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BVB-Legende Jürgen Kohler spricht über seine ungewöhnliche Kindheit und die Anfänge als Profi

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BVB-Legende Jürgen Kohler spricht über seine ungewöhnliche Kindheit und die Anfänge als Profi

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Kohlers ungewöhnliche Kindheit

Jürgen Kohler ist einer der ganz Großen des deutschen Fußballs. Bei SPORT1 spricht der 1990er-Weltmeiter erstmals ausführlich über seine Kindheit und die Anfänge als Profi. Einem Menschen dankt er ganz besonders.
Jürgen Kohler spricht im exklusiven Interview mit SPORT1 über seine Kindheit und die Anfänge seiner Profi-Karriere.
Jürgen Kohler ist einer der ganz Großen des deutschen Fußballs. Bei SPORT1 spricht der 1990er-Weltmeiter erstmals ausführlich über seine Kindheit und die Anfänge als Profi. Einem Menschen dankt er ganz besonders.

Keine Frage, die Karriere von Jürgen Kohler war glänzend. Er hat fast alles gewonnen, was man als Fußballer gewinnen kann.

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Der 1990er-Weltmeister spielte unter anderem beim FC Bayern und Juventus Turin. Seine erfolgreichste Zeit hatte er aber bei Borussia Dortmund. Mit den Schwarz-Gelben gewann er 1997 die Champions League.

Seine Karriere lief wie am Schnürchen. Als kleiner Bub war es für den Pfälzer jedoch nicht immer ganz so einfach. „Ich hatte eine ungewöhnliche Kindheit. Meine Mutter musste vier Kinder alleine groß ziehen, weil mein Vater gestorben ist, als ich noch im Bauch war“, erzählt Kohler im Gespräch mit SPORT1.

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Seine Mutter verstarb 2015. „Sie war damit beschäftigt, alle normalen Dinge zu schaffen, damit wir etwas zu essen und zu trinken hatten. Mama hatte eine kleine Witwen-Rente, die hinten und vorne nicht gereicht hat.“

Doch Kohler war nie einer, der sich beschwert. Dankbarkeit und Demut sind ihm bis heute wichtig. „Es war trotzdem eine tolle Kindheit, auch, wenn wir nicht immer den Teller voll hatten, sondern das eine oder andere Mal etwas vom Feld mitgenommen haben, um mal frisches Gemüse essen zu können.“

Kohler: „Das war schon toll“

Er wuchs in der Nähe von Mannheim auf. Die Familie wohnte in einer Drei-Zimmer-Wohnung. „Drumherum waren größere Häuser. Einmal stand da ein Kettcar und ich dufte stolz wie Oskar damit um den Block fahren. Das war schon toll“, erinnert sich der heute 56-Jährige. „Ich hatte in meiner Kindheit viele Freunde, bin auch heute noch mit denen in Kontakt.“

Es waren die kleinen und ganz normalen Dinge, über die sich Kohler als Kind freute. Und wenn es nur der Pullover vom großen Bruder war. „Ich musste als kleiner Junge auch mal die Klamotten von meinem Bruder anziehen. Er ist ein paar Jahre älter und da wurden dann ruckzuck bei den Herbst- oder Wintersachen die Ärmel hochgekrempelt und der Pulli in die Hose gesteckt.“

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Kohler war der Jüngste, er hat noch drei Geschwister. Als Nesthäkchen hatte er einen besonderen Status in der Familie. „Es war immer sehr ereignisreich, weil sich alle stets um mich bemüht haben“, sagt er.

„Anderen Familien erging es ähnlich wie uns, wir wohnten in keiner wohlhabenden Gegend. Klar, in der Schule habe ich dann schon gesehen, dass sich ein Schulkamerad mehr leisten konnte. Egal, ob das Turnschuhe oder Handschuhe waren“, erinnert sich Kohler. „Meine Mama hat versucht, vieles zu ermöglichen, alles ging natürlich nicht. Aber trotzdem hat sie anständige Menschen aus meinen Geschwistern und mir gemacht. Das ist das größte Lob für meine Mama. Sie hat aus wenig ganz viel gemacht.“

Kohler startet bei Waldhof Mannheim

So wie der Sohn. Die ersten Gehversuche als Fußballer machte Kohler in der Jugend von Waldhof Mannheim. „Als ich damals zum Waldhof gewechselt bin, hat das nur geklappt, weil der Papa eines Freundes mich mitnehmen konnte. Doch die Trainer meinten damals: ‚Du bist ein toller Junge, aber bleib besser in deinem Heimatverein‘“, sagt Kohler.

Die Botschaft war klar und der Traum vom Fußballprofi schien schneller ausgeträumt, als ihm lieb war.

„Du bringst mir deinen Pass und bleibst hier“

Aufgeben war für Kohler jedoch keine Option. „Ich wollte weiter beim Waldhof trainieren. Nach sechs Wochen dann sagte der Trainer zu mir: ‚Du bringst mir deinen Pass und bleibst hier‘.“

Kohler war mit 15 schon 1,80 Meter groß und wurde so vom Stürmer zum Abwehrspieler umfunktioniert.

