DFL-Boss Christian Seifert hat mit einer eindringlichen Rede den deutschen Profifußball wachgerüttelt und Aufbruchstimmung anstatt hemmender Selbstzufriedenheit von den Klubs eingefordert.
Liga-Boss warnt Bundesliga
"2017 war für den professionellen Fußball in vielerlei Hinsicht ein Jahr der verpassten Chancen", sagte Seifert am Dienstag beim Neujahrsempfang der Deutschen Fußball Liga (DFL) in Frankfurt/Main - und legte der versammelten Spitze des nationalen Fußballs sein Konzept für eine erfolgreiche Zukunft vor.
Seifert bekräftigt hohe Ansprüche
Nach Ansicht des DFL-Geschäftsführers muss sich der "gesamte deutsche Fußball zur Spitze" bekennen. "Von daher muss es auch der Anspruch der Bundesliga sein, im Wettbewerb der besten Ligen der Welt zu bestehen", sagte der 48-Jährige mit Blick auf die Schwäche der Bundesligisten im Europacup: "Nur wenn wir dauerhaft eine intakte Spitze haben, bestehend aus mehreren Klubs, die europaweit mithalten können, erfüllt die Bundesliga dieses Versprechen."
Seifert sieht dabei vor allem die Topklubs in der Pflicht und warnt vor zu viel Gleichmacherei. Nur so könnten auch künftig hohe Einnahmen generiert werden. "Wir brauchen Leuchttürme - und wir müssen uns zu ihnen bekennen", sagte Seifert, der durch sein Verhandlungsgeschick den Klubs 1,5 Milliarden Euro pro Saison TV-Einnahmen gesichert hat: "Nur wenn die Qualität an der Spitze der Bundesliga anerkannt ist, wird sie auch so honoriert, und dann profitieren alle anderen - die gesamte Bundesliga, die 2. Liga und die Amateurbasis."
An die Chefetagen der Vereine hatte Seifert eine eindeutige Botschaft. "Wer heute glaubt, den Status quo verwalten zu können, wird mittelfristig scheitern", sagte er: "Wer internationale Zweitklassigkeit nicht so schlimm findet, wird sich, schneller als manche denken, in der internationalen Bedeutungslosigkeit wiederfinden. Mit allen Konsequenzen für das gesamte System Fußball in Deutschland."
Bekenntnis zu Kommerzialisierung
Seifert rief alle Protagonisten dazu auf, eine "ehrliche Debatte über den Profifußball" zu führen. Es gehe um sehr viel Geld. Wer dies verschweige oder sogar kritisiere, aber "gleichzeitig das Geld gerne" entgegennehme, verhalte sich "heuchlerisch": "Der Profifußball in Deutschland hatte in den letzten Jahren großen wirtschaftlichen Erfolg. Er muss aufhören, sich für seinen Erfolg zu rechtfertigen."
Den Fußball-Romantikern, die sich über ausufernden Kommerz beklagen, erteilte Seifert eine Absage. "Wenn wir wettbewerbsfähig sein wollen, müssen wir uns zu einem gewissen Maß zu Kommerz bekennen", sagte der DFL-Boss, der immerhin auch mit Blick auf die sogenannte 50+1-Regel einschränkte: "Niemand will einen komplett freien Markt, in dem sich Investoren austoben und bedienen. Fußball darf kein Spiel ohne Grenzen sein - und erst Recht kein Monopoly."
Seifert, der die anhaltende Langeweile an der Bundesliga-Spitze mit keiner Silbe erwähnte, hält aber gleichzeitig nichts von falschen Versprechungen in Richtung Basis. "Die immer wieder zitierte Schere zwischen Profis und Amateuren - sie wird weiter auseinandergehen", sagte der Geschäftsführer: "Wer etwas Gegenteiliges behauptet, streut den Menschen Sand in die Augen."
Seifert fordert Aufbruchstimmung
Stattdessen forderte Seifert einen Aufbruchstimmung. "Ein schlichtes 'Weiter so' nach dem Motto 'Keine Experimente' taugt nicht", sagte der DFL-Boss zum Abschluss seiner Rede:"Selbstzufriedenheit oder Angst vor Innovation sind kein guter Ratgeber." Nationalmannschaftsmanager Oliver Bierhoff stimmte dem zu: "Seiferts Rede war knackig und stimmig - wir dürfen uns nicht ausruhen."