Inka Grings ist eine fußballhistorische Person. Sie war die erste Frau, die in einer der vier ersten deutschen Ligen eine Herrenmannschaft trainierte.
„Will im Männerbereich arbeiten“
In der Regionalliga Nord übernahm sie zum Ende der Saison 2018/19 den SV Straelen, stieg mit dem Klub ab und ein Jahr später wieder auf. Auch die männliche B-Jugend von Viktoria Köln trainierte die Ex-Stürmerin, die selbst sechsmal die Bundesliga-Torjägerin-Kanone gewann.
Im Frauenbereich war sie Trainerin vom MSV Duisburg, sie gewann mit den Frauen des FC Zürich 2022 das Double und leitete 2023 ein Jahr lang die Schweizer Frauen-Nationalmannschaft an. Im SPORT1-Podcast Leadertalk mit Autor und Business-Coach Mounir Zitouni erzählt sie von ihren Erfahrungen im Herrenbereich, wieso sie weiterhin das Ziel hat, mit Männern zusammenzuarbeiten und berichtet von spannenden Begegnungen mit Verantwortlichen wie Max Eberl oder Jonas Boldt.
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„Es geht nicht ums Geschlecht, sondern um die Person, den Erfolg“
Auf ihre Trainer-Zukunft angesprochen ist Inka Grings ganz klar: Sie sieht sich bei den Männern. „Ich will einfach in dem Bereich arbeiten. Wir reden über Fußball und nix anderes. Ich glaube, dass ich mich da relativ gut durchsetzen kann. Letztlich geht es nicht ums Geschlecht, sondern um die Person, um den Erfolg“, sagt Grings.
Für die zweimalige Europameisterin gibt es Gründe für ihre Vorliebe. „Es ist ein Tick anders zu arbeiten als im Frauenbereich. Das ist für mich der Reiz. Man spricht einfach anders mit Männern als mit Frauen. Die Art und Weise mit Männern zu arbeiten, das mag ich einfach. Der Fußball bei Männern ist schneller, dynamischer, mit einer anderen Art zu spielen. Das ist das, was ich spannend finde.“, so Grings.
Warum das so ist? Grings hat eine Ahnung. „Ich habe immer mit Jungs gespielt, musste mich immer durchsetzen und habe auch ausgesehen wie ein Junge. Das hat mich geprägt“, sagt Grings.
Grings schon immer von extremem Ehrgeiz angetrieben
Die 45-Jährige war schon immer von einem extremen Ehrgeiz angetrieben. Bereits als Kind.
„Ich habe einen drei Jahre älteren Bruder gehabt, wir haben uns immer gebattled, haben aber auch immer alles zusammen gemacht. Fußball, Tennis, Tischtennis. Schon da hatte ich diesen Wettkampf, der irgendwo prägt. Ich habe sehr viele Tennisschläger zerschlagen, weil ich überzeugt war, dass mich mein Bruder beschissen hat“, erzählt sie.
Sie weiß heute, dass dieser Ehrgeiz ihr später geholfen hat, aber nicht immer für Freundschaften gesorgt hat. „Ich war nicht immer einfach als Mitspielerin. Wenn mir Dinge nicht gepasst haben, habe ich schon auch immer meine Mitspielerinnen attackiert, versucht, sie nach vorne zu treiben.“
Daraus hat sie für sich mitgenommen: „Ich glaube, um erfolgreich zu sein, egal, ob im Sport, in der Wirtschaft, im Beruf, musst du übertriebenen Ehrgeiz entwickeln, um die Bereitschaft zu haben, bei Niederlagen oder bei großen Widerständen dagegen anzugehen.“
„Ich empfinde Deutschland überhaupt nicht offen“
Wenn sie von ihrer Zeit im Herrenfußball beim SV Straelen erzählt, überwiegt das Positive. „Es hat viel Spaß gemacht. Der Hype, auf den war ich vorbereitet. Es war eine coole Zeit. Die Spieler wollen Erfolg, sie wollen entwickelt werden und da ist es völlig egal, ob eine Frau oder ein Mann vor ihnen steht.“
Und die Regionalliga-Elf hatte durchaus Ambitionen. „Das war eine interessante Mannschaft. Es war nicht so, dass ich da nur No-names hatte. Da war ein Tunesier, der hatte über 50 Länderspiele oder auch ehemalige Zweitligaprofis mit über 60 Spielen“, berichtet sie.
Dass man nach wie vor zögert, eine Frau als Trainerin einer Herrenmannschaft einzustellen, das versteht Grings nicht. „Ich empfinde Deutschland überhaupt nicht offen, um sich andere Wege zu überlegen. Das finde ich sehr schade. Die Ignoranz ärgert mich ein Stück weit. Und deshalb hat der Fußball in dem Bereich auch keinen guten Ruf“, so die Trainerin.
Mounir Zitouni (53) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Führungskräfte in punkto Leadership, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.