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Revolutionäres Unterhaching-Modell: „Ein Gespräch mit Uli Hoeneß wäre ein Traum“

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Revolutionäres Unterhaching-Modell: „Ein Gespräch mit Uli Hoeneß wäre ein Traum“

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„Hoeneß-Treffen wäre ein Traum“

Markus Schwabl ist bei der SpVgg Unterhaching nicht mehr nur Spieler, sondern auch Sportdirektor. Im Interview mit SPORT1 spricht er über die Doppelfunktion, Präsident Manfred Schwabl und sein Vorbild Uli Hoeneß.
Unterhaching gewinnt das Rückspiel der Aufstiegsrunde und steigt in die dritte Liga auf. Beim Abschied von Sandro Wagner kommt es jedoch ebenfalls zu einem Fan-Eklat samt Polizeieinsatz.
Markus Schwabl ist bei der SpVgg Unterhaching nicht mehr nur Spieler, sondern auch Sportdirektor. Im Interview mit SPORT1 spricht er über die Doppelfunktion, Präsident Manfred Schwabl und sein Vorbild Uli Hoeneß.

Auf dem Schreibtisch ist ein Blatt Papier am Monitor befestigt, auf dem zwei Bilder von Uli Hoeneß und dessen stärkste Aussagen zu sehen sind. Stolz hält es Markus Schwabl in die Kamera.

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Der 32-Jährige hat die Spielvereinigung Unterhaching im Herzen. Ohne Wenn und Aber. 2001 spielte er erstmals in der Jugend für die Rot-Blauen.

Ab der neuen Saison startet der Verein ein Pilotprojekt. Schwabl wird Spieler und Sportdirektor in Personalunion sein.

Im ersten Interview seit der Verkündung spricht Schwabl bei SPORT1 über die Doppelfunktion, den Wirbel um Hachings neuen Trainer Marc Unterberger und seinen Vater und SpVgg-Präsident Manfred Schwabl.

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„Mein Arbeitstag hat 18 Stunden“

SPORT1: Herr Schwabl, wie schwer fiel Ihnen die Doppelbelastung bisher?

Markus Schwabl: Mein Arbeitstag hat jetzt meist 18 Stunden. Es hat sich einiges verändert und es ist nicht mehr der klassische Ablauf eines Fußballprofis. Da kann es schon sein, dass ich abends um 22 Uhr mal mit Beratern oder Marc (Trainer Unterberger, d. Red.) telefoniere. Das alles mit Frau und Kind unter einen Hut zu bringen, war gerade am Anfang sehr gewöhnungsbedürftig. Aber inzwischen hat es sich ganz gut eingependelt. Und wir haben keine getrennten Schlafzimmer. (lacht)

SPORT1: Wie sieht Ihr neuer Tagesablauf aus?

Schwabl: Wenn ich zweimal Training habe, bin ich morgens erstmal der Spieler, der sich ganz normal auf die erste Einheit vorbereitet. Nach dem Vormittagstraining bin ich im Büro und telefoniere viel. Ich versuche die Dinge zu regeln, die ich in zwei Stunden bis zum nächsten Training machen kann. Abends bin ich dann wieder als Sportdirektor aktiv.

Vieles geht am Telefon, ich bin nicht ans Büro gebunden. Daheim spiele ich dann mit der Kleinen und telefoniere zwischendurch wieder mit Beratern. Der Arbeitsumfang hat sich enorm gesteigert. Aber ich habe gemerkt, dass ich unter Druck und körperlicher Anstrengung am besten funktioniere. Schlafentzug war bei mir nie ein großes Problem.

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SPORT1: Was machen Sie alles?

Schwabl: Wir haben die Doppel-Lösung im Januar begonnen, es wurde aber erst nur intern kommuniziert. Das kann dir nämlich schon auf die Füße fallen, wenn es mitten im Aufstiegskampf rausgehauen wird und es dann nicht geklappt hätte mit der 3. Liga. Es war aber die richtige Entscheidung.

Ich war in die Themen Stadionkauf, Lizenzierung und Kaderplanung mit involviert. Ich habe mir zudem viele Spiele unserer Jugendteams angeschaut, um zu wissen, wen wir im nächsten Jahr dazunehmen könnten. Wir wollen auch schon 15-Jährigen, die die Qualität mitbringen, eine Chance geben, sich zu zeigen. Weil wir da in Deutschland zum Beispiel im Vergleich mit England noch hinterherhinken.

