Seit 2016 ist der 67 Jahre alte Gernot Rohr Trainer der nigerianischen Nationalmannschaft.
Rohr: Nigeria ein heißes Pflaster
Schon zuvor trainierte er die Nationalteams aus dem Niger, aus Gabun und Burkina Faso. Was er auf seinen Stationen erlebt hat, worauf es in Afrika ankommt, aber auch, was er als Trainer in Bordeaux von Spielern wie Bixente Lizarazu oder Zinédine Zidane gelernt hat, erzählt er im SPORT1-Podcast "Leadertalk" von Businesscoach und Ex-Journalist Mounir Zitouni.
Umgang in Afrika anders als in Europa
200 Millionen Menschen, über 100 Sprachen: "Es gibt so viele verschiedene Fußballer und Menschen in Nigeria und die müssen alle eine Mannschaft bilden, die in dieselbe Richtung marschiert. Das ist eine hochinteressante Aufgabe. Das macht mir immer noch Spaß", sagt Gernot Rohr im Podcast "Leadertalk".
Sein Geheimnis: "Man muss bereit sein, sich überall zu inspirieren, sich anpassen zu können, keine Angst haben vor neuen Dingen. Es braucht Toleranz aber auch harte Arbeit."
Der Umgang mit den Spielern sei in Afrika völlig anders als in Europa. "Harte Disziplin würde nicht funktionieren." Rohr erzählt: "Als ich im Niger war haben die Jungs beim Afrika-Cup bei 40 Grad nichts getrunken und gegessen. Es war Ramadan. Diese Dinge waren Neuland. Da musste ich mich anpassen. Man konnte es ihnen nicht verbieten, aber sie mussten dann morgens gut frühstücken und trinken und die Trainingseinheiten mussten dann schon am Vormittag stattfinden. Es hat dann gut geklappt. Man darf nur nicht herkommen und es ihnen verbieten."
Auch die Kritikkultur unterscheide sich völlig von der in Deutschland: "In Afrika darf ein Spieler nie persönlich, individuell vor der Gruppe kritisiert werden. Du musst den Spieler auf die Seite nehmen, musst ihm erklären, was nicht so gut war und ihm sagen, was er besser machen könnte. Aber du musst in der Wortwahl sehr vorsichtig sein. Sie sind sehr sensibel."
Rohr: Von Zidane habe ich viel gelernt
Durch dieses Verhalten hat sich Rohr großen Respekt erarbeitet, der aber auch mit seiner Position des Trainers zusammenhängt.
"In Nigeria haben die Spieler sehr, sehr viel Respekt vor der Persönlichkeit des Trainers. Sie sind sehr gehorsam. Die älteren Menschen genießen hier sehr viel Respekt. Sie werden nicht einfach in Heime abgeschoben, sondern sie bleiben in der Familie und werden immer angehört. Das ist wunderbar."
"Je älter die Menschen werden desto mehr Respekt bekommen sie. Schön zu sehen, wie auch die Spieler das umsetzen, auch die großen Stars wie Obi Mikel, Victor Moses oder Vincent Inyema", erzählt Rohr, der seine Traineranfänge in Frankreich bei Girondins Bordeaux hatte, wo er mit Zinédine Zidane, Bixente Lizarazu und Christophe Dugarry bis ins UEFA-Cup-Endspiel 1996 vordrang, wo sie dem FC Bayern unterlagen, für die Rohr in den 70er-Jahren selbst gespielt hatte.
"Von Spielern wie Zidane habe ich als Trainer viel gelernt", sagt Rohr heute, der mit dem Real-Trainer immer noch den Kontakt pflegt.
Mit Nigeria hat Rohr aktuell beste Chancen, sich für den Afrika-Cup 2022 in Kamerun zu qualifizieren. Weiteres großes Ziel: Die Teilnahme an der WM in Katar. "Es ist schön, wenn man als Trainer solche Ziele hat", sagt Rohr.
Mounir Zitouni (50) war von 2005 bis 2018 Redakteur beim kicker und arbeitet seit dem 1. Januar 2019 als Businesscoach, betreut Sportler, Trainer und Führungskräfte in punkto Auftreten, Kommunikation und Persönlichkeitsentwicklung. Der ehemalige Profifußballer (OFC, SV Wehen, FSV Frankfurt, Esperance Tunis) hat zuletzt die Autobiographie von Dieter Müller verfasst und veröffentlicht regelmäßig eine Kolumne auf www.sport1.de.