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Amin Younes bricht sein Schweigen: "Die vielen hasserfüllten Nachrichten haben mich getroffen"

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Amin Younes bricht sein Schweigen: "Die vielen hasserfüllten Nachrichten haben mich getroffen"

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Younes bricht sein Schweigen

Amin Younes bricht sein Schweigen! Im Exklusiv-Interview mit SPORT1 nimmt der Ex-Nationalspieler erstmals Stellung zu seinem turbulenten Abschied von Eintracht Frankfurt, spricht über Hass im Netz und erklärt, warum er nach nur wenigen Monaten in Saudi-Arabien zurück in Europa ist.
Ex-Eintracht-Star Amin Younes zog im Juli 2021 den Unmut der Fans auf sich, als herauskam, dass er die Mainmetropole nach nur einer Saison in Richtung Saudi-Arabien verlassen wollte.
Kerry Hau
Amin Younes bricht sein Schweigen! Im Exklusiv-Interview mit SPORT1 nimmt der Ex-Nationalspieler erstmals Stellung zu seinem turbulenten Abschied von Eintracht Frankfurt, spricht über Hass im Netz und erklärt, warum er nach nur wenigen Monaten in Saudi-Arabien zurück in Europa ist.

Erst geliebt, dann verachtet.

„Söldner“, „Geldgeier“, „Problemprofi“ – so bezeichneten einige Fans von Eintracht Frankfurt Amin Younes, als im Juli 2021 herauskam, dass er die Mainmetropole nach nur einer Saison in Richtung Saudi-Arabien verlassen wollte (ARTIKEL: Amin Younes von Eintracht Frankfurt nach Saudi-Arabien - die Hintergründe).

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Verzögerungen bei seinem Wechsel zum FC Ettifaq sowie seine Nicht-Teilnahme an der Europameisterschaft machten ein Jahr zum Vergessen für den im Frühling noch zur Nationalmannschaft eingeladenen Offensivspieler perfekt. Younes wollte nur noch von der Bildfläche verschwinden. Und tat das im Januar 2022 schließlich auch.

Doch jetzt ist der 29-Jährige wieder zurück in Europa, spielt auf Leihbasis beim FC Utrecht in der Eredivisie – und hat sich nach langem Schweigen dazu entschlossen, seine Version rund um seinen umstrittenen Eintracht-Abschied zu erzählen (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga).

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Das große Interview mit SPORT1!

SPORT1: Amin, was ist schiefgelaufen zwischen Ihnen und Eintracht Frankfurt?

Amin Younes: Zunächst einmal ist es mir wichtig, klarzustellen, dass ich mich in Frankfurt sehr wohl gefühlt habe. Ich war Teil einer Wahnsinnstruppe, habe die Fans und die ganze Stimmung rund um den Verein geliebt und mich damit komplett identifiziert. Und ich bin auch in der Stadt immer sehr gut zurechtgekommen. Wenn ich auf meine bisherige Karriere blicke, habe ich mich nur bei Ajax so wohl gefühlt wie bei der Eintracht.

SPORT1: Aber warum wollten Sie dann nach nur einer Saison weg? Sie sprachen – und das nahmen Ihnen viele Eintracht-Fans im Nachhinein übel – in einem Interview im Mai 2021 noch davon, in Frankfurt Ihren Hafen gefunden zu haben.

Younes: Ich werde immer hinter dieser Aussage stehen, denn es hat sich zu diesem Zeitpunkt exakt so angefühlt. Und ich glaube, dass die Fans mir das in den Spielen auch angemerkt haben. Frankfurt ist eine so positiv verrückte Stadt, in der man als Spieler sofort merkt und manchmal sogar auf der Straße daran erinnert wird, welchen Stellenwert dieser Verein für die Bürger hat. Bei der Eintracht habe ich plötzlich den Kämpfer in mir entdeckt, der lange nur in mir geschlummert hat. Ich habe dort zum ersten Mal in meiner Karriere eine Gelbsperre bekommen, weil ich keinem Zweikampf aus dem Weg gegangen bin. Ich wollte den Fans einfach etwas zurückgeben, weil sie jedes Auswärtsspiel zu einem Heimspiel gemacht und sich selbst während Corona vor den Stadien versammelt haben, um uns anzufeuern. Ja, Frankfurt war mein Hafen. Aber wenn plötzlich ein Sturm aufzieht und über mehrere Wochen anhält, sucht man sich irgendwann lieber einen anderen Hafen, an dem ein bisschen mehr die Sonne scheint. Es gab ein paar Dinge, die nicht ideal gelaufen sind.

