Es gehört zu den brisantesten Derbys im deutschen Profifußball.
Das heißeste Derby des Wochenendes
Der 7. Spieltag in der 3. Liga steht an - und da empfängt am Sonntag (3. Liga: 1. FC Kaiserslautern - Waldhof Mannheim am So. ab 13 Uhr im LIVETICKER) der 1. FC Kaiserslautern den SV Waldhof Mannheim. Ein Hochrisiko-Spiel, denn zum ersten Mal seit 22 Jahren stehen sich die ersten Mannschaften beider Klubs in einem Ligaspiel gegenüber.
Die jüngste Nachricht, die die Brisanz dieses Derbys deutlich macht: Die Mannheimer Polizei nahm einem Waldhof-Fan eine Waffe ab, mit der er zuletzt in mehreren Pöbel-Videos im Internet posiert hatte.
Auch andere Vorfälle sorgten schon lange vor dem Anpfiff für Entsetzen. Eine Brücke an der Mannheimer Stadteinfahrt wurde mit einer Graffiti-Botschaft beschmiert, einige Tage später folgte die Antwort: Am "Elf-Freunde-Kreisel" am Fuße des Betzenbergs wurden zwei Figuren die Köpfe abgeschlagen und diese auf dem Rücken mit blauer Farbe beschmiert.
Schon vor einigen Wochen nach der Aufstiegsfeier des SV Waldhof ging es mit den Provokationen los, als auf einer Mannheimer Fanfeier geschmacklose Gesänge gegen die 2002 verstorbene FCK-Legende Fritz Walter angestimmt wurden, von denen anschließend ein Video im Internet kursierte.
Fassungslosigkeit nach Aktionen der Ultras
Bei den Vereinen sorgen Aktionen wie diese für Fassungslosigkeit. "Die in den beiden Nächten getätigten Handlungen sind geprägt von Vandalismus am Eigentum der Allgemeinheit", sagt Mannheims Fanbeauftragter Adrian Hudalla mit Blick auf den jüngsten Vandalismus zu SPORT1. "Wir werden diese Aktionen nicht dulden und sollten hier Täter ermittelt werden, wird der Verein auch aktiv. Es handelt sich in beiden Fällen um völlig unsinnige Aktionen, die nichts mit Vereinsliebe oder Treue zu tun haben."
Für Huballa ist es das erste Derby - und er lobt die bisherige Zusammenarbeit mit den Fans. "Vor dem Hintergrund, dass ich erst ein paar Wochen das Amt des Fanbeauftragten innehabe, kann ich mich bei unserer Fanszene für den guten Austausch nur bedanken. Das Bestreben, durch positive Erlebnisse Zeichen zu setzen, ist deutlich spürbar. Das haben vor allem unsere Ultras diese Saison bei allen unseren Heimspielen bewiesen."
Auch der FCK-Fanbeauftragte Alexander Krist ist erst wenige Monate im Amt. Er sieht es bei SPORT1 ähnlich: "Kleinere Sticheleien unter den Fans gehören zu einem Derby dazu, aber hier handelt es sich um Vandalismus und Sachbeschädigung, das ist weder witzig noch kreativ." Allerdings, so Krist, handele es sich nur um "einzelne Fans" und man dürfe das "nicht zu hoch hängen".
Letztes Ligaspiel vor 22 Jahren
Warum aber herrscht bei diesem Duell so eine hohe Brisanz?
Angefangen hat die Rivalität zwischen beiden Vereinen mit dem Aufstieg der Mannheimer 1983 in die Bundesliga. Der Verein, der damals von Kulttrainer Klaus Schlappner trainiert wurde, hatte kein eigenes erstligataugliches Stadion und musste in das nahegelegene Südweststadion in Ludwigshafen ausweichen.
Das empfanden viele im Umfeld des FCK als Einbruch in ihr Revier. Waldhof wurde in der Umgebung Ludwigshafen immer beliebter, in Kaiserslautern fürchtete man um die Alleinherrschaft in der linksrheinischen Kurpfalz. Ein Dauerstreit war programmiert - und es entwickelte sich eine immer größer werdende Abneigung zwischen beiden Klubs.
