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André Breitenreiter über FC Zürich, Corona, Schalke 04 und Hannover 96

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André Breitenreiter über FC Zürich, Corona, Schalke 04 und Hannover 96

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„Da darf man schon mal ausflippen“

Mit seinem aktuellen Klub FC Zürich surft André Breitenreiter auf der Euphoriewelle. Bei SPORT1 spricht er über den Erfolg, Corona und stellt sich vor Markus Anfang.
André Breitenreiter wagte diesen Sommer den Weg ins Ausland - mit dem Schweizer Traditionsverein FC Zürich, belegt er aktuell Platz 1 in der Tabelle. Der Ex-Bundesliga-Coach erklärt sein Erfolgsgeheimnis.
Mit seinem aktuellen Klub FC Zürich surft André Breitenreiter auf der Euphoriewelle. Bei SPORT1 spricht er über den Erfolg, Corona und stellt sich vor Markus Anfang.

André Breitenreiter wagte diesen Sommer den Weg ins Ausland - nach acht erfolgreichen Jahren in Deutschland. Mit dem SC Paderborn und Hannover 96 stieg der Fußballlehrer in die Bundesliga auf, und Schalke 04 führte er in die Europa League.

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Sein aktueller Klub, der Schweizer Traditionsverein FC Zürich, belegt aktuell Platz 1 in der Tabelle - eine echte Sensation. Den Sieg gegen die Young Boys aus Bern musste Breitenreiter allerdings in häuslicher Quarantäne miterleben, weil er sich mit dem Corona-Virus infiziert hatte.

Im SPORT1-Interview spricht der 48-Jährige über Covid-19, seinen Erfolg mit dem FCZ, S04 - und seine neue Gelassenheit.

SPORT1: Herr Breitenreiter, Sie sind in Quarantäne, wie geht es Ihnen?

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Andre Breitenreiter: Mir geht es trotz Corona Gott sei Dank sehr gut. Ich hatte nur leichte Symptome und mittlerweile spüre ich gar nichts mehr. Es hat sich deutlich gezeigt, dass mein vollständiger Impfschutz auf jeden Fall gut war, um nicht schwer zu erkranken.

Breitenreiter: „Momentan ist mir noch nicht langweilig“

SPORT1: Wie sieht Ihr Tagesablauf aus mit Corona?

Breitenreiter: Ich muss bis zum heutigen Freitag in Quarantäne bleiben. Momentan ist mir noch nicht langweilig, weil es so viel zu tun gibt. Wir sind alle brutal motiviert, weil der Erfolg da ist. Ich kann zudem meiner Frau viele Aufgaben abnehmen.

SPORT1: Was zum Beispiel?

Breitenreiter: Wir haben schon das eine oder andere, um das wir uns kümmern müssen, gerade nach unserem Hausbau in Hannover gibt es einiges zu klären. Ich kann meine Frau diesbezüglich entlasten, weil ich gerade auch Zeit dafür habe. Es ist gut, dass ich beschäftigt bin, sonst würde mir irgendwann die Decke auf den Kopf fallen.

SPORT1: Wie halten Sie Kontakt zu Ihren Spielern? Bringt Ihnen einer von ihnen auch mal Essen vorbei und stellt es Ihnen vor die Tür?

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Breitenreiter: Meine Spieler habe ich bisher von meiner Wohnung ferngehalten. Das würde in der Kabine bei den Jungs auch nicht so gut ankommen, wenn mir einer Brötchen vorbeibringen sollte. Aber unser Medienchef brachte mir schon mal eine Einkaufstüte mit Dingen, die ich benötige und hat diese vor die Tür gestellt. Ich hatte mit meinem Co-Trainer nur telefonischen Kontakt hinsichtlich des Spiels am Wochenende. Ich habe aber jeden näheren Kontakt vermieden, um keinen anzustecken.

Breitenreiter: „Extrem und ungewohnt“

SPORT1: Wie schwer ist es für Sie, die eigene Wohnung nicht verlassen zu dürfen?

Breitenreiter: Es ist extrem und ungewohnt, weil ich sonst viel unterwegs bin. Jetzt werde ich gezwungen, zu Hause zu bleiben. Aber das ist letztendlich das Einzige, um dem Virus entgegenzutreten.

SPORT1: Wie haben Sie diese ganze Impfdebatte um Joshua Kimmich mitbekommen?

Breitenreiter: Ich sehe jetzt an mir, dass es empfehlenswert ist, sich impfen zu lassen. Es gibt beim Thema Impfzwang sicher ein Pro und Contra und ich habe da meine eigene Meinung. Diese möchte ich aber für mich behalten. Es sollte jedem bewusst sein, dass es sehr wichtig ist, sich impfen zu lassen. Nicht nur, damit man sich selber schützt, sondern auch um andere nicht zu gefährden.

SPORT1: Wie sieht denn Ihr Coaching von zu Hause aus oder macht das alles Ihr Co-Trainer?

