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Fußballtrainer-Podcast "Leadertalk" von Mounir Zitouni mit Silvia Neid

Neid: "War eine schwere Zeit"

Silvia Neid hat die Frauen-Nationalmannschaft zu vielen Erfolgen gecoacht. Im "Leadertalk“ spricht Neid mit Mounir Zitouni auch über Frauen im Männerfußball.
Silvia Neid führte die Nationalmannschaft zu vielen Titeln
Silvia Neid führte die Nationalmannschaft zu vielen Titeln
© Imago
Silvia Neid hat die Frauen-Nationalmannschaft zu vielen Erfolgen gecoacht. Im "Leadertalk“ spricht Neid mit Mounir Zitouni auch über Frauen im Männerfußball.

Silvia Neid führte die Frauen-Nationalmannschaft 2009 und 2013 zum EM-Titel, sie gewann 2007 die Weltmeisterschaft und holte mit der DFB-Auswahl 2016 Olympisches Gold in Brasilien.

Nach dem Ausscheiden bei der Heim-WM 2011 lernte sie aber auch die Schattenseiten ihres Berufs kennen. Was sie aus dieser Zeit für ihre Tätigkeit und für ihre persönliche Weiterentwicklung mitnahm, welche Führungsprinzipien bei ihr im Vordergrund standen, was es braucht, damit Frauen im Männerfußball arbeiten und ob eine Rückkehr auf die Trainerinnenbank denkbar ist, darüber redet sie im SPORT1-Podcast "Leadertalk" mit Business-Coach und Autor Mounir Zitouni.

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Neid: "Wir haben viele Frauen, die Männermannschaften trainieren könnten"

Silvia Neid wundert sich: "Männer trainieren Frauen, aber Frauen traut man es nicht zu, Männermannschaften zu trainieren. Das ist ja das Kuriose, was man als Frau nicht versteht. Eigentlich geht es um die Kompetenz. Wir haben sehr viele Frauen in Deutschland, die diese Kompetenz haben, die hervorragend Männermannschaften trainieren könnten, auch die 1. Bundesliga. Aber da sind wir noch weit entfernt, weil man sich als Verein nicht traut, den ersten Schritt zu machen."

Für sie ist klar: "Als Frauen sollten wir Angebote aus dem Männerfußball wahrnehmen. Ich würde mir wünschen, dass die Verantwortlichen dahin kommen, dass es vielleicht auch mal guttut, eine Frau im Staff zu haben."

Sie selbst schließt eine Rückkehr als Trainerin nicht aus. "Es gibt immer noch zahlreiche Anfragen, was mich freut. Es könnte sein, dass ich auf die Trainerbank zurückkehre", sagt Neid, die aktuell für den DFB als Analystin arbeitet.

Rücktritts-Forderung: "Das war eine schwere Zeit"

Ihre schwierigste Zeit erlebte sie nach dem Ausscheiden bei der Heim-WM 2011. Die Öffentlichkeit erwartete ihren Rücktritt. "Das war eine schwere Zeit. Es war hart. DFB-Präsident Theo Zwanziger verbot mir damals aufzuhören. Das half mir." Heute blickt sie zurück und sagt: "Es tat mir 2011 auch gut, von einer ganz hohen Leiter hinunterzufallen. Ich musste lernen, dass ich es nicht jedem recht machen kann."

Sie führt aus: "Natürlich hat mich die Kritik getroffen. Aber ich habe im Laufe der Jahre gelernt, dass es nicht so wichtig ist, was geschrieben wird, sondern es wichtig ist, dass wir im Team gut miteinander klarkommen. Dass wir Regeln haben, die jeder befolgen muss. Am Anfang hat es geschmerzt, aber mit der Zeit wurde ich da viel gelassener. Das hat mir gutgetan und der Mannschaft auch. Das hat wieder was mit Entwicklung der Persönlichkeit zu tun."

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Erfahrung hilft also. "Eine Voraussetzung für gutes Führen ist natürlich die Entwicklung der eigenen Persönlichkeit und da brauchte ich einfach meine Zeit. Die haben mir die Spielerinnen damals zum Glück auch gegeben. Das ist ein Prozess, den man erlernt."

Neid schaute sich viel von Klopp ab

Neid, die sich viel von Jürgen Klopp abschaute, galt in der Öffentlichkeit als eine Trainerin, die sehr viel Wert auf Disziplin legte. "Du kannst ein Turnier nur gewinnen, wenn jede weiß, was die Aufgabe ist. Ich war nicht immer nur hart. Disziplin heißt für mich respektvoller Umgang", erklärt sie.

Disziplin war für Neid immer nur ein Teilaspekt ihrer Arbeit. "Die Kunst für eine Führungsperson ist es, Vertrauen mit der Spielerin aufzubauen. Es ist sehr wichtig, dass man seine Spielerin kennt, auf sie eingeht."

Stichwort Emotionalität.

"Emotionale Führung bedeutet, dass man auch mal emotional und leidenschaftlich sein darf und muss. Empathie ist das A und O. Dass man spürt und fühlt, wie es der Spielerin geht", betont Neid, die im Podcast auch verrät, was besonders wichtig war, um Gold bei Olympia zu gewinnen: "Die wichtigste Maßnahme vor dem Goldfinale in Rio: dass wir freigemacht haben."

Mounir Zitouni (50) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seit dem 1. Januar 2019 als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Auftreten, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.