SPORT1: Was sagt eigentlich Ihre Frau dazu, dass Sie künftig noch weniger für die Familie da sein werden?

Schwabl: Sie ist zum Glück sehr verständnisvoll. Sie war natürlich von Anfang an in diese Überlegung mit eingeweiht und wusste, was auf sie zukommt. Sie unterstützt mich total. Es ist schon schwierig, aber wir kriegen das gut hin, weil sie mir den Rücken freihält. Spannend wird es, wenn sie im Dezember wieder ins Referendariat einsteigt und sich auf ihr zweites Staatsexamen in Jura vorbereitet.

Schwabl im Zwiespalt: „Muss unbequeme Entscheidungen treffen“

SPORT1: Dürfen die Spieler Sie weiter duzen oder ist im Büro siezen Pflicht?

Schwabl: Ich will natürlich gesiezt werden. Schmarrn. Nein, war Spaß. Ich hatte schon Bedenken, wie es mit den Jungs in der Kabine sein wird. Am Wochenende gibst du mit ihnen alles auf dem Platz und unternimmst am Wochenende auch mal etwas mit ihnen. Und natürlich muss ich unbequeme Entscheidungen treffen. Ich habe den Jungs aber auch gesagt, dass ich weiter vollständiges Mitglied des Teams bin. Ich werde mich nicht anders verhalten.

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Auch, wenn Manni (Schwabl, Anm. d. Red.) mein Vater ist, sind all die Jahre keine Interna aus der Kabine nach oben durchgedrungen. Das wäre ja der kürzeste Weg gewesen. Ich war aber eher pro Mannschaft, wenn es mal Probleme gab. Wenn mir ein Spieler etwas anvertraut hat, bin ich nicht gleich zum Manni gerannt. Ich wurde von meinem Vater diesbezüglich aber auch nie in die Bredouille gebracht.

Sandro Wagner als Impulsgeber

SPORT1: Wer hatte eigentlich die Idee Sie für den Job des Sportdirektors vorzuschlagen?

Schwabl: Den Gedanken, eigene Leute in die mittlere Management-Ebene unter Manni einzubauen, gibt es schon länger. Mein Vater hat in den vergangenen zehn Jahren fast alles alleine gemacht. Ich weiß bis heute nicht, wie er das geschafft hat. Er hat sich auch darum gekümmert, wenn die Pommes in der Wirtschaft nicht geschmeckt haben. Aber er hat eben auch die Lizenzierung geregelt.

Mich wundert es nicht, dass er oft keinen freien Kopf für die schönen Dinge im Leben hatte. Ihm war es ganz recht, dass ich den Sportdirektor mache. Der letzte und entscheidende Anstoß kam dann von Sandro (Wagner, d. Red.). was mir sehr viel Selbstvertrauen gegeben hat. Wenn man bedenkt, wie viele Manager er als Profi erlebt hat. Er hat mich extrem gepusht. Er hat mit mir und Seppi (Josef Welzmüller ist zusätzlich Technischer Direktor, d. Red.) gesprochen.

SPORT1: Sie sind Klub-Ikonen.

Schwabl: Genau. Wir beide sind so lange im Verein, kennen hier alles, wer wäre da prädestinierter für diese zwei Positionen als wir? Ich bin mit Unterbrechungen seit 2001 bei der Spielvereinigung, Seppi seit 2014. Uns liegt der Verein am Herzen. So wurde das Ganze immer konkreter. Schließlich sind wir zu Manni gegangen und haben ihm unser Konzept vorgestellt. Final musste noch der Aufsichtsrat zustimmen.

Anfangs war es schon schwer für meinen Vater etwas aus der Hand zu geben. Er ist aber immer offen neue Wege zu gehen, wie man mit dem Gang an die Börse gesehen hatte. Jetzt, denke ich, ist er ganz zufrieden mit der Lösung. Mein Vater ist ein Visionär. Spieler und Sportdirektor - das gab es noch nie.

