Die Szenen könnten fast fußball-romantisch wirken, würde man gewisse Fakten beiseite wischen: Da strömen Fans von Newcastle United zum St-James-Park und bejubeln frenetisch, dass die Zukunft des Klubs in ihrem Sinne entschieden wurde. (NEWS: Saudis kaufen Premier-League-Klub)
Der Saudi-Coup ist ein mahnendes Beispiel
Kader-Urgestein Jonjo Shelvey wäre am liebsten selbst dazugestoßen, um inmitten der „unglaublichen“ Szenerie „ein Bier“ zu trinken.
Ganz ehrlich: Mich schaudert es angesichts dieser Euphorie. Ja seid ihr denn noch ganz bei Trost? (VIDEO: So irre feiern die Newcastle-Fans ihren Scheich)
Ausgelassen mitfeiernde Frauen, ein Bierchen vor dem Stadion – das könntet ihr in Saudi-Arabien vergessen!
Newcastle United: Gipfel der Geldherrschaft
Nun möchte ich keinem Fan der Magpies absprechen, sich über den Abschied des zuvor maximal unbeliebten Besitzers Mike Ashley freuen zu dürfen. Sportliche Talfahrt und fragwürdige Entscheidungen wie der Verkauf der Namensrechte der Spielstätte haben dies befeuert.
Und niemand muss so tun, als stünde der Fußball nicht schon länger zum Verkauf. Beispiele aus der Premier League gefällig? Manchester City gehört Mansour bin Zayed Al Nahyan, Scheich aus Abu Dhabi, der FC Chelsea dem milliardenschweren Roman Abramowitsch, und der FC Southampton oder auch West Bromwich Albion chinesischen Geschäftsleuten.
Die Geldherrschaft ist bereits da. Aber muss man ihren Gipfel auch noch feiern?
Viel dringlicher frage ich aber: Ist der Traum von einem Team voller Stars wie Kylian Mbappé oder Lionel Messi so viel stärker als der moralische Kompass? (REPORT: Wächst nun eine Fußball-Großmacht heran?)
Kümmert es die Menschen vor der Arena in Newcastle denn nicht, dass ihr Klub als Marketinginstrument in die Hände eines autokratischen Regimes, das regelmäßig öffentliche Enthauptungen durchführen und Journalisten umbringen lässt, gegeben wird?
Saudi-Arabien gelingt ein PR-Coup
Denn bitte, machen wir uns nichts vor: Newcastle United gehört jetzt de facto dem saudischen Königshaus. Gekauft haben mag den Verein vordergründig ein Konsortium. An diesem hält aber der saudische Public Investment Fund 80 Prozent, welchem wiederum der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman vorsteht. (REPORT: Der Newcastle-Prinz mit Blut an den Händen)
Die Premier League winkte den Deal durch, da sie Zusicherungen habe, dass der Staat Saudi-Arabien keinen Einfluss nehme. Wie blauäugig oder wahlweise scheinheilig kann man sein?
Der United-Kauf ist ein PR-Coup für das Erdöl-Königreich, das nun via Sportwashing in der weltweit meistbeachteten Fußball-Liga Image-Arbeit betreiben kann.
Image-Arbeit für ein Regime, das in einschlägigen Indizes weltweit auf den hinteren Plätzen rangiert in Sachen Menschen-, Frauen- und Minderheitenrechte sowie Meinungs- und Pressefreiheit.
Beim bangen Blick nach England kann man nur froh sein, dass derartige Übernahmen in Deutschland nicht möglich sind. Noch nicht.