Wie eine kitschige Schnulze begann die Geschichte von der Rückkehr des verlorenen Sohnes Nikola Kalinic zu seiner Jugendliebe Hajduk Split. Für nur einen Euro Gehalt unterschrieb der langjährige kroatische Nationalspieler Anfang des Jahres bei dem Klub, bei dem seine Karriere begann.
Ein Traditionsklub versinkt im Chaos
Doch was wie eine romantische Lovestory begann, verkommt mehr und mehr zu einer Schlammschlacht. Nachdem Kalinic im Sommer seine Kickschuhe an den Nagel hängte, stieg er zum Sportdirektor bei Hajduk auf. Nun endete sein nur gut zweimonatiges Engagement mit einem großen Knall.
Kalinic: „Ich bin der Sündenbock“
„Sie haben mich gefeuert, aber der Präsident ist nur eine Schachfigur des Aufsichtsrats“, sagte Kalinic. Einen Tag nach seinem Aus lud der 36-Jährige am Mittwoch in einem Hotel in Split zu einer Pressekonferenz - es wurde eine halbstündige Abrechnung mit der Klubführung.
„Die Leute, die Hajduk führen, mögen den Verein nicht und haben nichts mit Fußball zu tun“, wurde Kalinic in kroatischen Medien zitiert. Seine Worte richteten sich vor allem an den Aufsichtsrat.
„Ich bin der Sündenbock und das Problem sind die Menschen hinter meinem Rücken. Der nächste, der kommt, wird auch ihre rechte Hand sein und ein Mann sein, der mit dem Kopf nickt“, prophezeite der frühere Milan-Star.
Kalinic wollte etwas bewegen bei seinem Klub. Das Problem: Aufgrund der angespannten finanziellen Situation waren ihm die Hände gebunden. Erst sollten Spieler verkauft werden, um frisches Geld für neue Transfers zu generieren. Doch einzig der Verkauf von Emir Sahiti für 1,5 Millionen Euro an den Hamburger SV spülte etwas Geld in die klammen Kassen. Mit der ablösefreien Verpflichtung des mittlerweile 36 Jahre alten Ex-Barca- und Ex-Schalke-Stars Ivan Rakitic gelang im Sommer immerhin ein Coup.
„Bin kein Zauberer“
Doch das Transferfenster gestaltete sich insgesamt schwierig. Ein Angebot über sieben Millionen Euro aus Parma für den 20-jährigen Rokas Pukstas wurde vom Aufsichtsrat abgeschmettert, man hätte lieber zehn Millionen gesehen, verriet Kalinic: „Ich bin kein Zauberer, das Geld, das sie erwartet haben, ist nicht realistisch.“
Nur zu gern würde man bei Hajduk an frühere Erfolge anknüpfen. Der letzte Meistertitel des neunmaligen Champions liegt 19 Jahre zurück. Immerhin: 2022 und 2023 wurde der Traditionsklub Pokalsieger.
Mit Gattuso zurück zu altem Glanz?
Der ersehnte Einzug in den Europapokal scheiterte in diesem Jahr krachend. In der Qualifikation zur Conference League war bereits in der 3. Runde gegen den slowakischen Außenseiter MFK Ruzomberok Endstation. Dabei sollte eigentlich der italienische Weltmeister Gennaro Gattuso als Trainer mithelfen, den Traditionsklub wieder zurück zu altem Glanz zu führen.
Zwar ist man in der Liga nach fünf Spielen noch ungeschlagen und vor dem Kracher gegen Dinamo Zagreb am Freitag noch mit zwei Punkten Rückstand in Schlagdistanz zum Erzrivalen. Doch zuletzt brodelte es bereits abseits des Platzes.
„Der Trainer hat einen Monat lang nicht mit dem Präsidenten gesprochen, weil er ihm keine vier Neuzugänge geholt hat“, erklärte Kalinic: „Es stellte sich heraus, dass ich das Opferlamm war, und diese Mäuse versteckten sich im Loch.“
Wirbel um Perisic
Für zusätzliche Unruhe sorgte auch die Personalie Ivan Perisic. Anfang des Jahres wurde der früher bei Dortmund, Bayern und Inter Mailand aktive Offensivstar ebenfalls als gefeierter Rückkehrer bei seinem Jugendklub empfangen, doch mittlerweile ist er schon wieder Geschichte. Es soll Zoff mit Gattuso gegeben haben.
„Sicherlich ist es jedem klar, dass ich mich nicht wegen des Geldes oder der medizinischen Versorgung für Hajduk und Split entschieden habe. In meinem Wunsch zu helfen, habe ich meine Gesundheit und meine Familie oft an zweiter Stelle gesetzt, und ich bereue es nicht, weil ich keinen anderen Weg kenne“, erklärte Perisic kürzlich dem Dalmatinski Portal. Doch dann habe jemand anderes entschieden, „dass meine Hilfe nicht mehr gebraucht wird“, sagte er in Bezug auf die angeblichen Unstimmigkeiten mit Gattuso.
Auch das Aus von Kalinic hat einen bitteren Beigeschmack. „Hajduk ist der erste und letzte Verein in meinem Leben. Ich werde weiterhin Hajduk unterstützen, aber den Leuten sollten die Augen über den Zustand des Vereins geöffnet werden“, sagte Kalinic noch. „Wir sind ein Verein, der von 70 Prozent der kroatischen Bevölkerung unterstützt und von Amateuren geleitet wird.“
Und er stellte ernüchtert fest: „Ich wollte Hajduk helfen, aber ich glaube nicht, dass der Verein das erkannt hat.“