Und dann sprang Renato Sanches in Arturo Vidal und beide Spieler gingen zu Boden. Der FC Bayern führte im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League schon seit mehr als einer Stunde 1:0 gegen eine Mannschaft von Benfica Lissabon, die sich einfach nicht geschlagen geben wollte.
Renato Sanches: Vidal mit Rastas
Dieser beherzte Zweikampf wäre gar nicht nötig gewesen, der Ball war schon unterwegs auf die andere Seite des Spielfeldes. Vidal stand als Erster wieder, half dem Jungen mit den Dreadlocks auf die Beine und schlug ihm ein paar Mal auf die Schulter. Anerkennung von Krieger zu Kämpfer.
Nicht als Ergänzungsspieler geholt
Nach der EM werden Vidal und Sanches viele Gelegenheiten haben, zusammenzurasseln und sich anschließend gegenseitig auf die Schulter zu klopfen. Dann werden die beiden beim FC Bayern das dynamischste und im besten Wortsinn aggressivste Mittelfeldduo Europas bilden – sollte Carlo Ancelotti beide zusammen aufstellen.
Doch dagegen spricht wohl eher wenig. Wer zunächst 35 Millionen Euro an Benfica bezahlt für einen 18 Jahre alten Mittelfeldspieler, der plant mit diesem nicht als Ergänzungsspieler.
"Er ist bei Weitem einer der besten jungen Spieler in Europa. Er hat viel Qualität und Persönlichkeit, läuft viel auf dem Platz", schwärmte Bayerns Noch-Trainer Pep Guardiola bereits vor den Duellen gegen Benfica von Renato Junior Luz Sanches, wie der portugiesische Nationalspieler mit vollem Namen heißt.
Bayern stach Manchester aus
Trainieren darf Guardiola ihn aber nicht, Manchester City hatte Sanches zwar ebenso wie jeder andere Top-Klub Europas ausgiebig beobachtet und Interesse bekundet, doch die Citizens haben jetzt genauso das Nachsehen wie Lokalrivale Manchester United, das bis Dienstag als aussichtsreichster Kandidat galt.
Das Rennen machte aber – für alle Beobachter völlig überraschend – der FC Bayern, dem man gar nicht genug zum Technischen Direktor und Kaderplaner Michael Reschke gratulieren kann. Seit der 58-Jährige zur Saison 2014/2015 von Bayer Leverkusen zum Rekordmeister wechselte, machen die Transfers der Bayern so richtig Sinn. Auch auf den zweiten, dritten und vierten Blick.
Wirkt nicht wie ein 18-Jähriger
Vor allem im Rückspiel gegen die Bayern in der Champions League ließ Renato Sanches, der jetzt der erste Portugiese beim FC Bayern werden wird, sein Potential erahnen. Der mit 1,76 Metern eher durchschnittlich gewachsene, aber bullige zentrale Mittelfeldspieler bestach durch eine beeindruckende Präsenz, seinen Drang, jeden Ball zu fordern und seine generell furchtlose Art, Fußball zu spielen. Renato Sanches kommt daher wie eine Naturgewalt. Dass er erst 18 Jahre alt ist, merkt man nur, wenn er den Rasen verlassen hat.
Von seiner Statur her und mit den Rastalocken auf dem Kopf erinnert er ein wenig an Edgar Davids, Christian Karembeu und den jungen Clarence Seedorf, den Rasta-Mittelfeldhelden der Neunziger und Nuller-Jahre. Und wie sie spielt Renato Sanches auch.
Benfica zahlte einst 750 Euro für ihn
Er ist defensivstark, hat auch ein paar gute Grätschen im Repertoire, ist gleichzeitig aber dank einer guten Technik auch ball- und eigentlich auch passsicher. Allerdings trifft er im Spiel hin und wieder auch noch die falchen Entscheidungen, flankt, wenn er kurz passen sollte, geht ins Dribbling, wenn der Gegner schon umschaltet. Eine Frage der Erfahrung.
Etwas fehlende Endgeschwindigkeit macht er durch seine beeindruckende Dynamik wieder wett. In Portugal vergleichen sie Renato Sanches, der mit Benfica erst ein Ligaspiel verloren hat, vor allem mit seinem künftigen Mannschaftskollegen Arturo Vidal. Passt. Ein Vidal mit Rastas.
Bei Benfica spielt Sanches übrigens, seit er neun Jahre alt ist. 750 Euro zahlte Benfica damals für ihn. Nun kassieren sie mindestens 35 Millionen. Sollte Bayern mit Renato Sanches alles gewinnen und er auch noch Weltfußballer werden, könnte sich die Summe auf bis zu 80 Millionen Euro erhöhen. Dann wäre das Geld aber auch gut angelegt gewesen.