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„Am Anfang war meine Mama nicht so begeistert, dass ich Fußballprofi werden will. Für sie war das nur eine Scheinwelt. So ist es auch heute noch. Aber sie hat immer darauf vertraut, dass ich meine Werte kenne, die sie mir mitgegeben hat. Das war das größte Geschenk für mich“, sagt er. „Als ich Mama meinen ersten Profivertrag zeigte, meinte sie nur: ‚Bub, bleib auf dem Teppich‘.“

Das ist Kohler gelungen. „Ich habe gemerkt, dass ich mit viel Fleiß und Schweiß meine Ziele erreichen kann.“ Er kritisiert da die Talente von heute. „Heute wollen die jungen Spieler wenig arbeiten, aber viel verdienen. Doch so funktioniert das Leben nicht. Das Leben war für mich immer harte Arbeit. Natürlich brauchte ich auch ein bisschen Glück.“

Ein halbes Jahr später nach seinem ersten Training bei Waldhof hatte er seinen Jugendtrainer Kurt Koberger längst überzeugt und viermal in der Woche trainiert.

Schon bald wurde Klaus Schlappner, der Trainer der ersten Mannschaft, auf Kohler aufmerksam. „Von da an habe ich bei der ersten Mannschaft trainiert. Da ging für mich ein Traum in Erfüllung“, erzählt Kohler.

Ein Waldhof-Bub träumt vom FCK

Ein anderer nicht. Als kleiner Junge war es Kohlers Traum, für den 1. FC Kaiserslautern zu spielen. „Leider kam es nie dazu“, verrät er und ergänzt eine witzige Anekdote.

„Ich habe einmal geträumt, dass ich als Stürmer für die Roten Teufel ein Tor schieße und hatte am nächsten Morgen eine große Beule am Fuß, weil ich im Schlaf wohl so gegen den Bettkasten getreten hatte.“ Und dann stellt er klar, dass er zwar beim Waldhof, dem Erzfeind des FCK zum Profi wurde, doch „ich bin mehr Pfälzer als viele, die auf dem Betze rumlaufen“.

Waldhof Mannheim war schon damals ein Verein, der sehr viel auf den eigenen Nachwuchs setzte. Von 22 Feldspielern kamen 19 aus der eigenen Jugend. (ÜBERSICHT: Die fixen Transfers aller Bundesliga-Klubs)

„Ich habe anfangs 1.200 Mark brutto verdient. Ohne Prämien. Und von den 1.000 Mark, die rausgesprungen sind, habe ich 500 Mark meiner Mama gegeben“, erzählt Kohler und schmunzelt dabei. „Klaus Schlappner hat immer kontrolliert, dass ich 300 Mark auf mein Sparbuch einzahle. Die restlichen 200 Mark hatte ich dann für mich gehabt. Da habe ich gelernt mit Geld umzugehen.“

Irgendwann konnte er sich sein eigenes Auto kaufen. „Eine echte Schrottlaube. Die Hauptfarbe war rot, aber zwei schwarze Kotflügel. Aber ich kam von A nach B. Ich habe den Wagen schön gefunden.“

Doch nicht jeder erkannte ihn, wenn er zum Training fuhr. „Die anderen Jungs haben nie gedacht, dass ich Profi-Fußballer bin. Erst, als ich meine Sporttasche aus dem Kofferraum holte“, sagt Kohler. „Früher mussten wir unsere Sachen noch selber waschen. Das beste Auto auf dem Gelände war damals ein Jaguar 12 Zylinder. Daneben hat mein Renault 14 toll ausgesehen.“

Dafür dankt Kohler seiner Mutter

Wofür dankt er seiner Mutter? „Am meisten für die Werte, die sie mir mitgegeben hat. Ich habe als Junge begriffen, wann meine Chance da ist. Sie hatte immer ein offenes Ohr für uns, obwohl sie so viel arbeiten musste.“

Irgendwann lernte Kohler seine heutige Ehefrau Silke kennen, „das war mein aller größtes Geschenk“.

Und Kohler weiß natürlich warum. „Meine Frau ist, wie meine Mama, eine großartige Mutter. Sie ist zudem sehr empathisch und sieht auch noch klasse aus. In Köln sagt man, sie ist ein Schuss.“ (DATEN: Die Tabelle der Bundesliga)

Und weiter: „Sie ist offen, ehrlich und sagte mir immer, wenn ich Mist gebaut habe. Ich bin kein einfacher Typ, sage meine Meinung, wenn ich es richtig finde. Ich bin nie mit dem Strom geschwommen. Bei mir weiß jeder, woran er ist.“

Kohlers Weg war „nie einfach“, aber er hat sich durchgebissen. „Darauf bin ich sehr stolz.“

Mit 25 hat er sich als zweites Standbein seine erste Firma aufgebaut und mit 30 eine weitere. Beide stehen auch heute noch gut da. Am Ende des Gesprächs mit SPORT1 blickt Kohler einfach nur zufrieden und sagt: „Vielen Dank Mama.“