Das schafft auch nicht jeder.
FCK-Trainer Schuster: „Ist doch geil“
Gut eine Woche ist Dirk Schuster jetzt Trainer des 1. FC Kaiserslautern und hat schon zwei Partien mit Endspielcharakter vor der Brust. Die Roten Teufel empfangen am Freitag Dynamo Dresden (Relegation: 1. FC Kaiserslautern - Dynamo Dresden, 20.30 Uhr im LIVETICKER) im ersten Relegationsspiel, am Dienstag findet dann das Rückspiel bei den Sachsen statt.
Dass es zu diesen zwei Begegnungen kommt, ist allerdings der Verdienst von Marco Antwerpen und seinem Co-Trainer Frank Döpper, die den Verein in der vergangenen Saison erst vor dem Abstieg in die Regionalliga retteten und in dieser Runde auf Platz drei führten. Drei Niederlagen in Folge waren für Geschäftsführer Thomas Hengen offenbar Grund genug, den Erfolgscoach vom Hof zu jagen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 3. Liga)
Im großen SPORT1-Interview vor dem Relegationskracher spricht Schuster über die Relegation, den FCK und würdigt Antwerpens Arbeit.
SPORT1: Herr Schuster, wie schaut es mit Ihrem Puls aus?
Dirk Schuster: Momentan ist der noch relativ ruhig. (lacht) Wir arbeiten hoch konzentriert und da ist Aufregung völlig fehl am Platz. Ich habe eine Mannschaft vorgefunden, die sehr willig ist, mitzieht und in einer guten körperlichen Verfassung ist. Ich habe versucht, ein bisschen was zu verändern, und wir werden gut vorbereitet in die erste Partie gehen. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 3. Liga)
SPORT1: Wie waren die ersten Tage am Betzenberg?
Schuster: Sehr intensiv und zeitaufwendig. Aber es macht riesig Spaß mit den Jungs. Wir haben ein Ziel vor Augen und nehmen es total positiv an, dass wir die Chance haben, in den beiden Spielen in die 2. Liga aufzusteigen. Wir denken nicht mehr an die drei Spiele, die zuletzt leider verloren wurden. Ich will der Truppe ein positives Denken mitgeben. 17 andere Klubs würden gerne mit uns tauschen und die Relegation spielen. Am Freitag kommen 50.000 Zuschauer - das ist doch geil. Da freut sich jeder Trainer und Spieler und solche Erlebnisse werden immer im Kopf bleiben. Das sollen meine Spieler genießen.
So fühlt sich Schuster beim FCK
SPORT1: Sie haben gesagt, dass es als Spieler oft am Betze auf die Hölzer gab. Wie war es denn jetzt, als Trainer zum Stadion hoch zu fahren?
Schuster: Es war ein unbeschreibliches Gefühl. Früher hatte man Bammel, wenn man mit dem Mannschaftsbus den Berg hinauf gefahren ist. Da hat es ordentlich gekribbelt. Und es fühlt sich jedes Mal wieder gut an, eine neue Aufgabe anzutreten, in der man Potenzial sieht. Ich bin voller Tatendrang und Feuereifer da hochgefahren und das bleibt jetzt auch so. Es ist eine hochspannende Aufgabe. Und ich will jetzt das i-Tüpfelchen auf die erfolgreiche Arbeit meines Vorgängers draufsetzen. Ich wurde auch mit sehr viel Freundlichkeit und offenen Armen empfangen.
SPORT1: Und das, obwohl sie als Profi bei Waldhof Mannheim und beim Karlsruher SC spielten. Die Erzfeinde des FCK.
Schuster: Es gab keine Vorbehalte. Ich habe zig Nachrichten bekommen und in vielen Gesprächen das Vertrauen gespürt. Die Zeit beim KSC liegt sehr lange zurück. Aber das ist nun mal eine Station in meiner Vita, bei der ich auch großen Erfolg hatte und die dadurch unvergessen bleibt. Ich habe damals alles für den Verein gegeben und genauso werde ich das auch beim FCK machen. Auch die Entscheidung für Waldhof war damals in meinen Augen richtig. Ich bereue nichts und man sollte das respektieren - und ich merke, das tut man hier auch. Ich werde alles für den FCK geben.
SPORT1: Wie haben Sie nach dem überraschenden Aus von Marco Antwerpen die Mannschaft vorgefunden? Vor allem René Klingenburg und Mike Wunderlich waren sehr eng mit Ihrem Vorgänger.
Schuster: Klinge und Mike sind mit dieser Situation sehr professionell umgegangen. Es gab nicht den Hauch von Abneigung oder Misstrauen von diesen beiden Spielern. Es waren offene und klare Augen, in die ich gesehen habe. Es waren gute Gespräche mit ihnen. Klinge kam von sich aus zu mir und sagte: ‚Ich stehe voll hinter euch, so schwierig die Situation auch für mich ist. Ich werde alles geben‘. Auch Mike hat sich ähnlich verhalten. Beide haben im Training gezeigt, dass sie voll konzentriert dabei sind. Das sind die Zeichen, die ich sehen will. Alles, was war, interessiert mich nicht.
