Tennisbälle. So könnte womöglich die Antwort vieler Menschen dazu lauten, was ihnen zu den letzten Wochen einfällt, wenn man sie nach Fußballfans fragt. Die kleinen, runden Dinger waren plötzlich regelmäßige Begleiter von Spielen, flogen in hohen Protestbögen auf Rasen und Tornetze. Gerichtet war dieser Protest gegen den möglichen Einstieg von Investoren bei der Deutschen Fußball-Liga DFL.
“Grundkonflikte sind nicht gelöst“
Dabei müsse man allerdings differenzieren, sagt Dario Minden. Er war lange im Vorstand des Fan-Dachverbandes „Unsere Kurve“, dem er nach wie vor angehört, sitzt für die Fanseite in der „Kommission Fans und Fankulturen“ von DFB und DFL sowie neuerdings in der Fan- und Förderabteilung von Eintracht Frankfurt. Auch der AG „Zukunft Profifußball“ gehörte er an.
Fanvertreter Dario Minden: „Der Fußball möchte gestaltet werden“
Klar seien die Anhänger*innen ganz prinzipiell gegen den Einstieg von Investoren gewesen, obschon der in Ländern wie England längst Gang und Gäbe ist.
Die Heftigkeit des Protests habe sich vor allem entzündet, weil bei der bereits zweiten Abstimmung über das Thema im Dezember mit 24 Ja-Stimmen (von 36) die 2/3-Mehrheit hauchzart ausfiel, aber der Verdacht nahelag, dass Martin Kind gegen die Weisung von Mutterverein Hannover 96 gehandelt hat.
Damit, erklärt Minden, sei 50+1 untergraben worden, der gemeinsame Nenner, auf den sich Verbände, Vereine und Fans in der Summe bislang immer einigen konnten. Die Regel besagt, dass bei einer Ausgliederung der Profiabteilung in eine Kapitalgesellschaft mindestens 50+1-Anteil – und damit Stimmrechte – beim so genannten Mutterverein bleiben müssen.
Da es mit Vereinen wie Bayer Leverkusen und dem VfL Wolfsburg bereits Ausnahmen gibt, prüft das Kartellamt derzeit mal wieder die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift.
„Der Fußball will ja auch gestaltet werden“, schaut Minden auf die Proteste zurück. „Entweder wird er nur gestaltet von der Kapitalseite oder Fans nehmen einen gestalterischen Anspruch wahr.“
- „Flutlicht an. Im Gespräch mit der Wortpiratin“, der Podcast auf SPORT1, in dem Journalistin und Autorin Mara Pfeiffer Menschen in den Mittelpunkt stellt, die im schnelllebigen und lauten Fußballgeschäft oft zu wenig im Rampenlicht stehen.
Für ihn selbst, von Kindesbeinen an aufgewachsen mit Eintracht Frankfurt, sei schon früh klar gewesen: Meckern bringt nichts, zumindest nicht allein. Man müsse konstruktiv sein, was für ihn bedeute, sich einzubringen in die gestalterischen Prozesse im Fußball.
„Die Grundkonflikte sind nicht gelöst“
Das Ende der Investor*innen-Gespräche sieht er als Erfolg für die Fanseite, sagt aber auch: „Die Grundkonflikte sind nicht gelöst. Der Fußball ist getrieben von der Geldnot, die an allen Standorten herrscht.“ Auch wo diese nicht herrsche, gebe es maximalen Wettbewerbsdruck.
„So lange der Fußball seine Ausgabenseite nicht reguliert bekommt, ist eigentlich egal, ob zwei oder drei Milliarden reinkommen: Es wird immer auf Kante genäht sein.“ Doch an dieses Grundproblem trauten sich die Verantwortlichen nicht heran.
Der Sport müsse aber um seiner selbst willen gespielt werden, verdeutlicht Minden. Für die Menschen, für die er ein soziales Ereignis ist. Es gehe um nicht weniger als die Integrität des Fußballs, zu dem eben viel mehr gehöre als das, was auf dem grünen Rasen passiert. Das sei es, was man letztlich erkämpfen müsse, um Demokratie überhaupt zu leben. „Ich glaube, das kann man verstehen, wenn man Demokratie grundsätzlich als eine gute Sache empfindet.“