„Danny, Danny Röhl... Danny, Danny Röhl“, hallte es Anfang Mai durch die Gäste-Kabine im Stadion des AFC Sunderlands. Zur abgeänderten Version von Boney M‘s Daddy Cool feierte der englische Traditionsklub Sheffield Wednesday den Klassenerhalt in der englischen Championship - und würdigte denjenigen, der den Verbleib in Englands zweithöchster Spielklasse überhaupt erst ermöglicht hat: Danny Röhl.
Flick-Schattenmann in England gefeiert
Jener Röhl, der bislang nur im Schatten von Ex-Bundes- und Bayern-Trainer Hansi Flick aufgetreten war - und sich zuletzt einer Schimpftirade von Mehmet Scholl ausgesetzt sah.
„Ich glaube, dass Flick bei der WM verrückt gemacht wurde von seinem Co-Trainer-Studenten, der ihn mit dem iPad permanent abgelenkt hat“, ätzte Scholl beim Bild-Talk im Rahmen des OMR-Festivals in Hamburg: „Da hat Hansi so ein bisschen den Überblick verloren, weil er dem falschen Mann vertraut hat.“
Im September 2023 war Röhl zusammen mit Flick vom DFB freigestellt worden, ehe er sich einen Monat später dem Himmelfahrtskommando Sheffield Wednesday annahm. Auf dem letzten Tabellenplatz, ohne Sieg und mit nur drei Punkten nach elf Spielen übernahm der 35-Jährige die Eulen - führte sie nun zum Klassenerhalt bei seiner ersten Station als Cheftrainer.
„Unfassbar! Unglaublich! Ein Riesen-Ding! Noch nie hat ein Championship-Klub den Klassenerhalt geschafft, der nach einem Viertel der Saison noch kein Spiel gewonnen hatte“, zeigte sich Röhl bei Bild überglücklich. „Spieler, Verein und die Fans haben alle Vollgas gegeben. Ich bin so unendlich glücklich, dass wir es geschafft haben.“
Mit einer Mischung aus Red-Bull- und Bayern-Fußball zum Erfolg
Wie er das schaffte? „Geprägt vom Red-Bull-Fußball mit viel Pressing in der Kombination mit Ballbesitzphasen, in denen Lösungen zu finden sind, wie es beim FC Bayern praktiziert wurde“, erklärte Röhl, der vor seinen Stationen an Flicks Seite neben Ralph Hasenhüttl in Leipzig und Southampton tätig war, jüngst im Kicker.
Es entstand ein Spielsystem, mit dem er eine am Boden liegende Mannschaft zu 50 Punkten aus 35 Spielen führte. In der Rückrunden-Tabelle liegt er mit dem Aufsteiger und viermaligen englischen Meister sogar auf Platz sieben der 24er Liga, am Ende rettet der 20. Platz die Owls (Eulen). Aus den letzten sechs Spielen holte das Team starke 14 Punkte (4 Siege, 2 Unentschieden).
„Für mich war die größte Herausforderung das Transferfenster“
Für Röhl ist es übrigens nicht nur seine erste Trainer-Station, die eine ziemliche Herausforderung darstellte. Weil er - wie in England üblich - auch Manager ist, ist er auch für Transfers, Verträge und andere Klub-Angelegenheiten zuständig.
„Alle Transfers gehen über meinen Tisch, alle Vertragsverlängerungen, die Hotelbuchungen. Ich muss alles mit absegnen“, erklärte der ehemalige Flick-Assistent. „Für mich war die größte Herausforderung das Transferfenster. Bisher hatte ich nicht mit Beratern telefoniert, Verträge besprochen oder Spieler suchen und überzeugen müssen.“
Röhl begeistert vom Traditionsverein Sheffield Wednesday
Dennoch weiß Röhl auch um sein Glück, für einen Traditionsverein wie Sheffield (gegründet 1867) arbeiten zu dürfen. „Wir spielen zu Hause im Schnitt vor 25.000 Zuschauern, auswärts begleiten uns bis zu 4.000. Die Unterstützung ist außergewöhnlich und herausragend“, zeigte sich der 35-Jährige begeistert über die Fans den Klubs, die in Massen ins heimische Hillsborough-Stadion strömen. Jenes Hillsborough, in dem sich vor knapp 35 Jahren die größte Stadionkatastrophe der europäischen Fußballgeschichte abspielte.
„Mit seiner Historie und Tradition ist es ein ganz besonderer Klub“, weiß auch Röhl, der langfristig gerne in die Premier League aufsteigen würde. Schließlich war Wednesday 1992 ein Gründungsmitglied der Liga, pendelte seitdem allerdings nur zwischen der zweiten und dritten Spielklasse.
„Sheffield Wednesday kann wieder ein Premier-League-Klub werden“
Für Aufstiegsträume fehlt es dem Team aber noch an Klasse. „Dafür muss man viel investieren, nicht nur Geld, sondern auch mit Blick auf die Identität. Im Sommer müssen die richtigen Stellschrauben gedreht werden, 20 Verträge laufen aus. Da muss bei der Kaderzusammenstellung vieles richtig gemacht werden.“
Geht es nach Kapitän Barry Bannan (wie Röhl Jahrgang 1989), kann man in der Zukunft noch einiges von Sheffield erwarten: „Wir haben den richtigen Mann an der Spitze. Solange man an ihm festhält und ihm das gibt, was er braucht, bin ich sicher, dass es mit dem Verein aufwärts geht.“