Gemeinsam für die gute Sache.
Ein Turnier, das eine Stadt vereint
Am Freitagabend werden der 1. FC Köln, Viktoria Köln und Fortuna Köln im Sportpark Höhenberg ein Stadt-Turnier veranstalten, das künftig sogar jährlich ausgetragen werden soll. Die Einkünfte werden einem guten Zweck zugutekommen. Ausgetragen wird der PSD-Bank-Cup von der Viktoria. Die Idee für das Benefiz-Turnier (ab 16.55 Uhr LIVE im TV auf SPORT1) hatte Andreas Rettig, Viktorias Geschäftsführer.
„Eine tolle Idee. Sportlich wird so aus einem möglichen Freundschaftsspiel in der Länderspielpause ein Wettkampf mit kölschem Flair. Dass dieser Wettkampf dann auch eine soziale Verantwortung übernimmt und die Einnahmen die obdachlosen Menschen dieser Stadt unterstützen, macht die Sache mehr als rund“, sagte Viktorias Trainer Olaf Janßen zu SPORT1.
Überzeugungsarbeit für dieses Mini-Turnier sei gar nicht notwendig gewesen, meinte Alexander Wehrle, der Geschäftsführer des 1. FC Köln, bei SPORT1. „Es ist ein starkes Signal dreier Klubs in Köln, ein sichtbares und wichtiges Zeichen zu setzen, um den schwächeren Mitbürgerinnen und Mitbürgern zu helfen.“
Für solch einen Zweck müsse man „die Rivalität auch mal für den Moment vergessen“, sagte Fortunas Boss Hans-Jörg Westendorf SPORT1. Sein Klub spielt derzeit in der Regionalliga West.
Großer Teil des öffentlichen Lebens
Was macht die Fußballstadt Köln aus? „Fußball nimmt in Köln einen derart großen Teil des öffentlichen Lebens ein wie in kaum einer anderen Stadt. Und das zieht sich durch alle gesellschaftlichen Bereiche - kaum eine Begegnung oder Gesprächsrunde kommt ohne die Frage nach dem sportlichen Abschneiden eines der Kölner Teams aus“, erzählt Wehrle.
„Dass dabei der 1. FC Köln als Bundesligist im Fokus des Interesses steht, nehmen wir gerne mit, aber auch bei der Viktoria und der Fortuna wird sehr gute Arbeit geleistet. Wir alle kümmern uns nachhaltig um den Nachwuchs und damit auch den Breitensport. Ohne diese Basis kann der Fußball nicht die Rolle spielen, wie es in Köln der Fall ist.“
Janßen, der seine Profikarriere 1985 beim FC begann und bis 1996 für die Geißböcke spielte, ist zwar gebürtiger Krefelder, hat aber Köln fest verankert in seinem Herz. 2018 war er für rund sechs Monate Cheftrainer bei der Viktoria und seit dem 1. Februar dieses Jahres ist er wieder in gleicher Funktion dort tätig.
„Die Menschen leben und lieben den Sport. Deutschlandweit schaut man neidisch auf die Begeisterungsfähigkeit der Menschen in Köln. Egal ob Fußball, Eishockey, Football oder Basketball - immer geht die Post ab“, weiß Janßen, der an diesem Freitag 55 Jahre alt wird. „Ein Sieg wird unglaublich gefeiert, bei Niederlagen wird zusammen geweint. Zudem hat die Deutsche Sporthochschule ihren Sitz in Köln.“ Der Sport werde gelebt.
Zusammen vereint
Westendorf ist durchaus stolz. „Sicherlich sind wir die erste Stadt, deren drei Profivereine sich zu einem Wohltätigkeitszweck zusammen schließen.“ Drei Logos verschiedener Kölner Klubs auf einem T-Shirt und einem Schal - darüber das Wort „Vereint“. Gefällt das den Fans?
“Warum nicht?“, fragte Janßen. „Es sollte eine gesunde Rivalität geben, aber die Vereine und ihre Fans leben zusammen in dieser wunderschönen Stadt, das sollte uns immer miteinander verbinden.“
Wehrle sieht es ähnlich. „Es handelt sich hierbei um einen sportlichen Wettkampf. Wir wollen Fußball auf hohem Niveau zeigen, aber der gute Zweck steht ebenso im Vordergrund. Deswegen bin ich sicher, dass selbst die hart gesottenen Fans Gefallen an der Aktion finden werden.“ Westendorf vermutet, dass der gute Zweck die Fans für einen Abend eint.
Janßen: „Wir mussten extrem leiden“
Für die Viktoria, die nach dem souveränen Klassenerhalt in der vergangenen Saison umso schwerer in diese Spielzeit rein kam, ist die Veranstaltung ein willkommener Anlass, in der Länderspiel-Pause Defizite aufzuarbeiten.
„Wir mussten in den letzten Monaten extrem leiden, mit diesen Spielen gegen die Fortuna und gegen den FC haben wir die Möglichkeit, wieder einigen Spielern Wettkampfpraxis zu geben. Das ist top“, freut sich Janßen.
Wehrle sagte im Vorfeld des Turniers, dass Corona wie ein Brennglas für die Gesellschaft gewesen sei. „In der Corona-Zeit wurden viele Missstände noch deutlicher erkennbar als vor der Pandemie. Obwohl einige Probleme bereits existierten, wurde eben im Lockdown vieles noch klarer, da sich die gesamte Wahrnehmung aufgrund der außergewöhnlichen Situation verändert hat“, meint er nun.
Und weiter: „Der FC hat sich beispielsweise bei der Kölner Tafel engagiert. Wir werden die nächsten Jahre und Jahrzehnte noch verschiedene Institutionen unterstützen. Dabei ist wichtig, dass die Menschen im Mittelpunkt stehen, die Hilfe benötigen.“
Zunahme der Obdachlosen
Corona sei in vielerlei Hinsicht ein prägendes Ereignis gewesen, findet Westendorf. „Ich nehme schon seit Jahren eine Zunahme der Obdachlosen auf Kölns Straßen wahr. Das hat sicherlich viele Gründe, die nur gesellschaftspolitisch zu beheben sind. Wir können aber zumindest helfen, das Leben für Menschen etwas lebenswürdiger zu machen.“
Der gute Zweck dieser Sache sei „definitiv“ wichtiger als der Siegerpokal, betonte Janßen: „Alle Vereine und auch ihre Fans werden sich diesen Termin in den nächsten Jahren in Ihrem Terminkalender freihalten. Und das eine soziale Verantwortung über dem Siegerpokal steht, ist der Sinn dieses Turnieres.“ Westendorf bringt es abschließend auf den Punkt.
„Ich versuche es mal an einem Beispiel zu verdeutlichen: Wenn ein Verletzter auf der Straße liegt und es braucht zwei Personen, um ihn aufzuhelfen, dann lass ich ihn doch auch nicht liegen, weil der zweite, der gerade vorbeikommt, FC- oder Viktoria-Fan ist. Wir werden aber weiterhin sportliche Rivalen bleiben, mit Fans, die nur ihren Verein unterstützen.“