„... dann dreht mein Vater völlig durch“

SPORT1: Wird die Spielvereinigung Unterhaching bald zur Spielvereinigung Schwabl? Ihr Onkel leitet die Wirtschaft, Sie sind jetzt Sportdirektor. Hat Ihr Vater inzwischen zu viel Macht?

Schwabl: Mein Vater hat schon sehr viel Macht, auch, weil er sehr viel des Familienvermögens und sein gesamtes Herzblut in den Verein gesteckt hat. Deshalb darf er auch fast alles entscheiden. Manni stellt aber keine Leute ein, von denen er weiß, dass es nicht funktionieren wird. Wenn er mit mir als Sportdirektor kein gutes Gefühl hätte, wäre ich nicht Sportdirektor geworden. Ich habe den Job nicht über Vitamin B bekommen. Er ist ein absoluter Perfektionist und es ist nicht einfach, mit ihm zu arbeiten.

Alles läuft bei ihm zusammen. Wenn eine Kleinigkeit nicht funktioniert, kracht es. Dann dreht mein Vater völlig durch. Wir können ihn aber nicht nach jeder Saison fragen, ob er noch ein Grundstück verkaufen kann, damit der Verein finanziell nicht wieder am Boden liegt. Daher steht die Konsolidierung, vor allem durch die Jugendförderung, an erster Stelle. Wir werden den Verein auch abseits des Platzes sehr breit aufstellen.

SPORT1: Verdienen Sie jetzt eigentlich mehr?

Schwabl: Aktuell nicht.

SPORT1: Aber demnächst, oder?

Schwabl: (lacht) Ich weiß es wirklich nicht. Es ist ein Pionierprojekt, das wir jetzt gestartet haben. Ich mache das nicht, weil ich mehr Kohle will. Ich kenne die finanzielle Situation des Klubs und habe das auch bewusst nie angesprochen. Ich weiß aber, wie mein Vater tickt. Wenn er sieht, dass es läuft, dann wird er auf Sepp und mich zukommen. Es ist eine riesige Chance und Privileg für mich.

„Menschlichkeit wird bei Hoeneß groß geschrieben“

SPORT1: Haben sie ein Vorbild als Sportdirektor?

Schwabl: Zwei. Natürlich will ich meinen eigenen Weg gehen und mein eigenes Profil schärfen. Aber Uli Hoeneß ist schon mein Vorbild. Nicht nur aufgrund des persönlichen Kontakts zwischen ihm und meinem Vater. Ich bin ein großer Fan seiner menschlichen Art. Hoeneß ist einfach ein Macher. Er hat den FC Bayern zu dem gemacht, was er heute ist. Und jetzt trifft er wieder die Entscheidungen.

Ich habe auf meinem Schreibtisch ein Blatt mit seinen stärksten Aussagen und Leitlinien kleben, das ich mir jeden Tag anschaue. Hoeneß weiß, wie er ein Unternehmen führt, er ist dabei aber immer empathisch geblieben. Er hat in vielen Situationen gezeigt, dass er gerade dann steht, wenn es hart auf hart kommt. Die Spieler können auch immer zu Hoeneß kommen. Das imponiert mir unglaublich. Über den sportlichen Erfolg müssen wir gar nicht reden.

Menschlichkeit wird bei Hoeneß großgeschrieben. Natürlich ist er ein harter Hund und verhandelte früher mit Spielern wie ein Irrer. Aber man kann Hoeneß immer in die Augen schauen. Mein Vater hat oft mit ihm geredet und da ist eine richtig gute Verbindung entstanden, die bis heute gehalten hat.

SPORT1: Wer ist Ihr zweites Vorbild?

Schwabl: Holger Sanwald vom 1. FC Heidenheim (Klubboss, d. Red.). Er ist seit etlichen Jahren dort und hat den Klub damals ganz unten übernommen. Ich habe zu der Zeit noch mit Hachings Amateuren gegen Heidenheim gespielt. Heute spielt der Verein in der Bundesliga, hat eine tolle Infrastruktur geschaffen und steht finanziell solide da. Das verdient größten Respekt.

Sanwald hat wie Hoeneß nicht seine Menschlichkeit verloren. Klasse, wie Sanwald seit zig Jahren an Frank Schmidt (Heidenheims Trainer, d. Red.) festhält. Das ist Wahnsinn. Da kann man nur den Hut ziehen.

