Quizfrage: Welcher Fußballprofi ist der derzeit erfolgreichste der Top-10-Ligen Europas, wenn man Tore und Torvorlagen zusammenzählt?
Das Märchen von Deniz Undav
Kleiner Tipp: Es ist ein deutscher Stürmer, der aber nicht in seinem Heimatland auf Torejagd geht. Dabei ist es weder Karim Adeyemi in Salzburg, noch Kevin Volland mit Monaco.
Die korrekte Antwort hat wohl nur ein absoluter Fußballnarr parat: Es ist Deniz Undav.
Deniz wer? Der 25-Jährige mit türkischen Wurzeln schreibt gerade an einem echten Märchen und ist zusammen mit seinem Team Royale Union Saint-Gilloise in Belgien DIE Attraktion der Jupiler League.
Leistner: „Das ist überraschend für alle“
Als Aufsteiger thront der Klub sensationell an der Spitze der ersten Liga und lässt selbst die renommierten Klubs Royal Antwerpen und FC Brügge derzeit hinter sich.
„Das ist überraschend für alle. Aber so wie sie gerade spielen, ist das auf jeden Fall verdient“, sagt Toni Leistner bei SPORT1. Der frühere HSV-Verteidiger ist seit gut zwei Monaten Belgien-Experte - denn er steht selbst bei VV St. Truiden unter Vertrag.
„Saint-Gilloise kooperiert mit Brighton & Hove Albion aus der Premier League. Das heißt, der Geldbeutel ist nicht zu eng geschnürt“, verrät Leistner. „Aber es ist trotzdem eine riesige Überraschung, gerade wenn man sieht, wo die Traditionsvereine Standard Lüttich oder RSC Anderlecht (Platz 13 bzw 8, Anm. d. Red.) stehen.“
Der Abwehrspieler ist jedenfalls beeindruckt von seinem deutschen Kollegen, auf den er in knapp vier Wochen treffen wird: „Wir spielen am 3. Dezember gegen sie. Ich hoffe, sie kommen dann als Tabellenführer.“
Das ist nach derzeitigem Stand alles andere als unwahrscheinlich. Zehn Siege, zuletzt fünf in Folge, haben den Außenseiter auf Platz 1 gehievt. Mit 33 Toren hat Royale Union Saint-Gilloise die mit Abstand meisten Treffer erzielt – und da kommt Undav mit seinen zehn Treffern und acht Torvorlagen ins Spiel.
Undavs Treffer von der Mittelllinie
Der deutsche Angreifer stand bis zum Juni 2020 noch bei Drittligist SV Meppen unter Vertrag und deutete in seiner letzten Saison für die Emsländer schon sein Potenzial an. Dort gelang ihm auch ein spektakulärer Treffer von der Mittellinie.
17 Tore und 13 Assists standen bei Undav damals auf dem Zettel – und dennoch wählte er den Umweg über die zweite belgische Liga, wo er ebenfalls 17 Treffer erzielte (bei fünf Torvorlagen).
„Wie man hört, hat er schon in der Bremer Jugend getroffen. Manchmal muss man halt einen Umweg gehen, um dann ganz oben anzugreifen“, sagt Leistner mit Blick auf seinen Kollegen.
Dass er in Deutschland trotz des momentanen Erfolges ein unbeschriebenes Blatt ist, scheint so etwas wie Undavs Schicksal zu sein. „Ich hatte schon immer Tore geschossen, aber auch das Gefühl, dass mich niemand bemerkt und mich kein Verein will“, erzählte er unlängst dem belgischen Sport/Voetbalmagazine.
Traum von der Nationalmannschaft
Bei Werder Bremen wurde er in seiner Jugend aussortiert, weil er zu klein war. Da war der gebürtige Achimer (bei Bremen) gerade 16 Jahre alt und eine Profikarriere schien beendet, noch bevor sie begonnen hatte.
„Der Trainer wollte große Jungs in der Sturmreihe. Obwohl ich das Gefühl hatte, dass ich das Niveau bewältigen konnte, hielten sie mich für zu klein und ich musste gehen.“
Über den SC Weyhe, TSV Havelse, Eintracht Braunschweig II und den SV Meppen scheint Undav nun sein Sprungbrett gefunden zu haben. Eines, das ihn sogar in ganz große Höhen hievt?
Mittlerweile träumt Deniz Undav sogar von der Nationalmannschaft. Wenn man sich die aktuellen Statistiken anschaut, mag man ihm nicht einmal widersprechen.