Wer bei Eintracht Frankfurt erinnert sich nicht gerne an den 12. August 2008? Das Ergebnis - ein wenig spektakuläres 1:1 - war an dem Abend eigentlich zweitrangig, denn der Gegner im Testspiel war königlich: Real Madrid.
Eintracht-Coup, der Hoffnung macht
Es war das dritte Freundschaftsspiel seit dem legendären Finale im Europapokal der Landesmeister am 18. Mai 1960, das Real Madrid mit 7:3 vor 127.500 Zuschauern in Glasgow gegen die Hessen gewonnen hatte. Die Spanier hatten sich damit den Titel zum fünften Mal in Folge geschnappt.
Trainer der Eintracht war 2008 Friedhelm Funkel, die Madrilenen coachte damals Bernd Schuster. Bei Real stand zudem Arjen Robben in der Startelf, der ein Jahr später zum FC Bayern wechselte.
14 Jahre später kommt es am Mittwoch (UEFA-Supercup: Real Madrid - Eintracht Frankfurt, ab 21 Uhr im LIVETICKER) zu einem richtigen Duell in einem Pflichtspiel, nämlich im UEFA-Supercup-Finale.
Eintracht musste für Duell mit Real Madrid zahlen
2008 holte der Vermarkter Sportfive die Königlichen nach Frankfurt, die SGE hatte nicht die Kontakte und musste damals sogar Geld hinlegen, damit Real vorbeikommt.
„Es war als Vorbereitungsspiel etwas ganz Besonderes und das merkte man schon deshalb, weil das Stadion ausverkauft war“, sagt der damalige Eintracht-Coach Funkel im Gespräch mit SPORT1.
Von 2004 bis 2009 war er Trainer der Adler und maßgeblich an der Entwicklung der Eintracht beteiligt. Der 68-Jährige denkt gerne zurück an den Test gegen Real.
Real-Stars um Casillas, Raúl und Co. in Frankfurt
War die Reise für Real eher nur ein Pflichttermin, den man schnellstmöglich hinter sich bringen wollte?
„Ich habe natürlich mit Bernd gesprochen, weil er ein sehr angenehmer Kollege ist“, meint Funkel. „Er hat mir versichert, dass es keine lästige Pflicht war, bei uns zu spielen. Alle bei Real haben sich darauf gefreut. Das spürten wir auch vor dem Anpfiff.“
Es habe „einfach eine super Stimmung im Stadion“ geherrscht: „Es war ein einzigartiges Erlebnis für uns und die Fans.“
Dazu trug auch bei, dass Habib Bellaid die Eintracht bereits in der 7. Minute in Führung brachte. Dem spanischen Starensemble, bei dem neben Robben in der Startelf unter anderem auch Iker Casillas, Sergio Ramos, Pepe, Rafael van der Vaart, Raúl und Ruud van Nistelrooy aufliefen, gelang nur noch der Ausgleich durch den eingewechselten Robinho (71.).
So stark die SGE im Duell mit den Königlichen auftrumpfte, so schlecht lief allerdings die Saison danach. Es ging bis zum Schluss um den Abstieg. Funkel verließ 2009 die Eintracht, kaum einer der hochtalentierten Neuzugänge schlug ein.
Eintracht Frankfurt keine graue Maus mehr
“Wir mussten immer damit rechnen, auch um den Klassenerhalt zu spielen, den wir dann ja auch zum Glück geschafft haben“, erinnert sich die Trainerlegende, die bis heute auf „fünf tolle Jahre bei der Eintracht“ zurückblickt.
Damals hatte die Eintracht ein Graue-Maus-Image und war ein Abstiegskandidat - inzwischen hat sich das Bild gewandelt. 2018 wurde der Verein unter Trainer Niko Kovac Pokalsieger und in diesem Jahr Europa-League-Sieger. Die Menschen stehen wieder Schlange für Tickets, die Zahl der Mitglieder stieg auf über 100.000.
Die Gründe? „Gute Entscheidungen auf allen Ebenen. Und man setzte vor allem auf Kontinuität“, urteilt Funkel.
Trotz Bayern-Pleite: Funkel glaubt an Eintracht-Coup
Dafür, meint Funkel, habe schon sein einstiger Chef die Weichen gestellt.
„Heribert Bruchhagen war der beste Präsident, den ich je hatte. Solch einen Vorgesetzten kann sich jeder Trainer einfach nur wünschen“, schwärmt Funkel geradezu vom einstigen Vorstandsboss der Frankfurter: „Dass die Eintracht heute so gut dasteht, hat zu einem Großteil auch mit ihm zu tun.“
Und wie bewertet Funkel die Chancen, dass der Eintracht fast auf den Tag genau 14 Jahre ein erneuter Coup gegen Real Madrid gelingt? Schließlich ging der Bundesliga-Start mit dem 1:6 im Eröffnungsspiel gegen den FC Bayern gehörig in die Hose.
„Dieses eine Spiel kann die Eintracht durchaus gewinnen“, meint Funkel dennoch: „Warum auch nicht?! Das 1:6 gegen die Bayern wird raus sein aus den Köpfen. Die Frankfurter müssen nur an sich glauben, wie in der vergangenen Europa-League-Saison. Da sind sie über sich hinaus gewachsen.“
So sehr, dass Funkel den Hessen nicht nur gegen Real, sondern auch in der anstehenden Champions-League-Saison eine Überraschung zutraut - und dass sie diesmal kein Geld auf den Tisch legen müssen, um sich mit den Königlichen messen zu dürfen.