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Breitenreiter: Ich bin auch von daheim voll involviert und habe am Dienstag schon die Analysen des Gegners von Samstag und die Spielvorbereitung gemacht. Aber ich vertraue meinem Trainerteam zu 100 Prozent. Ich bin leider nicht vor Ort, kann nicht mit den Spielern sprechen und weiß daher auch nicht, wie das Gefühl innerhalb der Truppe vor dem Spiel ist.

SPORT1: Was hätten Sie gemacht, wenn Sie einen Kimmich in Ihrem Team hätten?

Breitenreiter: Es gilt, jede Meinung eines Spielers zu akzeptieren. Es ist keine Frage für den Trainer, sondern für die Vereinsführung, wie sie mit gewissen Themen umgeht. Das zu bewerten, liegt mir fern, weil jeder für sich selbst verantwortlich ist. Bei uns kamen der Sportdirektor und der Präsident auch mal in die Kabine und wollten so die Wichtigkeit rüberbringen, sich impfen zu lassen.

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Kritik an der Politik

SPORT1: Es wird wohl wieder Geisterspiele geben. Wären Sie dafür oder dagegen?

Breitenreiter: Ich kenne keine Statistiken, die nachgewiesen haben, dass sich in Fußballstadien viele Menschen angesteckt haben. Natürlich ist es wichtig, vor Fans zu spielen, das macht den Fußball aus. Wenn sich dort viele Zuschauer anstecken, dann muss man so handeln. Das stelle ich in Frage. Aber grundsätzlich ist es mir viel zu einfach, mit dem Finger auf die Politik zu zeigen. Wenn man dort den Fußball ins Spiel bringt, dann muss man sich auch nach den Regeln des Fußballs bemessen lassen.

Wenn ich zwei Jahre lang sehr viele Fehlentscheidungen treffe und Spiele verliere, dann müsste ich eigentlich entlassen werden. Es ist mir zu einfach, populistisch auf den Fußball zu zeigen. Die Impfquote im Fußball liegt bei über 90 Prozent. Da liegen wir weit über dem der normalen Gesellschaft mit knapp 70 Prozent. Die Politiker sollten sich an die eigene Nase fassen.

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SPORT1: Man hat ja schon irgendwie das Gefühl, dass eine Corona-Infektion nicht nur die Krankheit, sondern auch kritische Blicke nach sich zieht. Wo hat sich jemand angesteckt? War man unvorsichtig? Wie haben Sie die Stimmung rund um seine Erkrankung wahrgenommen?

Breitenreiter: Bei mir habe ich das nicht so wahrgenommen. Das war vor allem in der Anfangszeit so. Inzwischen hat sich das schon normalisiert. Wir haben alle gelernt, mit dem Virus umzugehen. Meine persönliche Meinung ist, dass es perspektivisch so kommen wird, weil es immer wieder neue Varianten gibt. Wir müssen Lösungen für ein normales Leben finden.

SPORT1: Sie haben sicher den Impfpass-Ärger mit Markus Anfang mitbekommen. Sie haben mit ihm den Trainerschein gemacht. Sind Sie enttäuscht von ihm?

Breitenreiter: Solange die Ermittlungen nicht abgeschlossen sind, ist es schwierig, etwas dazu zu sagen. Ich maße mir da keine Bewertung an. Es wäre ungerecht zu spekulieren. Ich habe Markus als sehr korrekten und sympathischen Menschen kennengelernt. Und als guten Trainer. Aber das stellt ja auch keiner in Frage.

Das hat Breitenreiter selten erlebt

SPORT1: Kommen wir zum FC Zürich. Sie haben in Ihren ersten 15 Super-League-Spielen mit dem FCZ 31 Punkte geholt und damit den Rekord von Bernard Challandes aus dem Jahr 2007 (26) in der Super-League-Ära des Klubs überboten. Wie erklären Sie sich Ihren Erfolg?

Breitenreiter: Es ist nicht nur mein Erfolg, sondern er verteilt sich auf viele Schultern. Im Sommer wurde im Verein eine genaue Analyse gemacht. In den vergangenen drei Jahren hat der FCZ sportlich nicht überzeugt und immer nur kurz vor Schluss den Klassenerhalt geschafft. Wir haben vor dieser Saison viele Transfers getätigt und sehr intensiv an unserer Spielidee gearbeitet. Die Erfolge kamen dann relativ schnell und wir haben einige Feste gefeiert. Und das mit einer Mannschaft, die fantastisch funktioniert. Ich habe selten eine Truppe mit solch einem Teamspirit erlebt. Da wird es mir als Trainer sehr leicht gemacht.

SPORT1: Warum so bescheiden? Es ist schon auch Ihr Erfolg. Bevor Sie kamen, stagnierte der FC Zürich etwas unter den Trainern Ludovic Magnin und Massimo Rizzo. Was haben Sie mit dem Klub gemacht?

