreis eigentlich ein bisschen länger sprechen, aber die Jungs haben mich unterbrochen und ein paar schöne und warme Worte an mich gerichtet", so Tedesco: "Da muss ich aufpassen, dass ich nicht sentimental werde. Es ist unglaublich."
Schalke feiert einen ersten Befreiungsschlag gegen die Angst – doch der darf vor den nächsten Aufgaben am Mittwoch in der Champions League bei Lokomotive Moskau (Champions League: Lok Moskau - Schalke 04 ab 18.55 Uhr im LIVETICKER) und am Samstag (15.30 Uhr) bei Fortuna Düsseldorf erst der Anfang sein.
Der Zusammenhalt, der auch die Fans miteinschließt, die nach der Partie mit den Spielern feierten, macht Heidel aber Hoffnung: "Das gibt uns insgesamt ein sehr gutes Gefühl, dass wir da Schritt für Schritt rauskommen können."
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