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SPORT1: Beziehen Sie sich damit auf die Unstimmigkeiten mit Markus Krösche und Oliver Glasner?

Younes: Es ist völlig legitim, wenn weniger auf einen Spieler gesetzt wird als zuvor. Da mache ich keinem einen Vorwurf. Allerdings ist mein Anspruch, nicht auf der Bank zu sitzen, sondern auf dem Platz zu stehen und meinem Team zu helfen.

Younes: „Bin ein Typ mit Ecken und Kanten“

SPORT1: Es soll allerdings auch einen Streit um Ihr Gehalt gegeben haben.

Younes: Im Fußball geht es immer auch ums Geld. Es war aber nicht so, dass ich zu Hause nur Brot und Wasser hatte und unbedingt mehr Gehalt wollte, um zu bleiben. Das habe ich auch schon direkt nach meiner Ankunft in Frankfurt gesagt.

SPORT1: Die Eintracht soll Ihnen dennoch versprochen haben, Ihr Gehalt bei passender Leistung anzuheben. Ihre Leistung stimmte, Sie stiegen in Windeseile zum Fanliebling auf und wurden von Joachim Löw zwischenzeitlich sogar wieder zur Nationalmannschaft eingeladen. Doch die Belohnung blieb aus. Wie gingen Sie damit um?

Younes: Ich habe spätestens in dieser Phase meiner Karriere gemerkt, dass sich die Dinge im Fußball schnell ändern können. In solchen Situationen gibt es dann zwei Sorten von Spielern: die, die sich nicht äußern und die, die ihren Mund aufmachen. Ich gehöre zur zweiten Sorte. Ich bin ein Typ mit Ecken und Kanten, der sich nicht alles gefallen lässt und irgendwann auch mal sagt: Okay, das mache ich nicht mehr mit.

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SPORT1: Hatten Sie auch aus sportlicher Sicht nicht mehr das Gefühl, zur Eintracht und ins neue Konzept des neuen Trainers zu passen?

Younes: Ich bin eher der Freigeist, der von zehn Dribblings auch mal vier komplett vermasselt, in zwei oder drei Situationen aber vorbeikommt und anschließend die entscheidende Lücke findet. Nicht jeder Trainer mag das, Adi Hütter auf Anhieb auch nicht. Am Anfang stand ich kaum in der Startelf. Aber nach ein paar Monaten hat er mich verstanden und mir vertraut, meine Stärken geschätzt und dafür sogar sein System umgestellt – mit Daichi Kamada und mir auf der Doppelacht vor zwei Sechsern. Das hat richtig Spaß gemacht.

Schwierige Schlussphase in Frankfurt

SPORT1: Zwischen Hütter und Ihnen soll es vor seinem Wechsel zu Borussia Mönchengladbach aber auch nicht mehr harmoniert haben. Es gab Gerüchte um einen Disput während der Halbzeitpause bei einem Spiel im April in Dortmund.

Younes: Es war nichts Wildes. Adi und ich haben das auch ein paar Tage danach mit einem sehr guten Gespräch aus der Welt geschafft. In der Kabine gibt es wie an jedem anderen Arbeitsplatz Meinungsverschiedenheiten.

SPORT1: Trotzdem haben Sie in der Schlussphase der Saison nicht mehr viel gespielt.

Younes: Das stimmt. Die Schlussphase war aber insgesamt sehr unruhig im Verein, auch wegen Adis bevorstehendem Wechsel zu Gladbach.

SPORT1: Was werfen Sie sich persönlich vor?

