In Gelsenkirchen tobt derzeit ein echter Rosenkrieg. Es geht um eine Trennung, die zwar nicht in einem Scheidungsverfahren münden wird, es aber mit jeder zerrütteten Ehe aufnehmen kann.
Das ist Schalkes Gegenspieler
Die Rede ist vom bevorstehenden Weggang des einstigen Schalker Lieblingssohnes Max Meyer. Spätestens nachdem das Eigengewächs im Winter auch ein verbessertes Vertragsangebot verschmähte, war klar, dass die Beziehung Risse bekommen würde.
Schalkes Sportvorstand Christian Heidel wirkte zusehends genervt von seinem Schützling und zog das Angebot zurück. Nachdem Aufsichtsratschef Clemens Tönnies dem 22-Jährigen Geldgier vorgeworfen und Trainer Domenico Tedesco ihn aus dem Kader verbannt hatte, kam es zum großen Knall. (Das steckt hinter Meyers Vorwürfen)
Wittmanns Schalke-Historie
Die Mobbingvorwürfe, die der Mittelfeldspieler via Bild Richtung Schalke richtete, ließen den Streit mit einem Schlag eskalieren. Spätestens seit diesem Interview ist das Tischtuch zwischen den Parteien zerschnitten.
Nicht nur Insider vermuten jedoch, dass die Konfrontation nur formal zwischen Schalke und Meyer stattfindet, sondern maßgeblich von einer dritten Partei beeinflusst wird: Roger Wittmann.
Wittmann ist Mitbegründer und Geschäftsführer von Rogon-Sportmanagement und hat zahllose prominente Kunden in seiner Kartei. In Deutschland gilt er als einer der einflussreichsten - aber auch gefürchtetsten - Spielervermittler.
Der gelernte Klempner ist seit weit über zehn Jahren einer der wichtigsten Verhandlungspartner auf Schalke. Viele seiner Klienten hat der 58-Jährige nach Gelsenkirchen transferiert, schon bevor Felix Magath 2009 die Doppelposition aus Trainer und Sportdirektor übernommen hatte.
Auch in der Post-Magath-Zeit kamen beide Parteien, Schalke und Wittmann, gut miteinander aus. Erst als Heidel vor knapp zwei Jahren als Sportvorstand übernahm, sah der Berater seinen Einfluss schwinden.
Verlässt auch Kehrer den Klub?
"Wittmann sucht sich Vereinsmanager aus, die er beeinflussen kann", sagte bereits 2007 ein namentlich nicht genannter Insider in einem Zeit-Interview. Er habe das Talent, Menschen vereinnahmen zu können, doch früher oder später komme es zum Bruch.
Auf Schalke sieht es derzeit stark danach aus. Klar ist: Wittmann und Heidel können sich nicht riechen. Doch woher stammt die gegenseitige Antipathie der beiden Alphatiere?
"Wir haben nicht den Trainer und die Spieler verpflichtet, die sich Roger Wittmann vorgestellt hat", sagte Heidel am Montagabend bei Sky: "Nach diesem Gespräch gab es einen Bruch. Unsere Angebote für Max Meyer und Thilo Kehrer wurden nicht angenommen."
Kehrer, dessen Vertrag noch bis 2019 läuft, ist der letzte verbliebene Wittmann-Schützling auf Schalke. Auch der Verteidiger könnte im Sommer die Düse machen - dann gäbe es zumindest noch eine Ablösesumme.
FCK am Rande der Insolvenz
Warum Heidel ein Interesse haben könnte, Wittmanns Einfluss möglichst kleinzuhalten, dürfte vor allem unternehmerische Gründe haben. Denn: Die Abhängigkeit eines Vereins von einem Spielerberater kann negative Seiten haben.
So musste der 1. FC Kaiserslautern 2002 mit zwölf von Wittmann betreuten Profis beinahe Insolvenz anmelden. Der damalige Vereinspräsident Jürgen Friedrich hatte teils extrem hohe Provisionen an Rogon bezahlt. So wurden für die Spieler Christian Timm, Selim Teber und Markus Anfang beispielsweise 1,8 Millionen Euro gezahlt. Diese Beträge wurden damals der Mitgliederversammlung vorgelegt und trugen zur verweigerten Entlastung des Vorstandes bei.
Dass sich viele Vereine an den Geschäften von Wittmann und seinen 20 Mitarbeitern stoßen, muss ihn nicht anfechten. Noch immer vertrauen viele Profis auf seine Fähigkeit, lukrative Verträge für sie auszuhandeln.
Derzeit hat Wittmann etwa 120 Spieler unter Vertrag - von Superstars wie Julian Draxler oder Roberto Firmino, bis zu solchen, die erst noch von einer Karriere als Fußballprofi träumen.
Wiese-Vertrag lässt Hoffenheim leiden
Spätestens beim letzten Vertrag von Tim Wiese wurde deutlich, welch meisterliches Verhandlungsgeschick der Agent hat. Der frühere Nationaltorwart wechselte 2012 von Bremen nach Hoffenheim und strich dabei ein Jahresgehalt von 3,5 Millionen Euro ein.
In Ansätzen erinnert Wieses Fall an den von Meyer. Der Keeper wurde in die "Trainingsgruppe 2" verfrachtet, saß auf der Tribüne und wurde wie ein Ausgestoßener behandelt. Seinen Gehaltsscheck bezog er trotzdem jeden Monat.
Mit TSG-Mehrheitseigner Dietmar Hopp pflegt Wittmann dennoch ein freundschaftliches Verhältnis. Dass er aber in den meisten Vereinen Missstimmungen hervorruft, nimmt er billigend in Kauf. Mehr noch: Er sieht das als Kompliment.
Selbstbewusstsein hat er ohnehin zur Genüge. "Zeigen Sie mir einen anderen in Deutschland, der das Geschäft so groß und professionell macht wie wir", sagte er 2016 in einem Interview mit der Welt. "Es gibt keinen."
Und so wird Wittmann auch nach Heidels Gegenattacke nicht klein beigeben. Nur Max Meyer ist längst zwischen die Fronten geraten - eben wie in einem echten Rosenkrieg.