Bundesligist VfB Stuttgart hat auf die sportliche Talfahrt reagiert und Trainer Alexander Zorniger beurlaubt. Das gab der Verein in einer Mitteilung bekannt.
Zorniger scheitert an seinem Dickkopf
Die Nachfolge übernimmt vorübergehend U23-Coach Jürgen Kramny (44). Er soll das Team auf das Spiel am Sonntag bei Borussia Dortmund vorbereiten.
"Kramny ist eine Interimslösung ohne Zeitbegrenzung", erklärte VfB-Sportvorstand Robin Dutt.
Der 48-jährige Zorniger hatte die Schwaben erst seit Saisonbeginn betreut, am vergangenen Samstag hatten die Stuttgarter mit 0:4 das Schwaben-Derby gegen den FC Augsburg zu Hause verloren und waren auf Platz 16 abgerutscht.
Mit Zorniger werden auch die Co-Trainer André Trulsen, Armin Reutershahn sowie Torwarttrainer Andreas Menger mit sofortiger Wirkung freigestellt.
Augsburg-Pleite ein Schlag ins Kontor
In einer Mitteilung erklärte Klubpräsident Bernd Wahler: "Besonders die Art und Weise der Niederlage am vergangenen Samstag hat uns sehr beschäftigt. Dabei haben wir die Auswirkungen auf die Mannschaft sowie das Trainerteam analysiert und bewertet und sind heute Vormittag zu dieser Entscheidung gekommen."
Zornigers Aus ist der dritte Trainerwechsel in der laufenden Saison in der Bundesliga.
Zuvor hatte Lucien Favre seinen Rücktritt bei Borussia Mönchengladbach erklärt und war durch André Schubert ersetzt worden.
Bei 1899 Hoffenheim wiederum musste Markus Gisdol vorzeitig gehen, seine Nachfolge trat Huub Stevens an.
Luhukay heißester Kandidat
Nach SPORT1-Informationen ist Jos Luhukay, früher FC Augsburg und Hertha BSC Berlin, nun heißester Kandidat auf die Nachfolge von Zorniger.
Stevens, Retter in den beiden vergangenen Spielzeiten, versucht sich mittlerweile bei 1899 Hoffenheim - immerhin wäre Markus Gisdol, Vorgänger von Stevens im Kraichgau, nun frei für den Schleudersitz in Bad Cannstatt. Oder Favre.
Mit Zorniger geht beim VfB zudem der elfte Trainer in den vergangenen zehn Jahren.
Vorausgegangen war am Morgen ein Gespräch zwischen dem Ex-Coach von RB Leipzig und Dutt. "Danach gab es auf beiden Seiten nicht mehr die Überzeugung, dass der gemeinsame Weg erfolgreich bestritten werden kann", sagte Dutt. Der Entschluss sei dennoch schwer gefallen, meinte der Sportvorstand nach dem "sehr emotionalen" Gespräch.
Zorniger, so absurd es klingen mag, leitete danach trotzdem noch das Vormittagstraining. Erst dann wurde die Mannschaft informiert.
"Ich habe", sagte Dutt kurz nach Mittag etwas verklausuliert, "die Konsequenz gezogen aus der sportlichen Situation und den Lösungsmöglichkeiten, die angeboten wurden. Nach dem Gespräch gab es keine andere Option."
Dutt sucht jetzt einen Trainer, der "unseren konzeptionellen Weg" weitergeht. Für diese wichtige Entscheidung benötige er jedoch Zeit.
Der neue Mann wird dann der 13. Trainer seit 1. Juli 2005 und Giovanni Trapattoni sein. "Es gibt Leitplanken in der Konzeption", sagte Dutt, "innerhalb dieser Leitplanken gibt es genug Spielraum für jeden Trainer."
Hurra-Fußball schlägt fehl
Der vermeintliche Heilsbringer Zorniger fuhr den VfB mit mit vollem Karacho in die Leitplanken. Trotzdem sagte Dutt, er sei von Zornigers Qualitäten "hundertprozentig" überzeugt: "Zorniger war der Trainer, den wir voller Überzeugung eingestellt haben."
Mit zehn Punkten liegt der VfB Stuttgart derzeit auf Rang 16 - jeweils einen Zähler vor Augsburg und Hoffenheim.
Zorniger war dazu auserkoren, die Schwaben herauszuführen aus diesen gefährlichen Regionen, er setzte auf Balljagd-Fußball, auf Pressing, schnelles Umschalten.
Das sah kurz vor der Saison in einem Testspiel gegen den englischen Meister Manchester City (4:2) so grandios aus, dass sich die Hoffnung auf eine endlich sorgenfreie Saison breit machte.
"Ziehe mir den Hauptschuh an"
Und tatsächlich: Der VfB stürmte - allerdings schnurstracks in sein Verderben. Zu Beginn sah dies noch unterhaltsam aus, am vergangenen Samstag war es nicht einmal mehr das.
Danach war Zorniger konsterniert und ungewohnt kleinlaut gewesen: "Es muss irgendwas gegeben haben, was ich übersehen habe, deshalb ziehe ich mir den Hauptschuh an."
Zorniger wirkte, als sei er mit seinem Latein am Ende. Drei Tage später sahen das auch die VfB-Verantwortlichen so.
Und nun? Die Mannschaft wirkte bisweilen überfordert von den Aufgaben, die ihr Zorniger stellte. Dennoch behauptete Dutt tapfer: "Die Mannschaft hat die Qualität, einen gesicherten Mittelfeldplatz zu erreichen."