Sechs Jahre lang war Hasan Kivran der starke Mann bei Türkgücü München, führte den Klub aus der Landesliga bis in die 3. Liga.
Türkgücü-Mäzen bricht sein Schweigen
Doch im vergangenen Winter folgte der Paukenschlag: Da sich der Mäzen und die anderen fünf Gesellschafter weigerten, im Zuge der DFB-Nachlizenzierung einen Fehlbetrag von rund zwei Millionen Euro auszugleichen, musste der Klub Ende Januar Insolvenz anmelden. Zudem wurde am 24. März der Spielbetrieb eingestellt. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der 3. Liga)
Lange war der 56 Jahre alte Unternehmer von der Bildfläche verschwunden, nun hat er sein Schweigen gebrochen. „Bis Ende 2021 habe ich zehn Millionen Euro in den Klub gesteckt“, erklärte Kivran, angesprochen auf seinen größten Fehler, bei der Bild. „Türkgücü war wirtschaftlich gesehen kein gutes Investment.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur 3. Liga)
Türkgücü: Ex-Boss kritisiert Stadt München
Türkgücü sei zunächst eine „Erfolgsstory“ gewesen, „aber die sportlichen Probleme wurden immer größer, obwohl wir einen Etat von rund sechs Millionen Euro hatten. Die Kosten sind seit dem Aufstieg in die 3. Liga explodiert. Ich musste mich fragen: Machst du weiter, auch wenn der Plan nicht aufgeht? Und, noch wichtiger: Wie ist die Perspektive? Sie fehlte gänzlich.“ (DATEN: Die Tabelle der 3. Liga)
Verantwortlich für das Aus machte der Unternehmer auch die Stadt München. „Leider ist die Stadt München anscheinend nicht für drei Profiklubs gemacht“, sagte Kivran. „Komisch, denn in Westdeutschland klappt es mit vielen Klubs innerhalb weniger Kilometer sehr gut. Das hat sehr an uns gezerrt. Unsere Wettbewerber haben ihre Verluste mit Staatshilfen (nach Corona, Anm. d. Red.) ausgeglichen bekommen. Wir als Aufsteiger wurden bei den Auflagen an den Zuschauereinnahmen der Regionalligasaison gemessen. Sicherlich wurden wir hier benachteiligt.“
Sein Hauptvorwurf: „Ohne vernünftige Nachwuchsarbeit kann man keinen Profiklub etablieren. Auf einer Bezirkssportanlage ist das nicht möglich. Hinsichtlich eines eigenen Trainingsgeländes wurden wir immer nur bei Laune gehalten. Effektiv ist nichts passiert, ein Gelände wurde uns verwehrt. Das war ein wichtiger Punkt und ist enttäuschend, denn wir sind das Thema bereits vor fünf Jahren angegangen.“
Türkgücü-Mäzen zieht Vergleich zu Kaiserslautern
Auch auf die Kritik von DFB-Vizepräsident Peter Frymuth, Türkgücü habe unseriös gewirtschaftet, reagierte Kivran. „Das sehe ich anders“, betonte er. „Kaiserslautern hat damals eine Planinsolvenz mit über 20 Millionen Euro Schulden angemeldet, solch ein Betrag baut sich nicht über Nacht auf. Aber über den FCK habe ich keine solchen Kommentare von Herr Frymuth gehört.“
Den Vorwurf, er habe sich in sportliche Belange eingemischt, weist Kivran ebenfalls zurück: „Ich wäre kein guter Unternehmer, wenn ich dem Trainer die Aufstellung diktieren würde. Ich bezahle ihn ja, damit er Entscheidungen trifft. Das Gerede darum ist Schmarrn. Wir haben uns mit der sportlichen Leitung einmal pro Woche zusammengesetzt. Jeder durfte seine Meinung sagen.“
Türkgücü sei im Bereich Sponsoren nicht stark gewesen, was aber Zeit brauche. Zudem betonte er, dass er kein „Alleinherrscher“ sei. „Ich habe sechs Jahre Herzblut in den Klub gesteckt“, erklärte Kivran. „Nicht mehr in Türkgücü zu investieren, war eine Entscheidung, die mir schwergefallen ist. Aber ich musste sie treffen.“