Younes: Auch mir sind Fehler in Frankfurt unterlaufen, gar keine Frage. Ich habe in manchen Situationen aus meinen Emotionen heraus sicherlich zu stur reagiert. Sportlich kann ich mir aber nichts vorwerfen, ich habe immer alles gegeben und auch nicht so einen Blödsinn gemacht wie einmal bei Ajax, als ich meine Einwechslung verweigert habe. Das sind Dinge, die dir als Profifußballer niemals passieren dürfen. Ich bin halt emotional, in manchen Situationen vielleicht auch etwas zu emotional. Einem Spieler, der seine Leistung bringt, muss man vielleicht auch mal zugestehen, dass er eine Meinung hat und klar vertritt.

„Habe nachgedacht, einen kompletten Cut zu machen“

SPORT1: Sind Sie froh, wenn Sie mal aus dem Geschäft raus sind?

Younes: So weit denke ich noch nicht. Ich liebe Fußball, aber das ganze Drumherum ist manchmal einfach zu viel. Ich habe auch schon ein paar Mal darüber nachgedacht, einen kompletten Cut zu machen. Die vielen hasserfüllten Nachrichten, die ich vor und nach meinem Abschied aus Frankfurt bekommen habe, haben mich getroffen. Ich bin dadurch nicht depressiv geworden, aber das macht schon was mit einem Menschen – gerade, wenn dich auf einmal die verachten, für die du vorher noch der Held warst.

SPORT1: Sie haben sogar Ihre Social-Media-Kanäle deaktiviert.

Younes: Ich muss dazu sagen, dass ich in Sachen Social Media nicht so hinterher bin. Trotzdem kriegt man solche Nachrichten natürlich von Freunden und Familienmitgliedern geschickt. Deshalb habe ich das Ganze mal komplett runtergefahren.

SPORT1: War dieser ganze Wirbel um Sie auch ein Grund, nach Saudi-Arabien zu wechseln?

Younes: Ja, ich wollte sowohl meiner Familie als auch mir selbst ein bisschen mehr Ruhe gönnen. Es gab noch ein paar andere Optionen, sowohl in Europa als auch auf anderen Kontinenten. Ich hätte zum Beispiel in die MLS gehen können, das fand ich sehr interessant. Aber ich hatte durch die Herkunft meines Vaters, der aus dem Libanon kommt, schon immer einen Bezug zur arabischen Welt. Das war am Ende der Knackpunkt.

Saudi-Arabien? „Da ist in der Kreisliga mehr los“

SPORT1: Nicht das Geld?

Younes: Nein. Würde Geld für mich über allem stehen, hätte ich diesen Schritt schon vor meinem Wechsel nach Frankfurt gemacht. Ich wollte in erster Linie einfach mal weg von der Bildfläche.

SPORT1: Nun sind Sie schon wieder zurück in Europa. Waren Sie in Saudi-Arabien schlicht unterfordert?

Younes: Das fußballerische Niveau ist gar nicht so schlecht wie viele denken. In der Liga gibt‘s echt ein paar gute Jungs. Und die Nationalmannschaft ist nicht ohne Grund für die WM qualifiziert. Das große Problem ist die Fankultur. Da sind wir in Deutschland echt verwöhnt, das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht. Glauben Sie mir: Die Spieler in Saudi-Arabien würden auch anders laufen, wenn sie vor 80.000 Zuschauern spielen würden. Ich habe, wohlgemerkt an guten Tagen, vor 500 Zuschauern gespielt. Das macht einfach weniger Spaß. Da ist in der Kreisliga mehr los, wo dir ja auch wenigstens noch der Opa am Spielfeldrand hinterherbrüllt, was du doch für einen Mist zusammenspielst.

SPORT1: Sie spielen nun auf Leihbasis in Utrecht. Gefällt es Ihnen dort?

Younes: Ja, der Wechsel ging sehr spontan und schnell über die Bühne, aber ich habe mich sehr gut eingelebt. Bas Dost, mit dem ich ja schon in Frankfurt zusammengespielt habe, hat mir dabei sehr geholfen.

