Schafften sie es tatsächlich, einen neuen Verteilungsschlüssel für die Fernsehgelder der Bundesliga zu entwickeln, käme das einer Revolution in der Bundesliga gleich:
"Team Marktwert" - ein Keil in der Liga?
Weil sie unzufrieden sind mit der gegenwärtigen Praxis und größere Einnahmen einfordern, haben sich der Hamburger SV, der 1. FC Köln, Eintracht Frankfurt, Werder Bremen, der VfB Stuttgart und Hertha BSC zu einem Bündnis zusammengeschlossen.
Im "Team Marktwert" wollen die sechs Traditionsvereine unter Anlegung neuer Vergabekriterien eine wesentlich größere Teilhabe erzwingen - wodurch indes Klubs wie dem VfL Wolfsburg, Bayer Leverkusen oder 1899 Hoffenheim finanzielle Nachteile erwüchsen.
SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema.
- WAS WILL DAS BÜNDNIS KONKRET?
"Team Marktwert" strebt eine ihrer Meinung nach gerechtere und modernere Verteilung der nationalen TV-Gelder an - nach objektiveren Kriterien:
Demnach sollte das Verteilungsmodell über die reine Wertung von Tabellenplätzen hinausgehen, vielmehr auch der Bedeutung der einzelnen Klubs für die Gesamtmarke Bundesliga Rechnung tragen.
Denn: Alle großen internationalen Ligen wie in England, Spanien, Italien, Frankreich und in den Niederlanden haben inzwischen Verteilungs-Modelle, die mehrere Kennzahlen berücksichtigen.
25 bis 30 Prozent der nationalen Medienerlöse werden nach den genannten Marktwert-Kriterien ausgeschüttet. In Deutschland existiert diese Wertungskategorie bisher nicht. In diesem Sinne ist das geforderte neue Modell auch nicht gegen die Zweite Bundesliga gerichtet, sondern soll - ganz im Gegenteil - genauso auf die Verteilung der TV-Erlöse im Unterhaus angewendet werden können.
Nach Saisonende soll das neue Modell der DFL vorgestellt werden.
- WELCHE KRITERIEN WILL DAS "TEAM MARKWERT" ANLEGEN?
Der Marktwert soll durch Faktoren wie TV-Reichweite, Social-Media-Relevanz, Mitgliederzahlen oder Zahl der Auswärtsfans ermittelt werden.
Und da spielt beispielsweise der Hamburger SV eine deutlich größere Rolle als zuletzt in der Tabelle.
Bisher gibt allein der sportliche Erfolg den Ausschlag, wie viel Geld jeder Klub aus 35 Prozent der TV-Einnahmen erhält. 65 Prozent wiederum werden gleichberechtigt unter den 18 Mannschaften gesplittet.
- WIE ARGUMENTIEREN DIE FÜRSPRECHER DES BÜNDNISSES?
"Wer den Wert eines Produktes steigert, weil er viel mehr Fans und Anhänger hat, der sollte bei der Verteilung der Einnahmen entsprechend berücksichtigt werden. Ich finde, dass alles andere einfach ungerecht wäre", sagt etwa HSV-Marketing-Vorstand Joachim Hilke bei SPORT1.
Unterstützung bekommt der HSV-Marketing-Vorstand von Keeper Rene Adler: "Es macht Sinn, den Verteilungsschlüssel abzuändern zugunsten der Klubs mit einer größeren Fan-Base, die ja auch besser vermarktbar sind. Und gibt eine große Allianz pro Traditionsvereine."
Auch Alexander Wehrle verteidigt die Forderungen: "Das Produkt Bundesliga wird unabhängig vom Tabellenstand maßgeblich von Klubs geprägt, die sehr beliebt und bekannt sind und viele Fans haben."
Und Kölns Geschäftsführer fügt an: "Die Bedeutung jedes Klubs für die Liga sollte bei der Verteilung ebenfalls Gewicht haben, indem eine dritte Säule integriert wird. Ein solch nachhaltiges Modell wollen wir nun erarbeiten."
- WAS ENTGEGNEN DIE BEI EINER REFORM BENACHTEILIGTEN KLUBS?
Wie konfliktfrei das möglich wäre, bleibt bis dato jedoch fraglich. Die Wünsche des neuen Bündnisses gingen schließlich zu Lasten der bei den Fans weniger verwurzelten Klubs - wie eben Wolfsburg, Bayer Leverkusen oder 1899 Hoffenheim.
Immerhin: Die Fronten scheinen durch den Vorstoß zunächst keineswegs verhärtet - es herrscht (noch) Gelassenheit.
"Wir sehen uns nicht als angegriffene Gegner und müssen auch keine Feindbilder aufbauen", sagt Klaus Allofs bei SPORT1. "Es ist ganz legitim, dass man sich bei ähnlich gelagerten Interessen zusammentut und überlegt, wie man den deutschen Fußball voranbringen kann. Das ist lobenswert."
Der Geschäftsführer des VfL Wolfsburg meint aber auch: "Ich denke, dass das (jetzige) System klar auf sportlichen Faktoren basierend sehr solidarisch und fair ist. Man kann darüber nachdenken, ob man noch weitere sinnvolle und gerechte Kriterien mit einpflegen kann.
Sich auf die Suche zu begeben, was neue "gerechte Faktoren sein können" gehe in Ordnung, so Allofs, es sei aber auch "die DFL gefordert zu moderieren und die Liga nicht auseinander driften zu lassen."
Im Kraichgau gibt man sich ebenso entspannt.
Frank Briel, Geschäftsführer Finanzen/Organisation bei 1899 Hoffenheim, meint bei SPORT1: "Die Idee der sogenannten Traditionsklubs ist nicht neu, ebenso wenig wie die Diskussion um dieses Thema. Wir werden dazu in den relevanten Gremien so wie bisher Stellung beziehen."
- IST DER VORSTOSS VERGLEICHBAR MIT DEM DES FC ST. PAULI?
Die Forderungen des "Team Marktwerts" haben einen anderen Ansatz als der Antrag des FC St. Pauli aus dem vergangenen Jahr. Der "Kiez-Klub" hatte gefordert, alle Werksklubs von der Verteilung der Fernseheinnahmen auszuschließen.
Das sieht auch Allofs so: "Das war ein klarer Angriff auf uns und Klubs wie Hannover oder Leverkusen. Nun aber kann man eine sinnvolle Lösung finden, die das System nicht revolutionieren wird, aber optimieren kann."
Damit die Rechnung "leere Stadien+kaum Fans=reichlich Kohle" nicht mehr aufgeht.