Die beste Aufsteiger-Mannschaft der Bundesliga-Geschichte, attraktiver Fußball und eine finanzielle Absicherung. RB Leipzig befindet sich im Höhenflug. Ein großer Erfolgsgarant dafür ist Trainer Ralph Hasenhüttl.
Hasenhüttl warnt Lahm
Punktgleich mit dem FC Bayern steht Leipzig auf Platz zwei der Tabelle. Am Mittwoch (ab 19.30 Uhr LIVE in unserem Sportradio SPORT1.fm und im LIVETICKER) kommt es zum großen Showdown: Bayern gegen Leipzig. Im SPORT1-Interview spricht Hasenhüttl über das Topspiel und die Andeutungen der Bayern, dass er dort auch mal Thema werden könnte. An Philipp Lahm hat er eine Warnung.
SPORT1: Herr Hasenhüttl, RB Leipzig trifft am letzten Spieltag vor der Winterpause auf den FC Bayern. Haben Sie davon geträumt, in dieser Lage dorthin zu reisen?
Hasenhüttl: Geträumt habe ich nicht davon und ich konnte es mir auch nicht vorstellen, dass das einmal so passiert. Dass wir jetzt ein Spiel erwarten, das ganz Fußball-Deutschland elektrisiert und wahrscheinlich sogar über die Grenzen hinaus alle hinschauen werden, was dort passiert - das hätte in der Bundesliga kaum jemand für möglich gehalten. Es ist der Lohn dafür, was wir bisher in der Saison gemacht haben. Dass Bayern in diesem Jahr eine gute Mannschaft haben wird, war relativ vorauszusehen. Dass wir es so gut machen, war dagegen sehr überraschend.
SPORT1: Müssen Sie Ihre Mannschaft überhaupt noch motivieren vor so einem Spiel?
Hasenhüttl: Ich werde sie nicht groß motivieren müssen, eher gut einordnen, was wichtig ist. Am Mut wird es uns nicht mangeln, das kann ich versprechen. Wir müssen uns eher bremsen, dass wir nicht übermotiviert an die Sache herangehen. Und dann werden wir es genießen.
SPORT1: Für Sie persönlich ist München ein Heimspiel.
Hasenhüttl: Ich habe in der Allianz Arena als Fußballer nicht agiert, aber ich habe dort schon auch Zweite Liga gegen 1860 München gespielt. Meine Familie ist immer noch in München und deswegen kommen ein paar Leute zuschauen.
SPORT1: Wie viele Busse kommen aus Salzburg und Umgebung?
Hasenhüttl: Ich war nicht im Kartenbüro. Ich kann mir schon vorstellen, dass auch aus Österreich der eine oder andere zuschauen kommt.
SPORT1: Was bewundern Sie am FC Bayern München?
Hasenhüttl: Die Arbeit, die dort in den vergangenen Jahren geleistet wurde, ist phänomenal. Es ist ein Alleinstellungsmerkmal im deutschen Fußball, kein Verein kann nur annähernd dort mithalten. Es ist nicht selbstverständlich, jedes Jahr Meister zu werden, da gehört schon ein klarer Plan dazu. Top-Trainer, Top-Spieler und auch ein Top-Vorstand, der genau merkt, was jetzt im Moment verlangt wird. Deswegen ist Bayern eine eigene Liga in der Liga.
SPORT1: Sie haben immer wieder das Training der Bayern beobachtet. Was hat Sie dort immer wieder hingezogen?
Hasenhüttl: Das ist doch völlig klar. Wenn man ein junger Trainer ist und man weiterkommen möchte und einen Verein wie den FC Bayern vor der Haustür hat, dann wäre man verrückt, wenn man die Möglichkeit nicht nutzen würde, die Weltklasse-Trainer, die dort tätig sind, nicht beobachten würde. Das wäre fast ein Verbrechen, wenn man das nicht tun würde.
SPORT1: Michael Henke, langjähriger Co-Trainer der Bayern und in Ingolstadt auch Ihr Assistent, sagte immer wieder: Der Hasenhüttl, der könnte ein Welttrainer werden.
Hasenhüttel: Nach dem letzten Spiel (gemeint ist das 0:1 gegen Ingolstadt, Anm. d. Red.) sagt er das nicht mehr (lacht). Michael hat ja auch schon ein bisschen etwas erlebt, er war schon einmal Co-Trainer eines Welttrainers, eben von Ottmar Hitzfeld. Hitzfeld war mit Sicherheit einer der Besten, die bei Bayern jemals Trainer waren. Solche Gedanken mache ich mir im Moment nicht. Bei Bayern ist es möglich erfolgreich zu sein, wenn man sein Handwerk gut versteht und die Trainer, die dort Trainer werden, sind Leute, die auf dem absoluten Höchststand ihres Wissens sind.
SPORT1: Uli Hoeneß hat erklärt, dass man sich mit Ihnen befassen müsste, wenn in Zukunft mal ein deutschsprachiger Trainer gesucht wird. Würde der FC Bayern Ihnen auch einmal gut zu Gesicht stehen?