Schuster über Antwerpen-Aus: „Sehr bedauerlich“
SPORT1: Es war eine besondere Situation. Antwerpen hat den Klub erst gerettet und ihn dann auf Platz drei geführt. Können Sie mit ihm fühlen?
Schuster: Natürlich. Es war auch eine spezielle Situation. Jede Beurlaubung eines Trainers ist hart. Ich habe es selber einige Male erlebt, man will es gar nicht wahrhaben. Es gibt ähnlich Fälle wie einst beim 1. FC Köln, als Markus Anfang auf Platz 1 gehen musste (April 2019, d. Red.). Ich weiß auch, dass es für Marco Antwerpen kein Vergnügen war, auf Platz drei gehen zu müssen. Das war sehr bedauerlich.
SPORT1: Antwerpen wurde der Erfolg quasi aus den Händen gerissen. Sehen Sie es ähnlich?
Schuster: Marco Antwerpen war über seine Entlassung enttäuscht und das kann ich absolut verstehen. Er hat einen großartigen Job gemacht. Umgekehrt wäre ich auch traurig.
SPORT1: Sie sind ein Malocher-Typ. Könnte das deshalb so gut passen zwischen Ihnen und dem FCK?
Schuster: In Kaiserslautern wird ehrliche Arbeit genauso anerkannt wie in gewissen anderen Städten. Da ziehe ich gerne den Vergleich mit Darmstadt 98, mit denen wir von der 3. in die Bundesliga durchmarschiert sind. Ich sehe mich als Zulieferer für das Team. Und wenn der Tag morgens um acht beginnt und abends um neun endet, dann ist es so. Ich arbeite gerne viel für den Klub, bei dem ich gerade angestellt bin. Tag und Nacht für den Verein da zu sein, das ist mein Job. Dafür werde ich bezahlt.
„Der Traum von der 2. Liga lebt“
SPORT1: Sie haben einen Vertrag bis 2024. Was passiert, wenn der Aufstieg nicht gelingt? Dann müssen Sie mit dieser Hypothek leben.
Schuster: Darüber mache ich mir keine Gedanken. Ich bin ein positiv denkender Mensch und glaube an den Aufstieg mit dem FCK. Jetzt schon darüber nachdenken, ‚was wäre wenn‘, ist der falsche Ansatz. Was zählt, ist das Hier und Jetzt. Und das ist, am Freitag mit ganzer Leidenschaft auf dem Platz zu stehen und ein gutes Ergebnis für das Rückspiel erzielen. Der Traum von der 2. Liga lebt.
SPORT1: Sie haben mit Thomas Hengen zusammen beim KSC gespielt. Haben Sie all die Jahre Kontakt gehabt?
Schuster: Zunächst mal: Wir beide hatten im Pokalfinale 1996 ein spezielles Erlebnis. Da habe ich einen Zweikampf gegen ihn nicht ganz fair geführt und danach sind wir ein wenig aneinander geraten (lacht). Nach der Zeit beim KSC haben wir uns dann aus den Augen verloren. Wir hatten später noch zusammen den Fußballlehrer gemacht, aber wir haben nie regelmäßig telefoniert oder so.
SPORT1: Braucht der FCK am Freitag vor allem gute Nerven?
Schuster: Die Nerven werden eine große Rolle spielen. Aber auch die Geschlossenheit und der Leistungswille. Wir können das nur zusammen mit den Fans schaffen. Wir brauchen auch sehr viel Disziplin. Dynamo hat individuelle Qualität und kann jeden Fehler bestrafen. Wir wollen mutig, sauber und klar nach vorne spielen.
So geht Schuster mit Götze um
SPORT1: Dynamo ist seit 17 Spielen sieglos, gegen Absteiger Aue gab es daheim ein 0:1. Macht Ihnen das nicht Hoffnung?
Schuster: Ich habe Dynamo gegen Aue und beim KSC gesehen. In beiden Spielen war das eine gute Leistung, da hätten sie 3:0 führen müssen, sie haben aber etliche Großchancen liegen gelassen. Dass man nach 17 sieglosen Spielen wenig Selbstvertrauen hat, ist normal. Am Freitag wird es aber ein anderes Spiel werden. Dynamo wird keine Angst haben. Was vorher war, wird keine Rolle spielen.
SPORT1: Ein Sorgenkind ist zur Zeit Felix Götze. Wie sind Sie mit ihm umgegangen?
Schuster: Felix hat den gleichen Vertrauensvorschuss bekommen wie jeder bei uns. Er hat sich im Training sehr gut präsentiert und macht es mir schwer, die richtige Besetzung im Mittelfeld zu finden. Ich habe nicht ansatzweise gemerkt, dass seine Verletzung ein Handicap sein könnte. Felix ist genauso heiß wie alle anderen.