Im Sommermärchen-Prozess hat Günter Netzer seinen geplanten Zeugen-Auftritt wie angekündigt nicht wahrgenommen. Der 79-Jährige habe über seine Anwälte auch eine Vernehmung per Video abgelehnt, teilte das Gericht am Donnerstag mit. Bereits am vorherigen Verhandlungstag war verkündet worden, dass der Weltmeister von 1974 nicht persönlich vor dem Landgericht Frankfurt erscheinen wird. Das Gericht habe in diesem Fall keine Handhabe, weil Netzer seinen Wohnsitz in der Schweiz habe.
Sommermärchen-Prozess: Netzer schweigt
Die früheren FIFA-Funktionäre Sepp Blatter und Urs Linsi hatten dagegen laut Vorsitzender Richterin Eva-Marie Distler ihre Bereitschaft für eine Zeugenaussage per Videoschalte gegeben, hierfür würden aber noch finale Zusagen der Schweizer Behörden fehlen. Ein Termin ist deshalb noch offen. Am 11. Juli sollen mit dem ehemaligen DFB-Präsidenten Fritz Keller sowie dem früheren Beckenbauer-Manager Marcus Höfl weitere prominente Zeugen vernommen werden.
In Frankfurt stehen drei frühere DFB-Spitzenfunktionäre vor Gericht. Den ehemaligen Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie dem langjährigen Generalsekretär Horst R. Schmidt werden "Hinterziehung, bzw. Beihilfe zur Hinterziehung von Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für das Jahr 2006 in Höhe von über 13,7 Millionen Euro zugunsten des DFB" zur Last gelegt.
Niersbach, Zwanziger und Schmidt, die wie der verstorbene Franz Beckenbauer dem WM-Organisationskomitee angehörten, weisen die Vorwürfe zurück. Die Ermittlungen zu den undurchsichtigen Geldflüssen rund um die WM 2006 ziehen sich bereits mehrere Jahre hin. In Frankfurt geht es um die 6,7 Millionen Euro, die als Betriebsausgabe für eine Gala deklariert wurden.
Das Geld wurde 2005 vom Organisationskomitee über den Weltverband FIFA mutmaßlich an den inzwischen verstorbenen früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren FIFA-Funktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.