Die 14 Bundesliga-Duelle zwischen 1983 und 1990 wurden stets von Krawallen begleitet. Eines der denkwürdigen Spiele fand am 15. April 1987 in Ludwigshafen statt, Waldhof gewann mit 4:3.
Der Mannheimer Karl-Heinz Bührer lieferte sich bei den so genannten "Kurpfalz-Derbys" regelmäßig heiße Duelle mit dem damaligen FCK-Keeper und heutigen Torwarttrainer Gerry Ehrmann.
Die Lauterer Torwartlegende legte sich gerne mit den Gegnern aus Mannheim an - und daran hat sich bis heute nichts geändert. Zuletzt sagte Ehrmann bei einem Fan-Treffen auf Waldhof angesprochen: "Gibt es die immer noch?"
Waldhof setzt Ausrufezeichen
Ja, es gibt sie noch - und sportlich haben die Mannheimer in der aktuellen Saison schon ein Ausrufezeichen gesetzt, stehen auf Platz vier wesentlich besser da als der FCK auf Rang zehn.
Die Vorbereitungen für Sonntag laufen seit Wochen. Der Elf-Freunde-Kreisel wird am Samstag voraussichtlich von 10.40 Uhr bis 11.45 Uhr gesperrt. "Da es verkehrstechnisch ein Knotenpunkt am Stadion ist, an dem die Gästefans, die mit dem Zug kommen und vorbeilaufen, hat der Kreisel schon eine gewisse Bedeutung", erklärt Krist.
Die Angst vor Ausschreitungen ist dennoch groß, teilweise überlegen Fans sogar, dem Spiel fernzubleiben. Dazu gibt es beruhigende Worte von den beiden Fansprechern. "Ich habe Vertrauen in die Sicherheitsorgane. In der jüngeren Vergangenheit haben die Konzepte in den Partien gegen Karlsruhe oder Offenbach gut funktioniert. Ich glaube auch daran, dass die Sicherheitsorgane in Kaiserslautern das meistern", meint Hudalla.
Die Highlights der 3. Liga am Montag ab 23.30 Uhr in 3. Liga Pur im TV auf SPORT1
"Angst habe ich überhaupt nicht. Ich spüre eher Vorfreude auf ein stimmungsvolles und emotionsgeladenes Derby", sagt Krist. "Wir freuen uns auf die Partie und sind gut vorbereitet. Wichtig ist, sich im Vorfeld intensiv mit allen Beteiligten und allen sicherheitsrelevanten Gruppen und Behörden auszutauschen. Wir stehen seit Wochen in Kontakt. Je mehr Informationen man im Vorfeld hat, desto besser kann man den Spieltag vorbereiten."
Beruhigung für die Zuschauer
Er verspricht, dass alles dafür getan werde, "damit jeder Fan, der am Sonntag kommen möchte, um ein tolles Derby auf dem Rasen und auf den Rängen zu sehen, dies auch ohne Probleme tun kann".
Vor dem Spiel wandten sich beide Klubs daher auch in einem offenen Brief an die aktive Fanszene. "Es ist wichtig", betont Krist, "allen Fans noch mal deutlich zu machen, dass wir ein Derby mit vielen Emotionen wollen, dass es aber auch klare Grenzen gibt".
Und mit welchem Gefühl gehen die beiden Trainer in das Spiel? "Unsere Fans haben sich die gesamte letzte Saison vorbildlich verhalten - und das erwarte ich auch in Kaiserslautern", sagt Waldhof-Coach Bernhard Trares SPORT1.
"Wir gehen mit einem guten Gefühl in dieses Spiel", stellt FCK-Cheftrainer Sascha Hildmann bei SPORT1 klar, das Thema Fan-Rivalität werde er komplett ausblenden: "Damit befassen wir uns nicht. Wir konzentrieren uns voll und ganz auf unsere sportliche Aufgabe. Ich habe vollstes Vertrauen in die verantwortlichen Personen und glaube, das Thema wird auch etwas zu hoch gehängt. Uns beeinflusst das nicht, wir sind voll auf unsere Vorbereitung fokussiert."