Der Tod von Pelé hat den gesamten Fußball-Kosmos erschüttert. Mit seinen sportlichen Erfolgen, vor allem aber mit seiner einnehmenden Art, hat der Brasilianer die Herzen von Millionen Menschen im Sturm erobert.
Maiers Abschiedsbrief an Pelé
Einer, der ihn sowohl auf als auch neben dem Platz begegnete, ist Sepp Maier.
Der legendäre Bayern-Torwart schreibt bei SPORT1 einen Abschiedsbrief über seinen verstorbenen Weggefährten. (So trauert die Welt um ‚O Rey‘)
Ich war natürlich sehr traurig, als ich von Pelés Tod hörte.
82 ist doch noch kein Alter, um zu sterben. Ich bin 78, wenn ich mir vorstelle, in vier Jahren ist es bei mir auch so weit, da wird mir angst und bange. Ich möchte schließlich 100 werden.
Für mich war Pelé der Fußballer des Jahrtausends. So einen Spieler wird es nie mehr geben. Er war ein Weltstar, aber hat das nie rausgekehrt. Er war so ein freundlicher Mensch. Bei Pelé dachte man sofort, er sei ein Freund.
Er wollte immer ein Tor gegen mich schießen
Diese aufgeschlossene, liebenswerte Art wie bei ihm habe ich selten bei einem Fußballer erlebt. Das war schon bemerkenswert.
Er wollte immer ein Tor gegen mich schießen, das ist ihm aber nicht gelungen. Er war aber trotzdem ein Ausnahmespieler, ein Weltklasse-Stürmer.
Ich erinnere mich gerne an das Jahr 1958, als Pelé mit 17 in Schweden das erste Mal bei einer WM dabei war. Damals war ich 13 und habe ihn schon am Fernsehen verfolgt. Pelé war damals schon eine Etage höher.
Ich habe Pelé durch die Turniere mit der Nationalmannschaft gekannt. Er hat damals mit dem Franz (Beckenbauer, d. Red.) bei Cosmos New York gespielt. Ich erinnere mich noch, dass der Verein auch an mir interessiert war. Ich war 35 und wollte dorthin wechseln, aber nicht nur wegen Cosmos, sondern wegen Pelé und Franz.
Doch die Verhandlungen sind dann irgendwie gescheitert. Und die Gespräche mit dem Verantwortlichen waren auch nicht so gut, so dass ich alles daheim aufgeben wollte. Ich bin dann lieber beim FC Bayern geblieben, was im Nachhinein ja auch richtig war.
Aber es wäre schon ein Traum gewesen, mit Pelé in einem Team zu spielen. Ich habe Pelé auch mal bei der Vorbereitung für die WM 2006 in Rio de Janeiro getroffen. Wir haben im Vorfeld des Turniers die ganzen Länder besucht. Ich war damals auch in Brasilien dabei, wo der Franz in einem großen Saal Deutschland auf einer Leinwand präsentiert hat, inklusive aller deutschen Stadien. Da war auch Pelé anwesend.
Pelé war happy und schlug mir auf die Schulter
Wir saßen rund zwei Stunden zusammen und ich habe ihn genauso erwartet, wie er sich damals gezeigt hat. Er war sehr aufgeschlossen und freundlich. Einfach ein liebenswerter Mensch.
Bei zwei Länderspielen sind wir uns auch begegnet. Leider haben wir 1970 gegen Italien verloren, sonst hätten wir auch im Endspiel gegeneinander gespielt. Ein unvergesslicher Moment war sicher Maracana 1968 vor 140.000 Zuschauern. Damals sind Pelé und Franz vorneweg gegangen, als wir auf den Rasen kamen.
Im Stadion hat es gesummt, als wenn Millionen von Wespen umherfliegen würden. Als das Spiel angepfiffen wurde, tanzten hinter den Toren Samba-Tänzer und Trommler umher und machten einen Höllen-Lärm. Aber es klang herrlich, mir wäre es fast lieber gewesen, der Schiedsrichter hätte das Spiel abgepfiffen, dann hätten wir auch Samba getanzt, so gut war die Stimmung.
Wir spielten damals 0:0 und in der 2. Halbzeit hat Pelé den Ball zuerst dem Willi Schulz und anschließend dem Franz durch die Beine gespielt. Auf einmal ist ihm der Ball zu weit weggesprungen und ich konnte ihn aufnehmen. Aber Pelé war happy und schlug mir auf die Schulter, denn für ihn war es das Größte die beiden zu tunneln. Er hat sich gefreut wie ein kleines Kind. Ich hatte das Gefühl, das war ihm wichtiger, als ein Tor zu schießen.
So richtig Freunde waren wir keine, denn dafür war die Entfernung dann doch zu groß. Wir haben uns zu selten gesehen. Ich habe ihn aber stets respektiert - als Mensch und Sportsmann. Ich werde ihn für immer im Herzen tragen. So lange es Fußball gibt, wird man sich an Pelé erinnern. Er wird sehr fehlen.