Hasenhüttl: Welchem Trainer nicht? Ich kenne keinen. Im Moment habe ich meinen Verein gefunden, der mir das bietet, was ich möchte.
SPORT1: Gibt es einen Lieblingsspieler bei den Bayern, den Sie sich für Ihren Kader wünschen würden?
Hasenhüttl: In deren Regalen habe ich noch nicht geschaut. Da gibt es schon einige.
SPORT1: Wem schauen Sie denn am liebsten zu?
Hasenhüttl: Na, ich kann sagen, wer mir am wenigsten gefällt: Robert Lewandowski. Immer, wenn er gegen Ingolstadt gespielt hat, hat er dafür gesorgt, dass wir das Spiel verloren haben.
SPORT1: Was sagen Sie zur Entwicklung von Joshua Kimmich, dem früheren Leipziger?
Hasenhüttl: Ich habe ihn hier als Trainer nie gehabt. Ich habe nur gehört, dass er hier als Namenloser hergekommen ist und eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht hat. Wer es schafft von RB Leipzig, damals Zweite Liga, zum FC Bayern zu kommen, der muss schon etwas können. Es ist beeindruckend, was er dort leistet. Es ging alles sehr schnell und es hätten ihm nicht viele zugetraut, dass er sich in München durchsetzt, aber das hat er geschafft.
SPORT1: Wer wird der nächste Spieler von Leipzig sein, der den Sprung zu einem großen Klub schafft?
Hasenhüttl: Ich weiß nicht, ob hier einer im Moment weg will. Ich kann es mir nicht vorstellen, derzeit macht es einfach zu viel Spaß hier.
SPORT1: Woher kommt eigentlich Ihr Spitzname "Büffel"?
Hasenhüttl: In einem Trainingslager in Österreich habe ich in einem Testspiel drei Tore geschossen und der Stadionsprecher hat immer gerufen: "Da hat er wieder zugeschlagen, der Büffel." Daher kommt der Name.
SPORT1: Und wie kommt Phillip Lahm auf den Spitznamen?
Hasenhüttl: Wir haben bei den Amateuren ein halbes Jahr zusammengespielt, da bin ich gerade aus Fürth gekommen.
SPORT1: Wundert Sie es, dass Lahm immer noch so aktiv auf dem Fußballfeld ist und das strategische Denken so inne hat?
Hasenhüttl: Mich wundert beides nicht. Mich wundert nicht, dass er immer noch spielt, weil er schon immer einer der Fittesten war - auch damals zu Hermann Gerlands Zeiten. Und dass er jetzt schon das strategische Denken hat, hat sich damals schon abgezeichnet, weil er damals schon ein Spieler war, der nicht umsonst fast nie einen Fehler gemacht hat. Mich hat das immer fasziniert. Immer die richtige Entscheidung, immer die richtige Lösung, nie einen Fehler, nie einen Fehlpass - das war schon bei den Amateuren sehr beeindruckend. Seine äußere Erscheinung, da dachte ich mir, was will der in der Bundesliga, mit dem Körper, das kann nie funktionieren. Als ich ihn spielen sah, dachte ich mir: funktioniert doch.
SPORT1: Wann glauben Sie, dass er aufhört oder wünschen Sie ihm, dass er noch länger weiterspielt?
Hasenhüttl: Ich wünsche ihm, dass er aufhört, weil der Verlust für den FC Bayern nicht zu verkraften ist (lacht). Dann sind sie nächstes Jahr nicht ganz so stark. Das ist nur der Trainerwunsch.
SPORT1: Können Sie sich vorstellen, dass er in die Führungsetage einsteigt?
Hasenhüttl: Es ist schwer zu sagen, aber ich glaube schon, dass er von seiner Mentalität und klaren Denkweise prädestiniert dafür ist, aber beim FC Bayern gehört schon auch ein bisschen mehr dazu als eine lange Fußballerkarriere. Es ist einfach eine ganz andere Aufgabe. Ob man sich das gleich am Anfang antun muss, ist fraglich. Ich finde, dass ein Sportdirektor und Manager auch seine Entwicklungsschritte machen sollte, wie ein Trainer. Man ist nie davon befreit, Fehler zu machen und wenn man Fehler auf Ebenen machen kann, wo sie nicht so auffallen, dann hat man die Chance, sich zu entwickeln. Wenn man in München beginnt, ist die Gefahr sehr groß, dass man sich verbrennt und dann ist es vorbei.
SPORT1: Haben Sie sich gefreut, dass Uli Hoeneß wieder zurück ist?
Hasenhüttl: Ja klar, er ist der FC Bayern. Ich kann mich an Gespräche mit Hermann Gerland erinnern, in denen er mir gesagt hat, wie wichtig Uli für den Verein ist und da hat er sicherlich Recht, weil er einfach eine unglaubliche Strahlkraft hat und mit seiner Persönlichkeit diesem großen Verein besser zu Gesicht steht als jeder andere. Es ist sehr wichtig, dass er wieder da ist.