Aus dem Trainingslager des FC Schalke berichtet Christoph Lother
Supertalent will zurück in die Spur

Die Fußstapfen, in die Matija Nastasic nach Ansicht seiner serbischen Landsleute früher oder später einmal treten soll, sind groß. Um nicht zu sagen: riesig.
In seiner Heimat vergleichen sie den 21-Jährigen mit keinem Geringeren als Nemanja Vidic. Diesem 1,88 Meter großen Zweikampf- und Kopfballungeheuer, dem langjährigen Kapitän der serbischen Nationalelf.

Dem Champions-League-Sieger von 2008, der sich in seiner Zeit bei Manchester United von 2006 bis 2014 zu einem der besten Verteidiger der Welt entwickelt hatte.
Während dieser inzwischen 33 Jahre alte Vidic seine glorreiche Laufbahn seit der vergangenen Saison in Italien bei Inter Mailand allmählich ausklingen lässt, rüstet sich Nastasic für die Nachfolge - und das neuerdings beim FC Schalke 04.
Verlorenes halbes Jahr auf der Insel
Zunächst einmal für ein halbes Jahr haben die Königsblauen den Nationalspieler von Manchester City ausgeliehen. Bewährt er sich, dürften sie im Sommer die ausgehandelte Kaufoption für ihn ziehen.
Für Nastasic ist Schalke nach einer verlorenen Hinrunde auf der Insel ohne einen einzigen Pflichtspiel-Einsatz die Chance auf einen Neuanfang.
Denn wohl nur, wenn er regelmäßig auf hohem Niveau spielt, kann der Innenverteidiger die Erwartungen der frenetischen serbischen Anhängerschaft erfüllen - und seinen Traum von der Teilnahme an der EM 2016 in Frankreich aufrecht erhalten.
Di Matteo gibt den Ausschlag
"Ich hatte auch einige Angebote aus England und Italien", berichtete Nastasic bei seiner offiziellen Vorstellung am Donnerstag im Trainingslager in Doha, das die Schalker mittlerweile verlassen haben: "Aber ich habe mich entschieden, nach Deutschland zu gehen."

Zum einen, "weil Schalke ein großer Klub ist", wie er betonte. Zum anderen - und das dürfte der eigentliche Hauptgrund sein - aufgrund seiner guten Beziehung zum früheren Chelsea- und jetzigen S04-Trainer Roberto Di Matteo.
"Wir haben uns Ende des letzten Jahres zweimal unterhalten. Er hat mir erklärt, dass er mich unbedingt in seinem Team haben möchte", sagte Nastasic und fügte hinzu: "Jetzt bin ich froh, hier zu sein."
Heiß auf Platz zwei - und das Derby
Und die Ambitionen des 1,87-Meter-Mannes sind groß.
"Mein Ziel ist es, in der Bundesliga noch Zweiter zu werden", gab der Linksfuß gleich mal selbstbewusst zu Protokoll. (DATENCENTER: Der Spielplan)
Er habe "schon einige Spiele von Schalke gesehen", berichtete er und ergänzte voller Stolz: "Das wichtigste ist sicherlich das gegen Borussia Dortmund."
Musik in den Ohren eines jeden Königsblauen.
Gelungener Einstand gegen Al-Merrikh
Doch nicht nur der erste Auftritt des Neu-Schalkers Nastasic vor der Kamera, sondern auch der auf dem Platz dürfte Verantwortlichen und Fans des Klubs gefallen haben.

Beim 2:2 im Test gegen den 19-maligen sudanesischen Meister Al-Merrikh (News) am Donnerstagabend stand der Abwehrrecke 45 Minuten auf dem Platz, zeigte als linker der drei Verteidiger viel Präsenz und gab lautstarke Anweisungen.
Von möglichen Anpassungsschwierigkeiten war nichts zu sehen.
Licht am Ende des Tunnels
Womöglich war es auch die Erleichterung, die Nastasic den Einstieg beim Bundesliga-Fünften so einfach machte.
Die Erleichterung darüber, endlich wieder von Beginn an bei einem Fußballspiel auf dem Platz stehen. Endlich wieder gebraucht zu werden.
Ein Gefühl, dass er in Manchester zuletzt nicht mehr hatte.
Jahrelang war es in der noch jungen Karriere des Nationalspielers immer nur bergauf gegangen.
Aus seiner Heimat, dem 60.000-Einwohner-Städtchen Valjevo im Westen Serbiens, wechselte er als Jugendlicher in die Talentschmiede von Partizan Belgrad, arbeitete sich dort hoch bis in den Profikader und zog dann weiter nach Italien zum AC Florenz.
2012 folgte der Sprung nach England. Satte 15 Millionen Euro legte City für Nastasic auf den Tisch, spätestens da galt er als eines der größten Abwehrtalente auf dem gesamten Planeten.
Keine Chance unter Pellegrini
Und auch in Manchester lief für den Serben zunächst alles nach Plan - bis sein erklärter Fan und Förderer Roberto Mancini im Sommer 2013 als Trainer entlassen wurde.
Unter dem neuen Coach Manuel Pellegrini wendete sich das Blatt, spielte Nastasic bis zuletzt keine größere Rolle mehr.
"Es war die Entscheidung des Trainers, mich nicht spielen zu lassen", sagte er am Donnerstag mit einem Anflug von Ratlosigkeit, fügte dann aber vehement hinzu: "Ich bin fit und bereit für die Spiele, die jetzt kommen."
Das erste wichtige davon beim Rückrunden-Start am 31. Januar gegen Hannover 96.