Wenn schon, denn schon. Red Bull ist nicht fürs Zaudern bekannt, ganz im Gegenteil: Was der Energy-Drink-Gigant anpackt, tut er mit aller Macht. Insofern kommt der gewaltige Coup mit Jürgen Klopp als neuen globalem Fußball-Chef gar nicht so überraschend, wie es auf den ersten Blick scheinen mag. Öffentlichkeitswirksam wäre allerdings noch vorsichtig umschrieben - es ist ein Deal mit gigantischem PR-Knalleffekt.
Künstliche Empörung ist fehl am Platz
Ob es für Klopp die richtige Entscheidung ist, wird die Zeit zeigen. Doch vieles spricht dafür. Der langjährige Trainer hat sich vor allem durch seine Engagements in Dortmund und dann noch mehr in Liverpool einen Status erarbeitet, in dem es für ihn nicht mehr viele attraktive Job-Optionen gibt.
Wirtschaftliche Faktoren mal außen vor gelassen, bietet das weltweite Imperium für einen Netzwerker wie Klopp eine mehr als spannende Aufgabe.
Wo ist das Risiko für Klopp?
Die Knochenmühle als Klubtrainer war ohnehin nicht mehr verlockend. Und für den reizvollen Posten des Bundestrainers, momentan mit Julian Nagelsmann mehr als stabil besetzt, gibt es dem Vernehmen nach eine Ausstiegsklausel. Es könnte der perfekte Anschlussjob nach der WM 2026 werden. Wo ist also das Risiko?
Natürlich läuft Klopp, der erklärte Romantiker, Gefahr, seinen Ruf anzukratzen. Er schließt sich einem der umstrittensten Sponsoren des Weltfußballs an.
Der unter anderem in seiner Heimat mit RB Leipzig den etablierten Klubs Konkurrenz macht, mit Mitteln und Praktiken, die Fans in weiten Teilen verachten und offen anprangern. Aus der aktiven Fanszene, gerade rund um den BVB, werden es ihm einige übel nehmen, dass er nun das Gesicht dieser für nackten Kommerz stehenden Marke sein wird.
Bleibt Klopp glaubhaft?
Klopps große Stärke war und ist immer die Authentizität. Steht diese nun in Frage? „Ich könnte nicht aufgeregter sein, mich an einem Projekt wie diesem zu beteiligen“, ist schlimmer PR-Sprech und lässt wohl viele Menschen, denen Klopp bei seinen Stationen wirklich etwas bedeutete, zu Recht erschaudern.
Und dennoch darf man guter Hoffnung sein, dass er nun auch in diesem Spannungsfeld seine Fähigkeit unter Beweis stellen wird, Entscheidungen mit Argumenten zu erklären und dabei glaubhaft zu bleiben.
Auf enttäuschte Anhänger, für die Red Bull symbolhaft das Böse im Fußball darstellt, wird er zugehen. Sich in den Wind stellen, wie man ihn kennt.
Klopp muss niemandem mehr etwas beweisen
Künstliche Empörung ist fehl am Platz. Es ist sein Leben. Klopp muss niemandem mehr etwas beweisen und sich schon gar nicht nach fremdem Willen richten.
Vielmehr wird er sich im Alter von 57 Jahren gefragt haben: Reizt mich das, will ich das? Es geht hier nicht um eine Botschafterrolle. Kräftezehrende Reisen und Machtkämpfe liegen in der Natur der Sache. Auch wenn der Druck im Tagesgeschäft ein anderer ist: Red Bull wird Ergebnisse sehen wollen, über den eingepreisten Sympathiegewinn hinaus.
Mitte Januar wird Klopp im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt werden - den Rummel kann man sich schon jetzt gut ausmalen. Ein gutes halbes Jahr Auszeit ist dem umtriebigen Fußballverrückten, der in Liverpool am Ende ausgebrannt war, offenbar genug.
Kloppo ist wieder da. Das ist fürs Geschäft (!) Profifußball eine gute Nachricht.