Wer bisher der Meinung war, die im Profifußball gezahlten Ablösesummen seien astronomisch, dem wird diese Nachricht den Rest geben: Eine digitale Sammelkarte mit dem Porträt von Erling Haaland, dem Top-Stürmer von Borussia Dortmund, wechselte am Sonntag für sage und schreibe 609.512 Euro den Besitzer.
Haaland-Karte erzielt Rekorderlös
Das Kuriose daran: Die Haaland-Karte, ein sogenanntes NFT (Non-fungible Token), ist damit ungefähr so viel wert wie HSV-Torwart Daniel Heuer Fernandes. Also der echte Heuer Fernandes. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Bierhoff und Serena Williams mischen mit
Der Rekordverkauf ging auf Sorare.com über die Bühne, einem mit über vier Milliarden Dollar bewerteten Portal, das eine Mischung aus Managerspiel und Panini-Sammelalbum 2.0 ist. Sorare gilt als wertvollstes Start-up Frankreichs. Im Februar 2021 investierte dort auch DFB-Manager Oliver Bierhoff, seit Januar 2022 ist Tennisprofi Serena Williams Beraterin des Vorstands.
Nach Sorare-Angaben handeln inzwischen über 1.000.000 registrierte Nutzerinnen und Nutzer (darunter über 70.000 aus Deutschland) mit Hunderttausenden solcher Sammelkarten und spielen damit. Das entspricht einer Steigerung von rund 50 Prozent zum Vorjahr. Unter anderem arbeiten die ersten Ligen aus Spanien, der Niederlande, Schweiz, Österreich, Belgien und Frankreich mit dem Portal zusammen – ebenso die deutsche Bundesliga. Die DFL etwa teilt die Einnahmen aus dem Lizenzgeschäft mit den 18 Bundesliga-Klubs. Insgesamt kooperiert Sorare mit über 230 Vereinen weltweit.
User schlüpft in die Rolle des Scouts und Managers
NFT‘s (Non-fungible Tokens) sind fälschungssichere Dateien. Auch wenn die Haaland-Karte also nicht greifbar, sondern „nur“ digital ist, gehört sie dem Käufer, der sie gewinnbringend weiterverkaufen könnte. Sichergestellt wird das per Blockchain-Technologie, gehandelt wird in der Krypto-Währung Ethereum. Nachteile: Der ETH-Kurs schwankt extrem, und der Anmeldevorgang ist kompliziert.
Wer aber mal drin ist, kann loslegen: Von jedem Spieler legt Sorare nach und nach 1111 Sammelkarten pro Saison auf und versteigert sie auf dem Portal – 1000 gelbe „limitierte“, 100 rote „seltene“, 10 blaue „superseltene“ sowie eine schwarze „einzigartige“. Grundregel: Je seltener die Karte, desto teurer.
Mitspieler können wie echte Fußballmanager Profis scouten, dann kaufen, auf eine gute sportliche Entwicklung hoffen und irgendwann mit Gewinn verkaufen. Sie können sie in der Zeit auch „spielen“ lassen. Dazu nominiert man fünf Akteure aus seinem Kader für einen Spieltag. Je nachdem, wie sie auf dem Platz real abschneiden (die Daten liefert der Statistik-Anbieter Opta) sammeln sie viele oder wenige Punkte – oder eben gar keine, wenn sie nur auf der Bank sitzen oder verletzt sind. Wer Sorare spielt, sollte immer auf dem neuesten Stand sein.
Joshua Kimmich mit Höchstwert nach Sieg der Bayern
Beispiele: Bayerns Joshua Kimmich spielte beim 4:1 gegen Hertha BSC derart gut, dass er die maximale Punktzahl von 100 erreichte. Freiburgs Ersatz-Torhüter Benjamin Uphoff, der gegen Bielefeld und Dortmund patzte, erhielt nur 22 bzw. 20 Punkte. Wer geschickt einkauft und aufstellt und mit seinem Team viele Punkte sammelt, kann als Gewinn Krypto-Geld oder zusätzliche Sammelkarten einstreichen. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
Man muss aber nicht spielen, man kann auch auf die Wertentwicklung der Spieler setzen. Bei den Karten verhält es sich also wie mit (riskanten) Aktien. Sie explodieren manchmal im Wert, können aber auch fallen. Seit Sorare 2018 von zwei Franzosen gegründet wurde, sind sie oft extrem gestiegen. Beispiele: Die rote Karte 9/100 von Toni Kroos (Real Madrid) ging im Dezember 2020 für knapp 300 Euro über den digitalen Ladentisch. Heute ist sie etwa 6000 Euro wert. Die zehn Karten der Kategorie „Superselten“ von Bayerns Zukunftshoffnung Jamal Musiala werden für deutlich über 10.000 Euro gehandelt, kosteten aber vor einem Jahr nur 700 Euro. Selbst die gelben Kylian-Mbappé-Karten aus der 1000-er-Serie sind heute an die 3000 Euro wert.
Wie im echten Fußballgeschäft ist es also schlau, sich auszukennen und Talente früh zu entdecken. Doch selbst dann kann man zu spät kommen. Für die schwarze Sammelkarte der erst 17 Jahre alten US-Torwarthoffnung Gabriel Slonina von Chicago Fire wurden im vergangenen Dezember sage und schreibe 33.000 Euro bezahlt.
Wer auf Sorare zum Start ein halbwegs schlagkräftiges Team aufbauen will, sollte ein paar 100 Euro investieren. Oder eben die kostenlose Version spielen. Die empfiehlt sich vor allem für Einsteiger, denn leicht zu verstehen ist das ganze System aus Kauf, Tausch und Spieleinsatz in verschiedenen Ligen auf Anhieb beileibe nicht. Mit der kostenlosen Version kann man aber auch kein Geld verdienen.