Gehen bald die Lichter beim KFC Uerdingen aus? Das Flutlicht in der altehrwürdigen Grotenburg leuchtet schon lange nicht mehr. Doch jetzt droht der Super-GAU.
War's das für Uerdingen?
Nachdem Investor und Präsident Mikhail Ponomarev schon im vergangenen November seinen Ausstieg im Sommer angekündigt hat, sucht man seitdem einen neuen Investor. Bis jetzt ohne Erfolg.
Eines steht fest: Ohne neuen Geldgeber geht der Klub freiwillig in die Regionalliga zurück. "Ich werde alles tun, um einen neuen Investor zu finden", sagte der 46-Jährige, seit 25. Juni 2016 im Amt, unlängst. Nun überschlagen sich die Ereignisse. Ponomarev und Geschäftsführer Nikolas Weinhart werden am 20. Januar ihre Ämter niederlegen.
"Aufgrund des aktuell ruhenden Trainings- und Wettkampfbetriebes der Jugendmannschaften des KFC Uerdingen hat der Verwaltungsrat genug Zeit, Nachfolger zu finden und zu installieren", wird Ponomarew in einer Vereinsmitteilung zitiert.
Funkel hat Angst
Eine Uerdingen-Legende schaut besorgt auf die aktuelle Situation. "Ich habe Angst um den KFC. Egal, was auch immer passieren wird mit dem Verein, wird es schwer im Profifußball zu bleiben. Das wäre wirklich schade", sagt Kulttrainer Friedhelm Funkel zu SPORT1.
Der 67-Jährige spielte von 1973 bis 1980 und von 1983 bis 1990 für den Verein, der damals noch Bayer 05 Uerdingen hieß. Funkel, der in Krefeld wohnt, hat die erfolgreichen Zeiten in den 1980er Jahren miterlebt wie den Pokalsieg 1985 und das Erreichen des Halbfinales im Europapokal der Pokalsieger 1986. Von 1990 an war er Co-Trainer im Verein, anschließend bis 1996 Chefcoach.
Ponomarev mit Schreckensszenario
Für den Fall, dass kein Investor gefunden wird, skizzierte Ponomarev nun ein Schreckensszenario. "Dann wird der KFC in der kommenden Saison nicht mehr in der 3. Liga spielen, sondern in der Regionalliga." Ponomarev hatte schon länger den Glauben daran verloren, dass es sportlich nach oben geht. Ein neuer Investor muss her - schnellstmöglich.
Die Uhr tickt. Der Verein wollte sich auf SPORT1-Nachfrage nicht weiter äußern. Wieder mal. Zumindest die Spieler können durchatmen, denn die Gehälter für November wurden alle pünktlich gezahlt. Dem ehemaligen Europacup-Teilnehmer droht eine Liquiditätslücke. Er selbst bezahle derzeit alle Rechnungen, einen Geldzufluss von außerhalb gebe es nicht, hatte Ponomarew am Dienstag erklärt.
In der Mannschaft geht man fest davon aus, dass der Investor ernst macht und nicht wie Hasan Kivran bei Türkgücü München den Rücktritt vom Rücktritt verkündet.
"Please don't kill me!"
Der KFC steht nun vor dem Aus, Ponomarev bittet: "Please don't kill me!" Und er zeichnete eine düstere Prognose: "Der KFC ist kein attraktives Investment. Was haben wir schon? Eine Drittliga-Lizenz. Das ist alles." Mit diesen Worten dürfte er auch den letzten verbleibenden Interessenten vergrault haben. In Krefeld muss man ab jetzt vom Rückzug in die Regionalliga ausgehen.
Ein Problem ist die Stadion-Frage: Nach stundenlanger Debatte und in geheimer Abstimmung wurde der Vorschlag der Verwaltung, den Kostenrahmen von 10,5 auf 17,8 Millionen Euro auszudehnen, abgelehnt. Hintergrund der Ablehnung war eine zunehmende Skepsis in eine zukunftsträchtige Strategie des Vereins bei der momentanen desolaten Lage. Solange nicht klar ist, wie das Stadion langfristig genutzt wird, darf kein einziger Euro mehr rein fließen", sagte unlängst CDU-Ratsherr Gero Hattsein in der Sitzung.
Funkel spricht den sportlichen Hauptfehler der Vergangenheit ganz klar an. "Der KFC hat in den zurückliegenden Jahren Spieler verpflichtet, die schon über ihrem Zenit waren. Es wurde mehr auf Namen geschaut als auf Qualität."
Funkel lobt kleinen Kurswechsel
Doch etwas stimmt Funkel positiv. "Mit Beginn dieser Saison hat man einen kleinen Kurswechsel vorgenommen und setzt auf junge und hungrige Spieler und plötzlich kann man sich das wieder anschauen", findet er und lobt den aktuellen Trainer Stefan Krämer: "Er macht das hervorragend, ist mit Begeisterung dabei. Vor der Saison habe ich gesagt, dass ich dieser Truppe Platz sieben bis zwölf zutraue. Das können sie nach wie vor erreichen."
Die aktuelle Entwicklung mit Ponomarevs Ausstieg kommt daher zur Unzeit. "Umso trauriger bin ich, dass sie jetzt möglicherweise aus dem Profifußball verschwinden."
Der frühere Trainer, der seine Karriere nach seinem Aus bei Fortuna Düsseldorf im Januar 2020 vorübergehend beendet hatte, sich nun aber ein Comeback auf der Trainerbank vorstellen kann, hat aber auch Mitleid mit dem KFC.
"Sie haben in den vergangenen Jahren ganz schwere Rahmenbedingungen gehabt und das kann man Ponomerav nicht vorwerfen. Es gab kein richtiges Trainingsgelände und das Team ist kreuz und quer durch Krefeld gefahren, um trainieren zu können. Auch jetzt hat man schlechte Plätze. Das alles ist schwierig, in Erfolg umzumünzen."
"Sie haben ihre Heimat verloren"
Seit rund drei Jahren hat der KFC kein Heimspiel mehr in der Grotenburg gehabt. "Sie haben ihre Heimat verloren und man ist mit der Stadt noch nicht so weit, dass das Stadion komplett saniert werden konnte."
Ein Jahr wurde in Duisburg gespielt, nun trägt der Klub bereits in der zweiten Saison Heimspiele in Düsseldorf aus. Dies habe "Millionen gekostet", weiß Funkel. "Dieses Geld hätte man besser in eine starke Infrastruktur oder junge, entwicklungsfähige Spieler stecken können. Doch es wurden vier bis fünf Millionen Euro in Miete gesteckt. Das ist alles nicht positiv."
Es sei "einfach schade, weil man in den zurückliegenden 40 Jahren Erfolge vorzuweisen hat und es immer noch eine treue Anhängerschaft gibt. Für die tut es mir auch leid. Noch habe ich Hoffnung, aber es tut weh mit ansehen zu müssen, dass nun der Abschied vom Profifußball kommen könnte".
Würde Funkel für seinen Verein nach seinem Comeback-Überlegungen noch mal auf die Trainerbank beim KFC zurückkehren? Seine Antwort ist deutlich. "Ich kenne die Konstellation mit dem Investor und diese ist für mich nicht geeignet, um dort zu arbeiten."