„Gespräch mit Hoeneß wäre ein Traum“

SPORT1: Wollen Sie Hoeneß anrufen und um Rat fragen?

Schwabl: Ja, das habe ich vor. Mein Vater ist gut befreundet mit Uli und wenn es irgendwie klappt, möchte ich ihn treffen. Gerne besuche ich Herrn Hoeneß auch. Sein Rat liegt mir am Herzen. Ich möchte mich gerne mit ihm austauschen und fragen, was er mir mit auf den Weg geben kann. Ein Gespräch mit Hoeneß wäre ein Traum. Keiner hat den Manager-Job so geprägt wie er.

SPORT1: Was wäre Ihre wichtigste Frage an Hoeneß?

Schwabl: Was ist deine oberste Prämisse, wenn es sportlich ganz schlecht läuft? Wo würdest du ansetzen?

„Natürlich wurden auch Fehler gemacht“

SPORT1: Man spricht immer von der familiären Atmosphäre in Unterhaching. Doch gerade in den vergangenen Jahren ist die doch sehr gebröckelt. Die Jugendarbeit ist nicht mehr das, was sie mal war. Oder?

Schwabl: Sicher kann man das mit einer kleinen Delle im Nachwuchsbereich so sehen, wenn man von außen nur die beiden Abstieg sieht. Ich finde das nicht. Aus der U17 und U19 kommen einige sehr gute Talente hoch. Ich bin mir sicher, dass diese Jungs aber in den nächsten Jahren im Profifußball auftauchen werden. Und wir werden jetzt auch ab der U9 anfangen Talente gezielt zu fördern.

Hermann Gerland bringt ja auch in den kleineren Jugendteams seine Erfahrung mit ein. Wir wollen neue Wege gehen. In Haching bröckelt gar nichts. Auch der familiäre Aspekt ist weiter gegeben. Es gab eine Phase, da konnten Gehälter nicht gezahlt werden, aber die Truppe hat funktioniert.

Natürlich wurden auch Fehler gemacht. Dennoch ist das Miteinander in Haching für mich einzigartig. Keiner wird fallen gelassen. Für die, die nicht mehr da sind, ist es natürlich immer leicht auf den Verein draufzuhauen.

Strafe wegen Trainer: „Zahlt Manni privat“

SPORT1: Ein brisantes Thema ist Marc Unterberger. Er hat keine Trainerlizenz für die 3. Liga. Gerade liegt die Sache beim DFB, eine Strafe droht. Wie ist Ihre Meinung dazu?

Schwabl: Ich gehe fest davon aus, dass Marc Unterberger in der neuen Saison an der Seitenlinie stehen wird. Es war noch vor meiner Zeit als Sportdirektor, aber ich finde es ein starkes Statement von Manni zu sagen, dass der neue Trainer Marc Unterberger heißt. Mein Vater wusste, dass es Gegenwind geben wird. Wir sind aktuell im Gespräch mit dem DFB und sind zuversichtlich, dass es gut ausgehen wird.

Eine Sondergenehmigung wird und kann es nicht geben. Es soll aber ein neues Programm geben für Trainer, die in den eigenen Vereinen weiterentwickelt werden sollen. Die Trainerentwicklung ist doch genauso wichtig wie die Spielerentwicklung.

Wo sollen die jungen Trainer herkommen, wenn sie nicht die Möglichkeit bekommen im eigenen Klub auf oberster Ebene zu arbeiten? Wir haben unsere Stellungnahme abgegeben und müssen jetzt einfach abwarten. Eine Strafe muss der Verein aber wohl zahlen.

SPORT1: Wer zahlt diese? Hat man im Verein Angst vor einem Punkt-Abzug?

Schwabl: Eine mögliche Geldstrafe zahlt Manni privat. Mit einem Punktabzug rechnen wir aktuell nicht aber das wird am Ende des Tages der DFB entscheiden.

SPORT1: Sie haben noch Vertrag bis 2024. Was passiert dann?

Schwabl: Solange ich gesund und fit bleibe, spiele ich für Haching. Das mit dem Sportdirektor ist ein spannendes Projekt. Es gibt mit Florian Riedel bei Havelse etwas Ähnliches, aber so etwas wie jetzt im Profibereich gab es noch nie. Ich habe richtig Bock drauf und werde mich zerreißen.