Trotz seiner Beurlaubungen 2021 in Bremen und 2022 in Wolfsburg pflegt Florian Kohfeldt nach wie vor gute Beziehungen zu seinen einstigen Managern.
Kohfeldt: „Ich bin ein Feedbackmensch“
„Ich bin sehr vertrauensvoll mit Frank Baumann, den ich auch nach wie vor um Rat frage. Wir telefonieren nicht jeden Tag, aber wenn es mal ein Thema gibt, dann sprechen wir dazu“, erzählt Kohfeldt.
Auch mit Jörg Schmadtke, mit dem er in Wolfsburg zusammenarbeitete, hat er weiter ein gutes Verhältnis. „Ich habe sehr viel mitgenommen aus dieser Zeit. Jörg Schmadtke schätze ich unglaublich - auch im Nachgang noch.“
Kohfeldt ist ein Teamplayer. So auch beim Thema Mannschaftsaufstellung. „Das ist ein Prozess über die Woche, wo ich bis zum Donnerstag die Co-Trainer, den Torwarttrainer und immer auch den Manager nach seiner Meinung frage. Donnerstag ist das dann vorbei. Die letzte Entscheidung treffe ich dann. Das ist etwas, was ich als sehr gewinnbringend sehe. Was ich am Anfang zu sehr gemacht habe, ist, dass ich erwartet habe, dass die Verantwortung geteilt wird. So nach dem Motto, wir haben das doch gemeinsam entschieden. Aber das ist nicht so. Das musste ich lernen. Ich bin mir vollkommen bewusst: Ich trage die Verantwortung. Ich weiß rational, dass ich nicht für alles verantwortlich bin, was passiert, aber es wird am Ende trotzdem bei mir landen. Deswegen sage ich: nie Druck weitergeben an Mitarbeiter.“
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Ein Mensch, der ihm in den letzten Jahren sehr wichtig geworden ist, ist Marc Kosicke, sein Berater. „Er gehört zu den Menschen, von denen ich mir Feedback hole. Ihn kenne ich seit meiner U16-Trainertätigkeit. Da ist auch eine Freundschaft entstanden. Er ist jemand, der mir sehr wichtige Ratschläge gibt. Es kann auch mal sein, dass wir eine Stunde übers Leben reden und zehn Minuten über Fußball. Aber das ist jemand, von dem ich mir immer wieder Rat einhole.“
Kohfeldt möchte neue und andere Impulse, um weiterzukommen. „Ich bin ein Feedbackmensch“, so beschreibt es der 40-Jährige. „Aber man muss aufpassen, manchmal ist es auch zu viel.“
So beschreibt Kohfeldt seine Arbeit
Das hat auch mit einem gewissen Perfektionismus zu tun. Aber: „Perfektionismus ist im Fußball nicht zu erreichen und schadet eher. Aber man muss immer dahinarbeiten, der Anspruch muss bleiben. Nur darf man sich nicht zu negativ mit der Realität auseinandersetzen, wenn es anders kommt. Ich bin ein positiver Mensch. "
Das Verhältnis zu seinen Spielern steht bei Kohfeldt im Mittelpunkt. „Ich versuche so nah wie möglich an die Spieler ranzukommen. Meine Maßgabe ist aber nicht, dass alle 25 Spieler meine Freunde sind. Das wird auch nicht klappen. Was ich will, ist, dass alle eine Basis-Beziehung zu mir als Trainer und auch als Person haben, die es möglich macht, dass man dauerhaft in Kontakt steht. Das ist die Basis. Dass du in der Lage bist, mit jedem zu kommunizieren. Darüber hinaus gibt es Spieler, die brauchen sehr viel Nähe. Aber auch Spieler, die wollen es eher förmlich haben“, sagt der Ex-Bremen-Coach, der am Spielfeldrand stets sehr emotional auftritt.
Womit hängt das zusammen? „Ich hatte immer das Gefühl, dass die Beziehungen zu meinen Mannschaften gut waren. Und wenn das so ist, dann will ich sie am Wochenende verteidigen. Dann will ich denen auch zeigen, ich schmeiß mich vor euch im Zweifel. Und im Grunde ist es scheißegal, wie ich dabei aussehe. Dann geht es nur darum, dass ich sie schütze…Das geht in alle Bereiche rein. Ich glaube, ich habe noch nicht einmal einen Spieler öffentlich kritisiert, so etwas gibt es nicht. Intern ist das was anderes. Ich empfinde diese Emotionalität so lange als positiv, solange sie souverän bleibt. Aber klar: Die Emotionalität steigert sich mit der Tiefe der Beziehung zu meinen Teams.“
Kohfeldt: „Da war es schon fast zu spät“
In Wolfsburg blieb Kohfeldt noch nicht einmal eine Saison. Warum das so war?
„Ich kam nach Wolfsburg Ende Oktober in einer Phase, wo die Mannschaft noch international gespielt hat und wir hatten bis zum Winter wirklich nur noch neun Trainingstage, sonst nur Spiele. Das heißt, meine Informationslage über die Mannschaft war dünn. Natürlich kannte ich jeden Spieler, als ich dort hinkam, aber ich habe in den ersten Wochen sehr dazu geneigt, verschiedenen Spielern immer mal wieder Möglichkeiten zu geben. Natürlich war klar, dass Maxi Arnold einer meiner Leader ist. Es gab aber nicht die klare Verteilung: Ihr seid meine sieben, acht Spieler, die die Basis bilden. Der Grund war, weil ich zum Start diese Einschätzung nicht so fundiert hätte treffen können, so dass ich zu 1000 Prozent sicher sein konnte, das sind meine Spieler in der und der Rolle. Aber ich hätte es trotzdem machen müssen, weil dieses Schwammige in der Kabine war am Ende für diese Zeit vor Weihnachten 2021 mehr Gift, als wenn ich vielleicht zwei falsche Entscheidungen getroffen hätte. Im Januar, Februar habe ich das für mich klargemacht, dann hatte ich meine Gruppe. Da war es aber fast schon zu spät… Ich hätte das also mutiger machen müssen“, schaut Kohfeldt selbstkritisch zurück.
Mounir Zitouni (52) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seitdem als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Leadership, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.