„Riesiger Respekt“ - Bundesliga-Rückkehr bleibt offen

SPORT1: Haben Sie noch Kontakt zu weiteren ehemaligen Frankfurt-Kollegen?

Younes: Klar, mit Jungs wie Timothy Chandler oder Sebastian Rode schreibe ich immer mal, außerdem bin in noch einer WhatsApp-Gruppe mit Evan N‘Dicka, Almamy Toure, Aymen Barkok und Jetro Willems. Ich habe mich auch sehr über den Gewinn der Europa League gefreut. Mein Respekt vor dieser Mannschaft ist riesig, so eine Mannschaft habe ich noch nie erlebt, denn sie könnte gefühlt auch ohne Trainer spielen, weil sie sich durch Persönlichkeiten wie Timmy, Seppl oder auch Trappo einfach selbst erzogen hat. Entscheidend für den Erfolg ist auch das Team hinter dem Team. Vor allem die Physios sind der Wahnsinn, ich habe nie mit besseren Leuten zusammengearbeitet.

SPORT1: Käme eine Rückkehr in die Bundesliga noch einmal für Sie in Frage?

Younes: Mal sehen. Geplant habe ich das nicht – auch wenn schon vor meinem Wechsel nach Utrecht zwei Vereine aus der Bundesliga angeklopft haben, mit denen ich nicht unbedingt gerechnet hätte. Ich habe mich jetzt erstmal bewusst für einen Wechsel in die Nähe meiner Heimatstadt Düsseldorf entschieden. Und die Eredivisie ist eine super Adresse. Knackiger Offensivfußball, viele tolle Talente – ich bin froh, wieder hier zu sein.

SPORT1: Hatten Sie seit Ihrem Wechsel nach Utrecht eigentlich mal Kontakt zum Bundestrainer?

Younes: Nein, mit Hansi habe ich zuletzt nach unserem Heimspiel mit der Eintracht im Februar 2021 gegen die Bayern geredet. Es war ein sehr herzliches Gespräch, wie immer. Er hat mich auch schon als junger Spieler bei der U21 ab und an kontaktiert und mir damals auch zu meiner Entscheidung gratuliert, zu Ajax zu gehen. Bei der WM bin ich ein Fan mehr.

„Mesut hat Sachen gemacht, die ich nie zuvor gesehen habe“

SPORT1: Was trauen Sie der deutschen Mannschaft in Katar zu?

Younes: Schwer zu sagen, bei einem Turnier ist immer viel möglich. Ich finde aber, dass wir Deutschen unsere Ansprüche etwas zurückschrauben sollten. Aktuell gibt es Mannschaften, die besser in Form sind. Wir wurden jahrelang verwöhnt. Wenn ich an Jungs wie Mesut Özil, Bastian Schweinsteiger, Toni Kroos oder Miro Klose zurückdenke – das war eine goldene Generation, vielleicht sogar die beste, die Deutschland je hatte.

SPORT1: Welcher DFB-Kollege hat Sie persönlich am meisten beeindruckt?

Younes: Ganz klar Mesut. Sein von Gott gegebenes Talent, seine schnellen Bewegungen, seine Art und Weise das Spiel zu sehen und zu lenken – unfassbar. Der hat Sachen im Training gemacht, die ich vorher noch nie gesehen habe und die viele Zuschauer nicht sehen, weil sie auf andere Dinge achten. Für mich war er immer der Meister des vorletzten Passes. Und an ihm habe ich dann auch selbst gemerkt: Das ist absolute Topklasse und auf diese Stufe wirst du nicht ansatzweise kommen. Man hat es dann ja auch in Neapel gesehen. Das war alles im Großen und Ganzen okay, aber es hat eben für mich nicht ganz gereicht. Das muss man sich dann eingestehen, egal wie hart man trainiert. Ich war in Neapel auch sehr beeindruckt von Jungs wie Dries Mertens, Jose Callejon oder Lorenzo Insigne, weil die unter diesem ganzen Druck immer geliefert haben. Und das ist die große Kunst.

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