Breitenreiter: Natürlich habe ich durch meine Idee vom Fußball auch einen entscheidenden Anteil am Erfolg. Die Jungs haben richtig Spaß und das sieht man auf dem Platz. Wir pressen hoch, spielen geradlinig nach vorne und wollen viele Tore erzielen. Das haben meine Spieler sehr schnell verinnerlicht. Wir spielen ähnlich wie Atalanta Bergamo oder RB Leipzig unter Ralf Rangnick. Ich freue mich einfach über den Erfolg und muss mich nicht in den Vordergrund stellen.

SPORT1: Sie haben einen guten Draht zum Team, wie Sie bei Instagram oft zeigen. Am Wochenende haben Sie aus der Quarantäne Ihren Spielern zum Sieg gegen Bern gratuliert. Es gab zwei Tage frei und das wurde gefeiert wie die Meisterschaft. Wie irre ist das?

Breitenreiter: Wir haben gegen Young Boys Bern das erste Mal seit 2014 wieder gewonnen. Und wenn man weiß, dass man in jeder Saison viermal gegeneinander spielt, dann waren das echt viele Spiele ohne Sieg. Da darf man schon mal ausflippen. Das war ein besonderer Moment. Und ich saß alleine zu Hause und konnte mich nur alleine freuen. So kam mir die Idee mit unserem Video-Analysten, der das super in die Kabine transportiert hat. Da konnte man sehen, dass Fußballer wie kleine Kinder sind und sich über zwei freie Tage so freuen können. Das öffnete mein Herz.

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Breitenreiter: „Das wurde nicht so deutlich wahrgenommen“

SPORT1: Wie sehr hat Sie das halbe Jahr Schweiz verändert? Sie haben doch nie solch eine Anerkennung empfunden wie jetzt in Zürich.

Breitenreiter: Natürlich freut man sich immer über eine gewisse Form der Anerkennung. Auch bei meinen Stationen in Deutschland habe ich erfolgreich gearbeitet, aber das wurde nicht so deutlich wahrgenommen. Im Umgang mit dem Team habe ich mich nicht verändert, doch ich bin viel entspannter geworden. Ich lasse auch mal Fünfe gerade sein. Beim FCZ funktionieren wir einfach, weil wir alle sehr eng miteinander und als Team zusammengewachsen sind. Wir finden immer einen gemeinsamen Nenner. Wir sprechen beim FC Zürich viel über Fußball. Der Schritt in die Schweiz war die absolut richtige Entscheidung.

SPORT1: Ihnen hing lange die Zeit auf Schalke nach. Wie erleichtert sind Sie, dass Sie es Ihren Kritikern jetzt zeigen können?

Breitenreiter: Ich spüre keine Genugtuung. Unter meiner Regie ging es den Klubs gut. Das ist jetzt wieder so und das macht mich einfach glücklich. Alles, was den Fußball ausmacht, zeigt meine Mannschaft. Die Schweizer Liga ist sehr stark und ich schaue gar nicht mehr zurück.

Breitenreiter: „Ich wünsche dem FC Schalke den Aufstieg“

SPORT1: Dennoch müssen wir ganz kurz über Schalke sprechen. Wie sehen Sie die Königsblauen in der 2. Liga?

Breitenreiter: Wer einmal auf Schalke war, der wird den Verein immer im Herzen tragen. Das ist ein toller Klub mit überragenden Fans. Ich habe mich dort sehr wohl gefühlt. Ich wünsche dem FC Schalke den Aufstieg. Der Verein gehört in die Bundesliga. Sie haben auch den Kader, um direkt wieder aufzusteigen.

SPORT1: Seit Ihrer Entlassung bei Hannover 96 geht es mit dem Klub bergab, jetzt droht sogar die 3. Liga. Blutet Ihnen als früherer Spieler (Pokalsieger 1992) und Profitrainer das Herz, was bei Ihrem Ex-Verein passiert?

Breitenreiter: Natürlich. Es ist schwierig, wenn ich mich als Fan jetzt äußern soll, aber ich werde immer Fan von 96 sein. Dieses Trikot habe ich als kleiner Junge zum Schlafen angezogen. Ich finde es schade, dass die Entwicklung sehr rückläufig ist. Aber auch 96 hat einen Kader mit viel Qualität. Ich bin mir sicher, wenn sie gute Entscheidungen treffen, dass sie wieder in oberen Tabellenregionen auftauchen. Die 2. Liga ist eng und vielleicht kann man ja doch noch ein Wörtchen um den Aufstieg mitreden. Aber sie brauchen einen Lauf.

SPORT1: Ist Ihr Ziel auf lange Sicht wieder die Bundesliga?

Breitenreiter: Ich habe gelernt, nicht allzu weit in die Zukunft zu schauen. Aber man weiß nie, was passiert. Die Bundesliga wird immer reizvoll für mich sein. Ich habe immer gesagt, dass ich die Champions-League-Hymne hören möchte. Und am liebsten mit dem FC Zürich. Wir dürfen aber nicht vergessen, wo wir herkommen, wollen aber die Euphorie nicht bremsen.