Wer sich schon länger mit Fußballfans beschäftigt, ist geneigt, zu schreiben: Fans sind dafür bekannt, wie intensiv sie sich in gesellschaftlich relevanten Bereichen engagieren.
Klimawandel im Fußball aufhalten
Tatsächlich sind Anhänger*innen einer Vielzahl von Menschen aber eher durch negative Themen bekannt – was daran liegt, dass sie keine wirkliche Lobby haben. Deswegen machen einzelne schlechte Verhaltensweisen in der Regel eher Schlagzeilen als das gesellschaftliche Engagement.
Doch der Einsatz ist nicht nur vorhanden, er ist auch immer wieder Forschungsgegenstand; generell findet ein Spektrum an „Fußballfanforschung“ statt, auch und gerade in deutsch- und englischsprachigen Ländern.
- „Flutlicht an. Im Gespräch mit der Wortpiratin“, der Podcast auf SPORT1, in dem Journalistin und Autorin Mara Pfeiffer Menschen in den Mittelpunkt stellt, die im schnelllebigen und lauten Fußballgeschäft oft zu wenig im Rampenlicht stehen.
Die Awareness für gesellschaftliche Probleme wie Rassismus, Sexismus, Antiziganismus und weitere negative *ismen ist bei vielen Anhänger*innen intensiv ausgeprägt, Bemühungen um eine diverse, offene Kurve zeugen davon.
Klimawandel und Fußball
Das Thema menschengemachter Klimawandel und Umweltbewusstsein steht dabei weniger im Fokus – noch.
Jennifer Amann, die in ihrer eigenen Forschung Literatur zu „Klimawandel Kommunikation“ und Fußballfanforschung verknüpft, sieht darin eine gesamtgesellschaftliche Problematik gespiegelt: „Die soziale Perspektive und dass Menschen auf der ganzen Welt davon betroffen sind, fällt unter den Tisch“, sagt die 27-Jährige.
Den Grund sieht sie darin, dass die Debatte rund ums Klima vielfach sehr auf Umweltaspekte isoliert geführt werde.
Fans, führt Amann aus, können eine Rolle als Multiplikator*innen einnehmen, wenn man an die enorme Bereitschaft des Fußballanhangs in Sachen soziales Engagement appelliere – und sich vergegenwärtige, wie groß diese Gruppe ist.
So kann das Prinzip Pledgeball helfen
Auf diese Idee kam auch Katie Cross, die das System „Pledgeball“ ins Leben gerufen hat. Dabei verpflichten sich Fußballfans getreu der Wortbedeutung „to pledge“, also versprechen, geloben, zu bestimmten Verhaltensweisen.
In ihrer Masterarbeit hat Amann sich auch mit Pledgeball auseinandergesetzt.
Auswählen können die Anhänger*innen bei diesem System aus derzeit 65 Hinweisen und Tipps, die sehr einfach in ihren Alltag zu integrieren sind. Ein ganz simples Beispiel ist, die tägliche Zeit unter der Dusche auf fünf Minuten abzukürzen.
Amann, selbst Anhängerin von Werder Bremen, rechnet den Effekt für ihren Lieblingsclub anhand der Stadionkapazität vor: „Wenn alle diese Fans ein Jahr lang ihre Duschzeit auf fünf Minuten reduzieren, würde das Emissionen sparen, durch die man 3.000 Autos von der Straße nimmt.“
Fans können viel verändern
Ein psychologisches Hemmnis beim Gedanken an den menschengemachten Klimawandel sei das Gefühl der einzelnen Personen, nicht viel bewegen zu können. Das ändere sich durch die Herangehensweise im Fankollektiv: „Das wird ziemlich schnell ziemlich groß.“
Hinzu komme der den Anhänger*innen vertraute Wettbewerbsgedanke, denn bei Pledgeball können Fans verschiedener Vereine mit ihren Klimaversprechen gegeneinander antreten.
Ein dritter Punkt sei die Erkenntnis, dass auch kleinere Veränderungen eine Wirkung haben, wenn sie in einer so großen Gruppe angegangen werden, was bedeute, es reicht, wenn alle ein bisschen etwas ändern, nach dem Motto: „Hey, ist doch gar nicht so schlimm!“
Und zuletzt fühlten sich die Fans in ihren Bemühungen auf diese Art nicht alleine. Als Beraterin unterstützt die Forscherin „Pledgeball“ weiterhin, seit dem Frühjahr arbeitet Amann zudem bei „Spirit of Football“, wo die Verbindung von „Climate Chance Communication“ und Fußballfanforschung ebenfalls im Fokus stehen.
Primär gehe es dabei um Ableitungen für die Praxis, verdeutlicht Amann, schließlich ist der Klimawandel kein theoretisches Problem, sondern real bedrohlich.