Der FC Bayern hat seinen neuen Trainer und Nachfolger von Jupp Heynckes gefunden: Am Freitag teilte der Rekordmeister mit, dass Niko Kovac von Eintracht Frankfurt zum Rekordmeister wechseln wird.
Thon: Kovac passt perfekt zu Bayern
Für SPORT1-Experte und Ex-Bayern-Profi Olaf Thon eine gute Entscheidung. Seiner Meinung nach fügt sich "alles so zusammen, wie Uli Hoeneß es nach seiner Rückkehr angekündigt hat".
Im Interview spricht der ehemalige Nationalspieler über Kovac' Aussichten beim FC Bayern, die Stärken des Kroaten und den Vergleich mit Thomas Tuchel, der den Münchnern zuletzt abgesagt hatte.
SPORT1: Herr Thon, wie schätzen Sie die Verpflichtung von Niko Kovac als Nachfolger von Jupp Heynckes beim FC Bayern München ein?
Olaf Thon: Ich war am Anfang auch ein bisschen überrascht. Dann aber habe ich mir gesagt: Da passt einfach vieles zusammen. Bayern-Manager Hasan Salihamidzic hat einen sehr guten Draht zu ihm, genauso wie zu seinem Bruder und Co-Trainer Robert Kovac. Es fügt sich alles so zusammen, wie Uli Hoeneß es nach seiner Rückkehr angekündigt hat. Er wurde wieder Präsident und sagte, man wolle wieder eine Familie werden. Mit ehemaligen Spielern etwas aufbauen. Eine neue Ära einleiten. Was würde da besser passen, als einen ehemaligen Bayern-Spieler als Trainer zu holen, der es sich bei Frankfurt wirklich verdient hat?
SPORT1: Ist Kovac nach der Absage von Thomas Tuchel nur eine 1B-Lösung?
Thon: Das zählt im Endeffekt nicht, sondern vielmehr die Leistung, die er dann bringt. Ich glaube, er wird stolz darauf sein, dass er Bayern-Trainer werden darf. Jetzt übernimmt ein junger Mann, der neue Dinge und neue Ideen mit einbringen wird, gemeinsam mit Salihamidzic. Bayern geht damit den richtigen Weg: auf die Jugend zu setzen und sich zu öffnen für das Neue.
SPORT1: Inwiefern sind Zweifel an Kovac' Unerfahrenheit auf europäischer Ebene angebracht?
Thon: International war er als Trainer der kroatischen Nationalmannschaft schon tätig und als Spieler hat er sehr viel mitbekommen. Diese Kombination gibt ihm auch die Möglichkeit, als Coach gewisse Dinge zu kaschieren und auszugleichen. Wir sehen das ja auch in der Bundesliga, wo junge Trainer wie Domenico Tedesco bei Schalke 04 sehr erfolgreich sind, obwohl er vorher nur bei Erzgebirge Aue und in der Jugend von Hoffenheim als verantwortlicher Trainer war. Der Fußball entwickelt sich rasant weiter. Da kann man nicht nur auf Trainer setzen, die irgendwann mal die Champions League erreicht haben. Ancelotti lässt grüßen.
SPORT1: Ist Kovac' Bayern-Vergangenheit von Vorteil?
Thon: Absolut. Er hat Stallgeruch - und ich habe in den Äußerungen der letzten Wochen und Monate von Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge gehört, dass beide unbedingt einen haben wollten, der diesem Stallgeruch sehr nahe kommt. Dass es dann ein früherer Bayern-Spieler ist? Umso besser! Also: Ich halte sehr viel davon.
SPORT1: Was für ein Typ ist Kovac - menschlich und als Trainer?
Thon: Ich kenne Niko persönlich. Wir haben gegeneinander, aber auch zusammen mal für die Bayern All-Stars gespielt. Ich drücke ihm einfach die Daumen. Mir sind ohnehin die ehemaligen Fußball-Profis am liebsten, die dann auch Trainer werden. Diese Mischung macht es aus, auch wenn einer es gut macht wie Tedesco. Im Endeffekt muss die Klasse zählen und was am Ende dabei herauskommt.
SPORT1: Bei Bayern ist das Star-Aufgebot riesengroß. Damit muss man als Trainer erst mal umgehen können. Ist Kovac dafür menschlich geeignet und erfahren genug?
Thon: Ja, natürlich. Kovac hat die Erfahrung als Spieler bereits mitgemacht, dass man als Star nicht immer spielt. Er hat ja selbst einige Jahre bei den Bayern gespielt - und bei seinen Trainerstationen ist er ebenfalls damit konfrontiert worden. Das geht relativ zügig, dass man damit zurechtkommt. Er weiß um die Brisanz, die ihn erwartet: Mit Franck Ribery, der nun verlängert hat. Mit Arjen Robben, der verlängern wird. Mit Robert Lewandowski, der vielleicht noch zu Real Madrid wechseln will. Das ist eine Gemengelage, die sehr herausfordernd ist.
SPORT1: Nach dem vermeintlichen Bekenntnis von Kovac, bei Eintracht Frankfurt zu bleiben. Kann man dem FC Bayern überhaupt ernsthaft absagen?
Thon: Thomas Tuchel hat ja wohl abgesagt. Es wird auch in der Vergangenheit immer wieder mal den einen oder anderen gegeben haben, der gewisse Dinge abgelehnt hat. Aber mein Gefühl sagt mir, dass Tuchel das bereuen wird. Beim FC Bayern die Möglichkeit zu haben, eine neue Ära einzuläuten und zu prägen, an die bisherigen Erfolge anzuknüpfen, das Triple anzugehen, ist ein Traum. Beim besten und größten Klub neben dem FC Barcelona und Real Madrid ist das eine einzigartige Gelegenheit, die wenige erhalten. Ich gehe davon aus, dass Kovac bei Bayern mehr Erfolg haben wird als Tuchel bei Paris Saint-Germain.
SPORT1: Glauben Sie, dass Tuchel der falsche Trainer für PSG ist?
Thon: Nicht unbedingt. Aber das ist so eine Gefühlssache. Wenn einer Bayern absagt und dann ins Ausland geht, warum auch immer. Ich wünsche Thomas Tuchel selbstverständlich auch das Beste, aber die Konstellation in Paris ist nicht so wie beim FC Bayern, wo der Präsident sagt, wir wollen eine Familie werden. PSG ist durch einen Scheich groß geworden. Da geht es weniger um Liebe oder das Herz, sondern nur um zählbaren Erfolg. Ich glaube daher nicht, dass Tuchel so lange in Paris bleiben wird, wie Kovac in München.